EU kippt das Verbrenner-Aus: Was du jetzt wissen solltest
Jetzt also doch: Die EU macht einen Rückzieher und kippt das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren. Das kündigte die EU-Kommission am Dienstag an. In der Praxis bedeutet das, dass auch nach 2035 Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotoren in Europa zugelassen werden dürfen. Nach der alten Gesetzgebung wäre dies faktisch verboten gewesen.
Für die Schweiz hat diese Kehrtwende direkte Auswirkungen – obwohl weder das ursprüngliche EU-Verbrenner-Aus noch die jetzt beschlossene Abkehr hierzulande rechtliche Anwendung findet. Der Grund ist einfach und zeigt exemplarisch, wie EU-Regeln auch in die Schweiz ausstrahlen, auch wenn sie hier gar nicht übernommen werden.
Niemand produziert Verbrenner extra für die Schweiz
Der Schweizer Automobilmarkt ist schlicht zu klein, als dass sich eine Sonderlösung für die grossen Autobauer lohnen würde. Diese richten sich bei den Schadstoffemissionen nach den Vorgaben der EU, auch wenn die Schweiz eigene Zulassungsbestimmungen beschliessen würde.
Das bestätigt auch Dino Graf von der Amag, dem grössten Schweizer Autoimporteur: «Niemand wird für die Schweiz Verbrenner produzieren, wenn der Rest Europas auf Elektro umstellt.» Die Schweiz sei bei den Autos längst ein integraler Teil Europas.
Die Amag begrüsst aber die Abkehr vom Verbrenner-Aus in Brüssel. Man habe sich schon immer für Technologieoffenheit ausgesprochen. Diese gebe mehr Flexibilität für alle Beteiligten.
Das E-Auto setzt sich trotzdem durch
Gleichzeitig betont Graf, dass es sich hierbei nicht um eine wirkliche Kehrtwende, sondern eher um eine Anpassung der Europäer auf dem längst eingeschlagenen Weg zur Elektromobilität handle: «Das langfristige Ziel bleibt gleich: 100 Prozent Reduktion der Treibhausgase – da führt kein Weg am Elektroantrieb vorbei.» Auch die Schweiz verfolgt mit ihren Klimagesetzen denselben Ansatz.
Tatsächlich lohnt es sich, die Details des Verbrenner-Aus genauer anzuschauen. Die EU macht keine Tabula Rasa und erlaubt dem Verbrenner nicht ein uneingeschränktes Comeback. Vielmehr wird das Reduktionsziel für den CO₂-Ausstoss noch immer drastisch gesenkt. Das Ziel bezieht sich auf den CO-Ausstoss, den Autobauer ab 2035 über ihre gesamte Flotte hinweg erreichen dürfen. Von ursprünglich 100 Prozent CO₂-Reduktion – was faktisch einem Verbot des Verbrenners gleichgekommen wäre – sinkt das Ziel nun auf 90 Prozent.
Vor allem gut für Plugin-Hybride und Reichweiten-Hilfen
Das heisst: Alle Neuwagen eines Herstellers zusammengenommen dürfen noch 10 Prozent des CO₂ ausstossen, das derselbe Hersteller im Jahr 2021 emittierte. Diese zehn Prozent müssen aber an anderer Stelle kompensiert werden, beispielsweise, müssen Autos mit klimafreundlichem Stahl gebaut werden oder der Ausgleich mit klimaneutralen Kraftstoffen wie synthetischem Benzin oder Biotreibstoff erreicht werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass ab 2035 nicht automatisch jeder zehnte Neuwagen ein reiner Verbrenner sein wird. Nochmal: Es geht um die CO₂-Reduktion über die gesamte Flotte hinweg.
Setzen Hersteller beispielsweise auf Hybridfahrzeuge, die sowohl Elektro- als auch Verbrennungsmotoren besitzen und deutlich weniger CO₂ ausstossen als reine Verbrenner, können sie auch mehr als zehn Prozent solcher Fahrzeuge auf den Markt bringen. Diese Plug-in-Hybride oder Elektroautos mit Reichweiten-Hilfen (sogenannte «Range Extenders») können eine gute Zwischenlösung zu reinen E-Autos sein.
Wie die Hersteller ihren Mix gestalten, entscheiden sie selbst. Der Sportwagenhersteller Porsche dürfte sich jedenfalls freuen, dass er den 911er auch künftig in der Benzin-Version verkaufen kann.
Andere Hersteller haben ihre Produktion bereits weitgehend auf Elektroautos ausgerichtet. Im Autoland Deutschland haben die Verkäufe nach einem Einbruch im vergangenen Jahr auch wieder deutlich angezogen. Verschiedene deutsche Autobauer haben 2025 neue E-Modelle auf den Markt gebracht. Auch in der Schweiz läuft das Elektro-Geschäft wieder besser, wie Dino Graf von der Amag bestätigt. Einen weiteren Schub erwartet er 2026, wenn weitere E-Autos für unter 25'000 Franken ins Angebot kommen.
Wo sich E-Autos durchgesetzt haben – und wo noch nicht
Wo E-Autos in Europa 2025 am schnellsten zulegen
(bzbasel.ch)
