Alexander Eichwald ging mit seinem AfD-Auftritt viral – nun bricht er sein Schweigen
Über zwei Wochen ist es mittlerweile her, dass Alexander Eichwald mit einer Rede bei der Gründung der neuen Jugendorganisation der AfD viral ging. Der 30-Jährige fiel mit Hitler-ähnlichen Aussagen, kantiger Gestik und einem rollenden R auf – was auf dem ganzen politischen Spektrum für Irritation sorgte.
So war die Rede nicht nur politischen Gegnern der AfD, sondern auch der AfD selbst nicht ganz geheuer. Deren Kreisverband leitete daher kurz darauf ein Parteiausschlussverfahren gegen Eichwald ein. Schon bei der Veranstaltung der Jugendorganisation in Giessen hatte ein Fragesteller gemutmasst, Eichwald könne ein «V-Mann» sein – ein Spitzel, eingeschleust von der deutschen Regierung.
Deutschland rätselte in den folgenden Tagen und Wochen: Meinte Alexander Eichwald seine Rede wirklich ernst oder handelte es sich dabei um Satire? Die Suche nach einer Antwort gestaltete sich dabei schwierig. So tauchte Eichwald nach seiner Rede wieder aus der Öffentlichkeit ab – bis am Montag, als er gegenüber dem österreichischen Standard sein Schweigen brach. Wobei die Frage, wie ernst er seine virale Rede von Ende November tatsächlich meinte, weiterhin offen blieb.
Eichwald erklärte gegenüber dem Standard, diverse Punkte ernst gemeint zu haben. So betonte er etwa einmal mehr, das R derart stark zu rollen, weil er Russland-Deutscher sei und das so gelernt habe. Gleichzeitig schreibt der Standard aber, Eichwald habe im Gespräch das R zum Teil anders ausgesprochen.
Das war Alexander Eichwalds Rede:
Auch inhaltlich bleibt Eichwalds Ideologie weitgehend schwammig. Bei gewissen Passagen deutet Eichwald an, tatsächlich auf AfD-Linie zu sein. Er sei über Freunde und Bekannte in die Partei «reingerutscht», sagt er. Bei dieser habe er «eine Chance gesehen». So erklärt er etwa:
Auch etwa hinter dem Satz, dass Politiker Deutschlands «nie wieder für andere Völker arbeiten anstelle des eigenen» stehe er, so Eichwald. Und beim Thema Migration ist er mit der AfD ebenfalls grundsätzlich einverstanden. So sei sie die Partei, welche die Themen Grenzschutz und innenpolitische Sicherheit am gewissenhaftesten behandle.
Gleichzeitig teilt der 30-Jährige im Gespräch mit dem Standard gegen die AfD aus. So wirft er der Partei etwa vor, dass der Ausschluss inkonsequent sei. «Ich habe mich inhaltlich nicht von meinem Vor- oder Nachredner unterschieden», kritisiert er. Als weiteres Beispiel für die Doppelstandards bei der AfD nennt Eichwald den Umgang mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, der wegen der Verwendung des Ausdrucks «Alles für Deutschland» verurteilt wurde. «Wo bin ich denn schlimmer, dass ich aus der Partei ausgeschlossen werden müsste?», kritisiert er.
Auch weitere Programmpunkte der AfD kritisiert Eichwald. So störe er sich etwa daran, dass die AfD Steuern für Reiche senken wolle. Oder auch die Aussage von Alice Weidel, Stalin und Hitler seien Brüder im Geiste gewesen. «Das ist für mich als Russlanddeutschen eine ekelhafte und eklatante Relativierung des Vernichtungskrieges gegen die Slawen», so Eichwald. Geschichte dürfe nicht vergessen oder fälschlich revidiert werden, was Weidel damit aber gemacht habe. Für ihn ist deshalb klar:
Weiter wirft er der AfD fehlendes demokratisches Verständnis vor. So habe er eigentlich für das Amt des Vorsitzenden der neuen Jugendorganisation kandidieren wollen, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei sei er aber bedrängt worden und aufgefordert, das nicht zu tun. Er hoffe auch, dass die AfD bei den nächsten Wahlen nicht die Nummer Eins wird oder gar die absolute Mehrheit bekommt. Eher hoffe er, dass die CDU «ins rechtskonservative Milieu zurückkomme». «Wir können uns nicht hinstellen und sagen, die AfD ist unsere letzte Hoffnung», sagt Eichwald.
Zudem bestätigt Eichwald gegenüber dem Standard auch, seine Rede nicht ganz so ernst gemeint zu haben. Er habe mit seinem Inhalt, Stil und Tonfall einen Plan verfolgt: Er wollte Aufmerksamkeit erregen. «Ich wollte Gesellschaftskritik üben», sagt Eichwald. Denn:
Als Satire will es Eichwald gleichwohl nicht bezeichnen. Stattdessen wolle er in Anlehnung an den Psychiater Carl Gustav Jung verstanden werden, der den Begriff der «Persona» pflegte: eine Art Maske, um einen bestimmten Eindruck auf andere zu machen, die aber gleichzeitig das Wesen des Individuums verbirgt. «Ich habe eine Persona angewandt und mich an die Jugend der AfD angepasst», sagt Eichwald. Mit seiner Aktion sei er rückblickend grundsätzlich zufrieden. Auch wenn er bemängelt:
Zu seiner Person erklärte Alexander Eichwald, er habe Politikwissenschaft und Soziologie in Bielefeld studiert. Derzeit lebe er zurückgezogen, das Haus verlasse er nur bei Dunkelheit. Beruflich hat er Ärger: Wegen seiner Aktion wird er seinen Job als Personaldisponent verlieren. Überrascht ist er davon nicht. Doch er ist der Meinung: «Die Message zu versenden, war mir wichtiger.» (dab)
