Die Schweiz liegt bei der Tabakprävention im europäischen Vergleich auf dem zweitletzten Platz. In der jährlich erhobenen Rangliste verlor sie 2019 gleich 14 Plätze. Deutschland belegt den letzten und 36. Platz. An der Spitze liegt das Vereinigte Königreich.
Die Schweiz stürzte in der «Tobacco Control Scale in Europe» bereits wiederholt ab, wie die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz (AT) am Freitag mitteilte. Das sei die Folge eines jahrzehntelangen Stillstands.
2016 belegte die Schweiz noch den 21. und 2013 den 18. Platz. Den Ausschlag für das schlechte Abschneiden 2019 gab die Tabakwerbung, die nirgendwo in Europa derart liberal gehandhabt wird wie in der Schweiz.
Zum fünften Mal belegte das Vereinige Königreich den ersten Platz. Dort sank der Anteil der volljährigen Raucherinnen und Raucher von 2011 bis 2018 um fünf Prozentpunkte auf 15 Prozent. Irland - nach Frankreich auf dem dritten Platz - senkte den Raucheranteil in vier Jahren bis 2019 auf 17 Prozent.
In der Schweiz rauchen dagegen 27 Prozent, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sogar 32 Prozent. Diese Werte sind seit 2007 stabil. Zuvor waren sie zehn Jahre lang gesunken und stiegen dann wieder an.
Für die Arbeitsgemeinschaft ist der hohe Raucheranteil in der Schweiz, der «Heimat der Tabakkonzerne», eine Folge der Politik. Das Parlament lehnte 2016 ein moderates Tabakproduktegesetz ab. Im neuen Entwurf gibt es gemäss AT lediglich «zaghafte Verbesserungen im Kinder- und Jugendschutz».
Hohe Tabaksteuern sind das beste Mittel, den Konsum insbesondere bei jungen Menschen zu dämpfen, wie die Arbeitsgemeinschaft schreibt. Dieses Mittel ist in der Schweiz seit 2013 blockiert. Das Parlament habe dem Bundesrat auf Druck der Tabaklobby die Kompetenz zur Steuererhöhung entzogen.
In der Hälfte der EU-Staaten liegt die Tabaksteuer heute bei 75 Prozent. Nur das hohe Schweizer Preisniveau im Vergleich zur EU vernebelt gemäss den Präventionsfachleuten die Wahrnehmung dieser Tatsache. In Frankreich etwa kostet das Paket Zigaretten ab November zehn Euro.
Bei den E-Zigaretten herrscht in der Schweiz laut AT «der Wilde Westen». Es gibt überhaupt keine nationalen Regelungen, kritisiert die Organisation. Diese sollen es erst mit dem neuen Tabakproduktegesetz kommen, etwa in zwei bis drei Jahren. Bisher erliessen nur die Kantone Basel-Landschaft und Wallis ein Mindestalter für den Erwerb von E-Zigaretten.
Die Standards der EU in der Tabakprävention gingen weit über jene der Schweiz hinaus, bilanziert AT weiter. So ist ab 20. Mai in allen EU-Staaten der Verkauf von aromatisiertem Tabak verboten. 2016 trat ein EU-weites Verbot von Stoffen in Kraft, welche das Inhalieren erleichtern.
Und in acht EU-Ländern werden seit 2017 Zigaretten nur noch in neutralen Packungen verkauft. Gerade diese Massnahme erwies sich laut AT als sehr effektiv. Die Tabaklobby bekämpfe sie darum mit «allen Mitteln».
Die Präventions-Rangliste wird seit 15 Jahren vom Verband der europäischen Krebsligen erstellt. In der Schweiz fordert der Tabakkonsum nach AT-Angaben 9500 Todesopfer im Jahr. Im Strassenverkehr kommen im Vergleich dazu 250 Personen um, und an der jährlichen Grippe sterben 2500 Menschen. (aeg/sda)
Bei Tabaksteuern auf CBD-Hanf (hat ebenfalls nichts mit Tabak zu tun) hat das das Bundesgericht ja kürzlich erkannt.