Die Schweiz stimmt am 26. September 2021 darüber ab, ob die Heiratsdiskriminierung für gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben werden soll. Teil der Gesetzesänderung ist zudem eine Lockerung bei der Samenspende für lesbische Paare.
Zur Abstimmung kommt es, weil Vertreterinnen und Vertreter von SVP, CVP und Rechtsaussen-Parteien das Referendum ergriffen haben. Sie lehnen die «Ehe für alle» aus grundsätzlichen Wertvorstellungen ab und zielen dabei aufs Kindeswohl, das angeblich mit einem «Nein» geschützt werden müsse. Das sieht man auch an ihren Abstimmungsplakaten: Wir sehen Kinder, Babys, die weinen, die traurig sind und sich angeblich fragen: Wo ist Mama? Wo ist Papa?
Zumindest soll uns das mit günstig eingekauften Symbolfotos suggeriert werden.
Schauen wir uns das Kind Nummer 1 an (im Folgenden: «das Baby») genannt. Das Baby auf dem Plakat weint. Angeblich, weil es keine Mama haben soll. Angeblich, weil die Papas «egoistische Homo-Adoptionen» dem «Kindswohl» vorgezogen haben.
Der Ausschnitt verrät aber nicht die ganze Wahrheit. Das Baby weint nämlich neben einem Stück Torte. Einer dreilagigen Schokoladentorte, um ganz präzis zu sein (so heisst es zumindest in der Bildlegende des Fotografen namens «Openminded»). Wieso die Torte das Kind zum Weinen gebracht hat, dürfte auch klar sein: Die Torte sieht wie eine Schwarzwäldertorte aus. Und die hat bekanntlich Kirschwasser drin. Alkoholisches Kirschwasser. Und jedes Elternpaar (ob homo-, hetero- oder was-auch-immer-sexuell) weiss: Alkohol ist nichts für Babys.
Drum ist es egal, ob das Baby weint. Babys weinen immer, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollen.
Spannend ist auch der Hintergrund des Tschuttti-Bubs. Auch er musste für die «Nein»-Kampagne herhalten. Das Visual will uns weismachen, dass der Bub einen Papi zum Spielen will, aber diesen halt nicht hat. Wieso er unbedingt einen Vater zum Spielen brauchen soll, wissen wir nicht. Aber darum geht es im Foto auch gar nicht.
Das Kind ist nämlich ein Model. Und dieses guckt halt traurig rein, weil es traurig reingucken muss. Wenn's dem Fotografen Geld bringt, dann guckt es auch mal mit einer Deutschlandfahne im Gesicht traurig.
Gestellte Emotionen auf Fotos gegen Geld. Wir lieben es!
Rätselhafter ist Kind Nummer 3.
Wir nennen sie «Susi». Über Susi wissen wir nicht viel. Die Stockfoto-Beschreibung sagt uns nur, dass sie ein «trauriges, weinendes, kleines Mädchen» ist, das sich auf einer Spielplatzschaukel ausruht und in die Kamera schaut.
Der Fotograf Juanmonino fotografierte das Mädchen auch in anderen Posen, auf denen es einmal «nachdenklich» und einmal «traurig» (aber nicht weinend) wirkt. Die Fotos wurden am 27. September 2018 hochgeladen – über drei Jahre bevor die «Ehe für alle» zur Urne kommt.
Die «Nein»-Kampagne macht übrigens nicht nur Werbung mit traurigen Posen. Zu sehen gibt es auch ein «Schönes Young Family Portrait mit den Farben im Hintergrund» (Shutterstock, wir müssen über eure Übersetzungsfunktion sprechen).
Die Familie gibt's in vielen anderen Posen, Hintergründen. Mal kam ein Kind dazu, mal fehlte eins. Als «Creation Date» wird aber der 14. Dezember 2015 angegeben. Auch hier: Lange bevor überhaupt klar war, wie das Gesetzespaket zur «Ehe für alle» aussehen wird.
Stockfoto-Datenbanken haben übrigens auch Bilder von gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern. Wir zeigen sie mal:
Auch sie sehen mit Kindern glücklich aus.
(pit)
Während ich in meinem Erbrochenem schlafen musste, oder wir am Briefschlitz nach seiner Hand griffen, und ihn anflehten uns hier herauszuholen.
Bei meiner Patentante, welche mit ihrer Freundin mich immer mal wieder ein Wochenende zu sich nahmen, hatte ich die schönsten Zeiten meiner Kindheit.
Kinder brauchen Liebe und Geborgenheit.