SP, FDP und Grüne haben heute Samstag ihre Delegierten zu nationalen Parteiveranstaltungen zusammengerufen. Neben den Parolen für die Abstimmung vom 18. Mai standen Zukunftspläne der Parteien ebenso auf der Traktandenliste wie die «Nachwehen» der Masseneinwanderungsinitiative.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat ungewohnt scharfe Kritik an den Mitte-Parteien geübt, die im Nationalrat die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative im Sinne der SVP unterstützt haben. Diese Parteien könnten ein stärkeres Rückgrat vertragen, sagte Sommaruga vor den SP-Delegierten in Malleray (BE). «Ich hoffe, dass es sich um einen populistischen Ausrutscher handelte. Alles andere müsste uns mit grösster Sorge erfüllen.»
Sommaruga zeigte sich froh, selber in einer Partei zu sein, die bedingungslos für den Rechtsstaat einstehe «ohne opportunistisch auf irgendwelche Umfragen zu schielen». Das gelte auch für Abstimmungen, die kaum zu gewinnen seien, sagte sie mit Blick auf die Pädophilen-Initiative.
Die SP fasste die Nein-Parole mit 121 zu 1 Stimme. Ausserdem empfiehlt sie die Mindestlohn-Initiative ebenso zur Annahme wie die Vorlage zur Hausarztmedizin. Nein sagt die Partei zum Kauf der Gripen-Kampfjets. Alle drei Parolen wurden ohne Gegenstimme beschlossen.
Ein wichtiges Thema in Malleray war auch das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative. Wohin der europapolitische Weg der SP führt, bleibt aber unklar. Mehrere Redner brachten das Thema EU-Beitritt auf, doch Präsident Christian Levrat will sich alle Optionen offenhalten. Er gestand Versäumnisse der SP ein: «Wir haben verloren, weil wir uns nicht Gehör verschaffen konnten.» Die SP müsse nun das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung zurückzugewinnen.
Die FDP Schweiz lancierte an ihrer Delegiertenversammlung in Schaffhausen die parteiinterne Diskussion über ihre Zukunftsstrategie im Hinblick auf die Wahlen 2015. Die zentralen Begriffe sind «Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt». Die Schweiz sei heute ein Erfolgsmodell, sagte Parteipräsident Philipp Müller. Die Frage sei: «Gelingt es, dieses Erfolgsmodell in die Zukunft zu führen?». Von aussen, vor allem aber auch von innen werde es nämlich attackiert. Müller erwähnte dabei namentlich die Mindestlohn-Initiative.
Erwartungsgemäss beschloss die Versammlung die Nein-Parole zur Mindestlohn-Initiative und ein Ja zum Kauf des Kampfflugzeugs Gripen. Die Entscheidungen fielen überaus klar mit 279 zu einer Stimme (Mindestlohn) beziehungsweise 244 zu 10 Stimmen (Gripen). Die Ja-Parole zum Gegenvorschlag des Parlaments zur Hausarzt-Initiative hatte die Präsidentenkommission schon zuvor gefasst.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann erläuterte die Argumente gegen die Mindestlohn-Initiative. Mit der flächendeckenden Einführung eines «starren, staatlich verordneten Mindestlohns» würden nicht nur die Mindestlöhne erhöht, sondern das gesamte Kostengefüge. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen senken. Namentlich den KMU würde so die Luft zum Atmen abgeschnürt, gab Schneider-Ammann zu bedenken.
Sollte sich das Parlament in Bern für den Bau einer zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels entscheiden, wird die Grüne Partei Schweiz das Referendum ergreifen. Dies beschlossen die Delegierten am Samstag im glarnerischen Ziegelbrücke. Die Entscheidung fiel diskussionslos und einstimmig. Eine zweite Röhre sabotiere den mit der Annahme der Alpenschutzinitiative ausgedrückten Volkswillen, die Strassenkapazitäten am Gotthard nicht weiter auszubauen, hiess es.
Ausserdem wollen die Grünen demnächst mit der Unterschriftensammlung für die Initiative für nachhaltig produzierte Lebensmittel beginnen. Die Initiative will qualitativ hochwertige Lebensmittel in der Schweiz fördern, fordert die Einhaltung von Umweltstandards bei der Produktion und setzt sich für Fair-Trade-Regeln im internationalen Nahrungsmittel-Handel ein.
Mit einer symbolischen Aktion haben die Grünen ausserdem ihre Position zum Kauf der Gripen-Kampfjets bekräftigt: Die Delegierten versuchten, mit selber gefalteten Papierfliegern einen Abfallkübel zu treffen. Das Papier war mit dem Abbild einer 1000-Franken-Note bedruckt und trug den Schriftzug «Keine 10 Milliarden für einen Papierflieger».
Nach der bildwirksamen Aktion beschlossen die Delegierten für die Gripen-Abstimmung einstimmig die Nein-Parole. Mit je sieben Gegenstimmen und Enthaltungen etwas weniger klar fiel die Ja-Parole zur Mindestlohn-Initiative aus. Das von den Gewerkschaften lancierte Volksbegehren war von der Partei während der Unterschriftensammlung aktiv unterstützt worden. (pbl/sda)