Dass die Stelle keine wie jede andere ist, zeigt sich schon daran, wer sie anbietet: der Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Und spätestens nach dem ersten Satz der Jobausschreibung wird klar, wie ungewöhnlich die Affiche ist. «Sie suchen mittels menschlicher Quellen nach Informationen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind», steht da. Tatsächlich hält der NDB nach einem eigentlichen Superspion Ausschau.
Zu vergeben ist die Stelle «einer Verantwortlichen oder eines Verantwortlichen für die Quellenführung». Wer den Job antritt, arbeitet im ältesten Metier der Geheimdienste; in einer Schattenwelt, über die sich selbst die per se verschwiegenen Spione am liebsten ganz ausschweigen. Quellenführer arbeiten im Verborgenen. Was im Geheimdienstjargon als «menschliche Quellen» oder «Human Intelligence» (kurz «Humint») bezeichnet wird, nennt der Volksmund auch Verbindungsleute oder Spitzel.
Quellenführer rekrutieren externe Personen, um Informationen zu beschaffen. Anders als klassische Informanten liefern menschliche Quellen dem Nachrichtendienst regelmässig Informationen. Sie werden im Umfeld gewalttätiger und extremistischer Personen oder auch bei terroristischen Organisationen eingeschleust, um deren Milieu zu infiltrieren und auszuforschen. Offiziell ist die Rede von «Personen, die über Zugang zu sensitiven, für die Schweiz besonders relevanten Informationen beziehungsweise Informationsträgern verfügen».
Ein Doppelleben ist quasi das Schicksal des Spitzels. Der Quellenführer dient ihm als fester Ansprechpartner im Nachrichtendienst, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis ist unerlässlich. Das Gesetz erlaubt den Einsatz privater Verbindungsleute und Tarnidentitäten, um deren wahres Ich gegen aussen geheim zu halten. Aufgrund des Personenschutzes sei in diesem Bereich «besondere Geheimhaltung erforderlich», heisst es beim NDB.
Vor vier Jahren sorgte der Fall eines Schweizer Spitzels für Aufregung. Daniel M. sollte für den NDB deutsche Steuerfahnder ausspionieren und flog auf. Kritiker bemängelten daraufhin unter anderem eine mangelhafte Quellenführung.
Dass die Stelle eines Quellenführers öffentlich ausgeschrieben wird, ist ungewöhnlich. Oft werden entsprechende Posten intern mit langjährigen Geheimdienstlern besetzt. Ein guter Quellenführer, so erklärte Ex-Nachrichtendienstchef Markus Seiler einmal in dieser Zeitung, sei das Gegenteil von James Bond: komplett unauffällig. «Er sollte sich auch im Ausland wie ein Fisch im Wasser bewegen können.»
Eine Quellenführer müsse überdies die «zwingende Einhaltung der rechtlichen und institutionellen Richtlinien» garantieren, wie es im aktuellen Stellenprofil heisst. Bewerber sollten über einen Hochschulabschluss oder eine Polizeiausbildung verfügen.
Ansonsten ist die Ausschreibung dürr gehalten, nähere Informationen werden Interessenten nur auf telefonische Anfrage hin mitgeteilt. Bewerbungen nimmt der NDB aus Sicherheitsgründen lediglich per Post entgegen. Und Interessenten werden schon vorab gebeten, mit niemandem über ihre Bewerbung zu sprechen.
Zu weiteren Details will sich der NDB gegenüber dieser Zeitung nicht äussern. Auch nicht dazu, wie viele Interessenten sich schon für die Spionagestelle gemeldet haben. Top secret.