Ob Casino, Lotto oder Sportwetten: Beim Geldspiel lockt der grosse Gewinn – manche Glückspilze können sich gleich mehrere Millionen in die Tasche stecken. Doch wer als Spieler Bares einsetzt, riskiert auch viel. Es besteht die Gefahr von Betrug, und die Spiele können süchtig machen.
Deshalb hat der Staat schon vor Jahrzehnten klare Regeln für Geldspiele aufgestellt. Das Lotteriegesetz stammt aus dem Jahr 1923, das Spielbankengesetz trat 1998 in Kraft. Die Anbieter entrichten Abgaben, die der Allgemeinheit zugutekommen. Rund eine Milliarde Franken fliesst jährlich ab. Bei den Lotterien kommt der ganze Gewinn dem Sport, der Kultur und sozialen Projekten zugute. Die Casinos schütten derweil die Hälfte ihrer Gewinne an AHV und Standortkantone aus.
Um die Geldspiele auch im Internetzeitalter zu regulieren, sollen die alten Regelwerke im Geldspielgesetz vereint werden. Die Grundlagen dafür legt ein Bundesbeschluss, den das Schweizer Volk im Jahr 2012 mit einem Ja-Anteil von 87 Prozent angenommen hat.
Schweizer Spielbanken erschliesst sich ein neuer Markt. Das Geldspielgesetz erweitert ihre Konzession um das Recht, Casino-Spiele wie Black-Jack oder Roulette online anzubieten.
Gleichzeitig soll der Markt vor ausländischen Anbietern geschützt werden – «abgeschottet», wie die Gegner warnen. Internetprovider wie die Swisscom müssen den Zugang zu entsprechenden Angeboten blockieren. Im politischen Jargon ist die Rede von Zugangssperren oder Netzsperren.
Heute ist das Angebot von Online-Geldspielen in der Schweiz verboten. Doch mit ein paar Klicks kann man trotzdem im Internet zocken. So ist es möglich, sich bei einem ausländischen Anbieter zu registrieren und dessen Angebot zu nutzen; auch wenn dieser hierzulande keine Abgaben bezahlt.
Die hiesigen Spielbanken fühlen sich deswegen benachteiligt. Der Bund schätzt, dass jährlich über 250 Millionen Franken zu Online-Casinos im Ausland abwandern. Der Markt boomt. Die Anbieter können meist nicht strafrechtlich verfolgt werden, weil Online-Geldspiel in den Ländern, wo sich ihre Server befinden, in der Regel legal ist. Ebenso müssen sie keinen staatlich kontrollierten Schutz vor Spielsucht gewähren.
Die Netzsperren sind der eigentliche Grund dafür, dass Jungparteien von links bis rechts das Referendum ergriffen haben. Ihnen stösst sauer auf, dass nur jene Spielbanken, die in der Schweiz ein physisches Casino betreiben, eine Online-Konzession beantragen können.
Sie bezeichnen dies als Marktabschottung, die allein der Befriedung ökonomischer Interessen einer Branche dient: den Pfründen der einheimischen Spielbanken. Mit dem Aussperren ausländischer Casinos werde ein Präjudiz geschaffen für Netzsperren in weiteren Bereichen. Letztlich stehe die Freiheit des Internets auf dem Spiel. Demnach ist das Netz ein öffentlicher Raum, in dem alle Nutzer alle Dienste in Anspruch nehmen können.
Für die Befürworter des Gesetzes ist klar: Die Netzsperren im Geldspiel-Bereich lassen sich nicht auf andere Gebiete übertragen. «Ein Dammbruch ist das nicht», betont der Bundesrat. Vielmehr stehe der Schutz der Konsumenten im Vordergrund. «Der Markt für Geldspiele ist seit eh und je kein freier Markt.» Es gehe nur darum, Bewilligungen im Internet durchzusetzen. Auch von Zensur, betonen die Befürworter, dürfe man nicht sprechen. Denn niemandem würden Informationen vorenthalten.
Netzsperren sind ohnehin unwirksam, davon sind die Gegner überzeugt. Mit technischen Hilfsmitteln könnten diese leicht ausgehebelt werden. Tatsächlich lässt sich die Internetverbindung mit einem sogenannten Virtual Private Network (VPN) auf einen Server im Ausland umleiten.
Ein VPN ist rasch eingerichtet, entsprechende Apps sind auf vielen Computern sogar vorinstalliert. Auch die Befürworter des Gesetzes wissen das. Trotzdem wirkten die Sperren abschreckend, argumentieren sie. Man könne dies mit einem Zaun um eine Kuhweide vergleichen.
Am Lotto-Monopol ändert sich mit dem neuen Gesetz zwar nichts. Lotterien und Sportwetten können in der Schweiz wie bisher nur von Swisslos und der Loterie Romande legal angeboten werden. Gemäss der Vorlage erhalten sie aber mehr Freiheiten bei Sportwetten. So dürfen die Lotterien unter anderem bei Quoten ein höheres Risiko eingehen.
Ebenso können die Kantone künftig kleine Pokerturniere ausserhalb von Casinos bewilligen. Neu geregelt wird zudem die Besteuerung von Geldspiel-Gewinnen. Während Casino-Gewinne schon heute steuerfrei sind, sollen Lottogewinne künftig erst ab einer Million Franken versteuert werden müssen.
Im Parlament wurde die Vorlage grossmehrheitlich angenommen. Noch haben nicht alle Parteien über ihre Parolen entschieden. Für eine Überraschung sorgte die FDP: Ihre Delegierten fassten gegen den Willen der Parteispitze die Nein-Parole. Die SVP hat Stimmfreigabe beschlossen. SP und EVP sind für das neue Gesetz, CVP und BDP dürften es ihnen gleich tun.
Derweil werden sich die Grünen wohl wie die GLP ins Nein-Lager gesellen. Im Abstimmungskampf mischen zudem die Kantone als Hüter der Lotteriefonds kräftig mit. Denn obwohl bei einem Nein zum Gesetz alles beim Alten bliebe, befürchten sie, dass die Lotterien künftig weniger Reingewinn erzielen. Die Konsequenz: Den Kantonen stünde nicht mehr so viel Geld für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung – gewisse Projekte müssten wohl plötzlich via ordentliches Budget finanziert werden.