Frech und ungebührlich sei es, zwei Wochen zusätzliche Ferien für Neoväter zu installieren. Verfehlt, die Lohnabzüge noch stärker zu erhöhen, das Gewerbe könne das nicht stemmen. Gerade kleine Betriebe gerieten in Not, wenn Männer wegen der Geburt eines Kindes längere Zeit ausfielen.
Das Stichwort «Vaterschaftsurlaub» genügt, und Susanne Brunner zündet ein argumentatives Feuerwerk gegen den «Papiplausch». «Und», fragt Brunner, die für die SVP im Zürcher Stadtparlament politisiert, «von was müssen sich die Väter eigentlich erholen?»
Brunners pointierte Worte sind eine Reaktion auf den Nationalrat, der in der ersten Sessionswoche den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub besiegelte. Rund 230 Millionen Franken kostet der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub.
Diese geht dem Parlament zu weit. Zwei Wochen sind aber fix – es sei denn, es gibt ein Referendum. Genau so lautet Brunners Ziel. «Es darf nicht sein, dass das Parlament ein neues Sozialwerk beschliesst, wenn noch nicht einmal die AHV gesichert ist», sagt Brunner. Die selbstständige Unternehmerin, die früher beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse wirkte, lotet derzeit aus, welche Parteien und Verbände mit ins Boot steigen könnten.
Unterstützt wird sie von Nicolas A. Rimoldi. Der Luzerner Ethnologiestudent ist Mitglied des Jungfreisinns, leitet die Kampagne zur Initiative für das E-Voting-Moratorium und twittert sich die Finger wund, um seinen Anliegen Gehör zu verschaffen.
«Der Vaterschaftsurlaub bedeutet eine riesige Belastung für die Wirtschaft, die heute schon immer mehr Abgaben leisten muss», sagt er. Die Schweiz könne sich einen Ausbau des Sozialstaats nicht leisten.
Bloss: Schafft es das Duo Brunner/Rimoldi, ein schlagkräftiges Referendumskomitee zu zimmern? Bei der SVP laufen zwar Gespräche. «Unsere Rolle bei einem allfälligen Referendum ist noch in Prüfung», sagt Parteipräsident Albert Rösti. Ähnlich tönt es beim Schweizerischen Gewerbeverband (SGV). Falls jemand das Referendum ergreife, werde er eine Unterstützung prüfen, sagt SGV-Direktor und Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (FDP, ZH).
Der Status «Prüfen» trifft sodann auf den Schweizerischen Arbeitgeberverband zu. Von sich aus wird er keine Unterschriftensammlung lancieren. Schliesslich «prüft» auch eine politische Nachwuchsabteilung das Referendum: Die Junge SVP. «Alleine können wir es nicht stemmen», gibt Präsident Benjamin Fischer zu bedenken.
Ein Grund für die Zurückhaltung könnte der Zeitgeist sein. Gemäss einer aktuellen Umfrage des Vereins «Vaterschaftsurlaub jetzt» befürworten 85 Prozent der Stimmbürger einen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Wer ihn ablehnt, gilt als rückständig, ewig-gestrig. In der Ratsdebatte qualifizierten mehrere Papiurlaub- und Elternzeitbefürworter die Schweiz als familienpolitisches Entwicklungsland ab.
Daniel Bekcic, Leiter Politik des Dachverbands der Schweizer Männer- und Väterorganisationen, findet zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ungenügend. «Die Schweiz befindet sich gleichstellungspolitisch immer noch in der Steinzeit», sagte er gegenüber «20 Minuten». Das Ja zum zweiwöchigen Urlaub wertet er immerhin als Teilerfolg. Einer möglichen Abstimmung blickt er gelassen entgegen. «Wer ernsthaft ein Referendum erwägt, verkennt völlig die Stimmung im Land», sagt er. Bekcic geht davon aus, dass die Vaterschaftsurlaubgegner «wuchtig» scheitern – und so dem Anliegen Elternzeit Auftrieb verleihen werden.
Susanne Brunner, die neulich national im Rampenlicht stand, weil das Zürcher Stadtparlament sich weigerte, einen nicht «geschlechtergerecht» formulierten Vorstoss zu behandeln, sieht dies naturgemäss ganz anders. Nach einem Auftritt beim Sender Telezüri zum Thema Elternzeit und Vaterschaftsurlaub habe sie sehr viele positive Rückmeldungen erhalten. Ein Referendum, glaubt sie, liesse sich gewinnen – wenn es denn jemand lanciert.
Wäre ein guter Schritt für die Gleichberechtigung - und dies nicht nur aus Männersicht.