Eine gescheiterte Volksinitiative mehr: Luzian Franzini, Co-Präsident der Zersiedelungsinitiative. Bild: KEYSTONE
Mit der Zersiedelungsinitiative ist auch die letzte Volksinitiative dieser Legislatur gescheitert. Fast fünf Jahre ist es her, seit letztmals eine Volksinitiative angenommen wurde. Weshalb sind seither alle gescheitert? Und wie beeinflusst die tiefe Erfolgsquote den Umgang mit dem Instrument?
Die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen scheiterte am Sonntag mit 63,7 Prozent Nein-Stimmen und in allen Kantonen. Somit ist auch die 16. Volksinitiative dieser Legislatur gescheitert. Bis zu den Wahlen am 20. Oktober 2019 wird bloss noch über zwei Referenden abgestimmt (Waffenrecht und AHV-Steuer-Paket). Damit geht die aktuelle 50. Legislatur ohne eine einzige angenommene Volksinitiative in die Geschichtsbücher ein. Das war zuletzt während der 45. Legislatur von 1995 bis 1999 der Fall.
Ein Blick auf die nächste Infografik zeigt die Entwicklung seit der Einführung der Volksinitiative im Jahr 1892 während der 15. Legislatur. Zu sehen ist, dass während vieler Jahrzehnte nur relativ wenige Volksinitiativen eingereicht wurden – und diese an der Urne kaum je Erfolg hatten.
Mit Beginn der 1970er-Jahre wurde das Instrument beliebter und die Anzahl Volksinitiativen stieg rapide an. Doch Erfolge an der Urne blieben selten. Mehr als eine oder maximal zwei angenommene Volksinitiativen pro Legislatur gab es nie: «Historisch gesehen liegt die Erfolgsquote von Volksinitiativen bei 10 Prozent», sagt der Politologe Lukas Golder. Eine erfolgreiche Volksinitiative sei lange ein Ausnahmeereignis gewesen.
Im 21. Jahrhundert änderte sich das. In der 47. Legislatur von 2003 bis 2007 waren 40 Prozent aller Volksinitiativen erfolgreich. Im Februar 2004 begann mit der Annahme der Verwahrungsinitiative ein Jahrzehnt, in dem ganze neun Volksinitiativen erfolgreich waren. Dieses endete mit der Annahme der Pädophilen-Initiative im Mai 2014. Alle 25 Volksinitiativen, die seither zur Abstimmung gelangt sind, scheiterten.
Der Politikwissenschafter Lukas Golder ist Co-Leiter des Forschungsinstituts Gfs Bern. Bild: gfs.bern
Woran liegt das? «Volksinitiativen werden heute sehr ernst genommen», sagt Lukas Golder: «Die Gegner organisieren sich jeweils sehr früh und bilden breit abgestützte Netzwerke, die verschiedene Bevölkerungsgruppen ansprechen.» Das Fanal dazu sei die Kampagne gegen die Durchsetzungsinitiative der SVP im Februar 2016 gewesen: «Dort klappte die Mobilisierung hervorragend und die Kampagne wurde zum Drehbuch, wie man gegen populäre Anliegen von rechts einen Abstimmungskampf führt.»
Jubel über das Scheitern der Durchsetzungsinitiative: Flavia Kleiner (Mitte) und ihre Mitstreiter von der Operation Libero. Bild: KEYSTONE
Linke Volksinitiativen hätten es historisch gesehen noch viel schwieriger gehabt als rechte Anliegen, in der Schweiz Mehrheiten zu erzielen. Doch auch hier beobachtet Golder, dass die Gegner linke Vorlagen nicht auf die leichte Schulter nehmen. «Früher sagte man: Wenn sich die Economiesuisse dagegen ausspricht, hat eine Volksinitiative keine Chance». Das habe sich geändert und die bürgerliche Gegnerschaft versuche bei linken Volksinitiativen, möglichst breite Bündnisse zu bilden. Sehen sich die Initianten einer gut organisierten Gegnerschaft gegenüber, welche das Anliegen nicht unterschätzt, haben es linke wie rechte Volksinitiativen laut Golder auch heute sehr schwer.
Doch die Gründe für die Flaute bei den Volksinitiativen seien nicht nur in der Kampagne und der Mobilisierung der Gegnerschaft zu suchen: «Das Image der Volksinitiative hat bei der Bevölkerung etwas gelitten», sagt Lukas Golder. Das habe mit den Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu tun. Wäre die Empörung über «diese eigentliche Nicht-Umsetzung der Initiative» so gross gewesen, wie von der SVP angedroht, hätte das der Partei einen Wahlerfolg um den anderen einbringen müssen: «Das ist allerdings nicht eingetreten», so Golder. Die Bevölkerung sei zurückhaltender geworden, mithilfe von Volksinitiativen «ein Zeichen zu setzen», bei deren Umsetzung sich Probleme abzeichneten.
Lange Gesichter bei der SVP: Parteipräsident Albert Rösti im November 2018 nach dem Scheitern der Selbstbestimmungsinitiative. Bild: KEYSTONE
Das scheint man auch bei der SVP gemerkt zu haben. Im März 2016, kurz nach der überraschend deutlichen Abfuhr für die Durchsetzungsinitiative, warnte Doyen Christoph Blocher seine Partei im Tages-Anzeiger vor einer «Initiativenflut»: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überall, wo etwas unbefriedigend ist, eine Volksinitiative machen.» Mit der Kündigungsinitiative befindet sich derzeit nur eine SVP-Volksinitiative in der Pipeline: «Das zeigt die neue Zurückhaltung bei der SVP», sagt Lukas Golder.
Video: watson/teleblocher
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