Manchmal ist Politik brutal. Keine 30 Minuten nach der Schliessung der Wahllokale liess die erste SRG-Hochrechnung keine Zweifel daran, dass die Zersiedelungs-Initiative der Jungen Grünen deutlich scheitert. Die engagierten Mitglieder der kleinen Jungpartei erlebten, wie sich die hunderten Stunden unbezahlter politischer Arbeit während vieler Jahre innert weniger Minuten in Luft auflösten.
Denn Zählbares schaut für sie wenig heraus nach der deutlichen Abfuhr an der Urne. Die Stimmbevölkerung sprach sich deutlich dafür aus, die Siedlungsentwicklung mit dem geltenden Raumplanungsgesetz (RPG) zu regulieren. Das Argument der Jungen Grünen, dieses sei ein zahnloser Tiger, der die Zersiedelung nicht stoppen werde, verfing offensichtlich nicht.
Und damit sind wir beim ersten von zwei Hauptgründen, weshalb die Initiative scheiterte: dem Timing. Die Jungen Grünen beschlossen im Dezember 2014, eine Volksinitiative gegen die Zubetonierung der Schweiz zu lancieren. Bloss 20 Monate davor war das revidierte Raumplanungsgesetz mit deutlicher Mehrheit angenommen worden.
Es war schon damals klar, dass das RPG in den ersten Jahren nach Inkrafttreten die Zersiedelung bremsen und das Wachstum der Bauflächen verlangsamen würde. Denn die Kantone wurden mit dem Gesetz dazu verpflichtet, ihre Richtpläne zu überarbeiten und überdimensionierte Bauzonen zu verkleinern.
Ob das eine anhaltende Entwicklung sein wird – wie es die Gegner der Zersiedelungs-Initiative versicherten – oder die Schweiz schon bald wieder in vollem Tempo zubetoniert wird, sei einmal dahingestellt. Es zeugt nicht von der politischen Cleverness der Jungen Grünen, eine Volksinitiative genau dann zu lancieren, wenn die Abstimmung auf einen Zeitpunkt fallen wird, bei dem das geltende Gesetz einen temporär mindernden Einfluss auf das beanstandete Problem hat.
Besser wäre es gewesen, die mittelfristige Wirkung des neuen RPG abzuwarten. Geht die Zersiedelung unvermindert weiter, so hätten die Initianten glaubwürdiger für die Notwendigkeit ihres weitreichenden Initiativtexts werben können. Insofern war die Zersiedelungs-Initiative «too much, too early».
Der zweite Hauptgrund für das Scheitern liegt bei diesem Initiativtext – und seinen Schwächen. Es war abzusehen, dass sich die Diskussionen im Abstimmungskampf auf den Abtausch von Bauzonen konzentrieren würden. Dieser ist entscheidend, wenn man eine Einfrierung der Bauzonen auf dem heutigen Niveau fordert.
Doch auf diese zentrale Frage konnten die Initianten keine befriedigende Antwort liefern. Sie stellten sich auf den Standpunkt, hier müsse das Parlament eine mehrheitsfähige Lösung finden. Im Abstimmungskampf wurden sie dafür zu Recht kritisiert. Doch die hastig zusammengeklaubten und nur unscharf skizzierten Vorschläge, wie ein Mechanismus zum Abtausch der Bauzonen funktionieren würde – Stichwort Handelsbörse – vermochten niemanden so recht zu überzeugen.
Hier hätten die Jungen Grünen, über vier Jahre nach der Lancierung der Zersiedelungs-Initiative, schlicht und einfach besser vorbereitet sein müssen. So bleibt als zweites Fazit: «too little, too late.»