Die abgelehnte Zersiedelungsinitiative war die letzte Volksinitiative der laufenden Legislatur. Die nächste Volksinitiative kommt frühestens in einem Jahr, am 2. Februar 2020, an die Urne. Denn beim nächsten Abstimmungstermin am 19. Mai wird über zwei Referenden abgestimmt (Waffenrecht und AHV-Steuer-Paket). Und weil am 20. Oktober 2019 die eidgenössischen Wahlen stattfinden, pausiert der Abstimmungsbetrieb in der zweiten Jahreshälfte.
Ein Blick auf die hängigen Volksinitiativen zeigt für den Politologen Lukas Golder vom Forschungsinstitut Gfs Bern, welche politische Themen derzeit Konjunktur haben: «Es ist auffällig, wie viele Initiativen zum Gesundheitswesen in der Pipeline sind». Der Bundesrat und das Parlament beschäftigten sich zwar schon lange mit den steigenden Kosten, doch habe es bisher eher wenige Volksinitiativen zum Thema gegeben und diese seien ausschliesslich von links gekommen: «Das ändert sich nun, etwa mit der Kostenbremsen-Initiative der CVP.»
Auch die Ökologie und der Tierschutz blieben wichtige Themen, zu denen die Bevölkerung in mehreren Volksinitiativen abstimmen werde. «Das noch vor wenigen Jahren sehr präsente Thema Strafrecht hingegen scheint etwas vorbei zu sein».
Diese fünf Volksinitiativen dürften in den nächsten Jahren besonders viel zu reden geben:
Die Konzernverantwortungsinitiative wurde von den Schweizer Hilfswerken lanciert. «Sie ist eine grosse Herausforderung für das Parlament», sagt Politologe Lukas Golder. «Die Initiative kommt zwar von links, aber hat das Potenzial, über das eigene Lager hinaus Stimmen zu holen.» Der Nationalrat will ihr mit einer Änderung im Aktienrecht einen indirekten Gegenvorschlag entgegen stellen. Nun beugt sich noch der Ständerat darüber. Fürs Parlament die Frage, wie scharf dieser ausfallen soll, so Golder.
Die Initiative wurde von den Gewerkschaften gemeinsam mit Männer-, Frauen und Familienorganisationen lanciert. Die vorberatenden Kommissionen des Parlaments wollen dem vierwöchigen Vaterschaftsurlaub, den die Initiative fordert, einen zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub gegenüber stellen: «Die Initiative wird von einer breiten Trägerschaft unterstützt und wird nicht im klassischen Links-Rechts-Muster diskutiert», sagt Politologe Lukas Golder. Ein Rückzug der Initiative sei denkbar, wenn man den Initianten entgegenkomme.
Die Initiative wurde von der SP lanciert und wird zusätzlich von Grünen, EVP und BDP unterstützt. Das Thema Transparenz in der Parteienfinanzierung ist damit endgültig auf dem politischen Parkett angekommen. «Nach Erfolgen von ähnlich lautenden kantonalen Initiativen in Schwyz und Fribourg wird die Transparenz-Initiative sehr ernst genommen. Gut möglich, dass eine Mehrheit des Parlaments das Anliegen aufnimmt und einen Gegenvorschlag ausarbeitet», sagt Lukas Golder.
Hinter der Initiative steht das SVP-nahe «Egerkinger Komitee», welches schon die Minarett-Initiative eingereicht hatte. Ein Burkaverbot wird gemäss einer Umfrage von 77 Prozent grundsätzlich unterstützt. Im Tessin und in St.Gallen wurde das Burkaverbot mit Mehrheiten von jeweils gut zwei Dritteln angenommen. Die Initiative dürfte also auch auf Bundesebene sehr gute Chancen haben.
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Er will ihr mit einem indirekten Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln nehmen. Dieser schreibt gesetzlich vor, dass Kontakte mit bestimmten Behörden mit unverhülltem Gesicht erfolgen. Ausserdem wird ausdrücklich unter Strafe gestellt, Frauen zum Burkatragen zu zwingen. In der Vernehmlassung begrüssten eine Mehrheit der Kantone und der Parteien den Gegenvorschlag des Bundesrats und lehnten die Initiative ab.
Mit der Initiative will die SVP das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU kündigen. Die Chance der Initiative hängt laut Lukas Golder davon ab, wie sich die Zuwanderung aus der EU und deren Auswirkungen im Inland entwickelten. Wenn die Rahmenbedingungen für das Anliegen günstig seien, dürfe man die Erfolgsaussichten der Initiative nicht unterschätzen: «Grundsätzlich haben Initiativen von rechts im Themenbereich Migration intakte Chancen.»