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Keiner stimmt für Jositsch, er erhält aber 70 Stimmen – wer flunkert?

Der Zuercher SP-Staenderat Daniel Jositsch spricht an einer Medienkonferenz ueber seine Bundesratskandidatur, aufgenommen am Dienstag, 5. September 2023 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch an einer Medienkonferenz in Zürich, am 5. September 2023.Bild: keystone

Rätsel der Woche: Keiner stimmt für Jositsch, er erhält aber 70 Stimmen – wer flunkert?

Im Vorfeld hiess es, die Parteien würden sich brav an das SP-Ticket zur Bundesratswahl halten. Nach der Wahl beteuerten die Chefs der grossen Fraktionen, dass ihre Partei das Ticket gewählt habe. Doch: oh Wunder! Der nicht-nominierte Daniel Jositsch erhielt dennoch 70 Stimmen.
14.12.2023, 20:0114.12.2023, 22:57
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Das Rätsel der Woche wird heuer präsentiert von der Vereinigten Bundesversammlung: Wer sind die 70 Nasen, die bei der Bundesratswahl am Mittwoch für SP-Ständerat Daniel Jositsch gewählt haben?

Immerhin erzielte er in drei Wahlgängen dreimal Platz zwei hinter Favorit Beat Jans. Jon Pult, der ebenfalls für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset nominiert war, landete jeweils nur auf dem dritten Platz.

Um nun also die Rätselfrage zu lösen, konsultiere man die Aussagen der Spitzen der grossen Parteien. Zur Lösung kommt man, wenn man alle Angaben summiert. (Oder vielleicht doch nicht?)

Das sagt die SP

SP-Fraktionschefin Samira Marti sagt im Interview mit Radio SRF:

«Fast jede zweite bürgerliche Person hat nicht das Ticket gewählt und sich somit nicht an die eigenen Regeln gehalten.»

Aus der SP-Fraktion habe niemand für Jositsch gestimmt, heisst es.

Das sagt die Mitte

Fraktionschef Philipp Matthias Bregy sagte gewissermassen als Antwort auf Martis Aussage:

«Ich nehme das kopfschüttelnd zur Kenntnis. Aus der Mitte stammen nicht viele Stimmen, das kann ich Ihnen sagen.»

Seine Vermutung: Die Grünen oder genauer gesagt, die Andrey-Unterstützer rächten sich für den fehlenden Stimmen für den grünen Herausforderer bei der Wahl von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis.

Das sagt die SVP

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wurde gar noch deutlicher und schob die Schuld Marti zu:

«Die SVP wählte einen der beiden auf dem Ticket. Ich glaube, Samira Marti hat ihre eigene Fraktion nicht im Griff. Da ist ein SP-internes Problem vorhanden, aber die SVP hat damit sicher nichts zu tun.»

OK, gut. Wenn es also praktisch keine Stimmen von der Mitte gab, und auch die SVP sich an die Versprechen hält, wer wählte dann Jositsch?

«Wo diese Stimmen herkommen, weiss ich auch nicht. Aber ich habe mit Nachdruck sichergestellt, dass wir jemanden vom offiziellen Ticket wählen.»

Glaubt man Aeschi, waren allesamt der gleichen Meinung bei der SVP. Er führte aus:

«Der Konsens in der Fraktionssitzung heute Morgen war unisono: Wir SVP-Mitglieder im Parlament wählen das offizielle Ticket.»

Vielleicht war es am Morgen vor der Wahl noch so, mindestens eine SVP-Nationalrätin meinte gegenüber den Today-Plattformen: «Viele Bürgerliche hätten ihm viel eher zugetraut, alle Probleme anzupacken.»

Das sagen die Grünen

Auch die Grünen haben nicht für Jositsch gestimmt. Fraktionschefin Aline Trede antwortete auf eine entsprechende Frage:

«Da müssen Sie bei der SVP nachfragen oder bei der SP selbst, aber sicher nicht bei uns. Wir haben mit offenem Visier gekämpft, unsere Strategie war klar. Das haben wir immer klar deklariert.»

Sprich: keine grünen Stimmen für Jositsch. Auch Präsident Balthasar Glättli beantwortet gegenüber watson die Frage nach grünen Jositsch-Unterstützenden: «Das kann ich mir jetzt schwer vorstellen! Jositsch war der ‹Kandidat› der Rechten.»

Das sagt die FDP

Eine bis drei Personen der FDP hätten für Jositsch gestimmt, mehr nicht. Warum das FDP-Präsident Thierry Burkart so genau weiss? Weil er es «fast» kontrolliert hat:

«Unsere Leute haben aus dem SP-Ticket gewählt. Das haben wir so beschlossen in der Fraktion und das haben wir sogar fast schon kontrolliert.»

Er sei «durch die Reihen» gegangen und habe mit Leuten geredet. Der Tenor:

«Alle sagten, sie hätten auch links und rechts geschaut. Da gab es eine gewisse Sozialkontrolle.»

Der Ausschnitt aus dem SRF-«Rundschau Talk» im Video:

Und jetzt du!

Wer hat nun für Jositsch gestimmt? Kennst du die Lösung? Schreib's in die Kommentare! (jaw)

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179 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bodan8
14.12.2023 20:48registriert Februar 2015
Sie heissen ja genau deshalb «geheime Wahlen» weil der Fraktionschef (der FDP) durch die Reihen geht und HEIMLICH kontrolliert, dass alle die (öffentliche)
Fraktionsdoktrin befolgen.
Fast wie im Volkskongress ()
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Opossum2
14.12.2023 20:16registriert Januar 2022
Jositsch hat möglicherweise für sich gestimmt.
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rönsger
14.12.2023 21:00registriert Dezember 2014
Die Bauernlobby (Bauern, 20 und Bauernnahe, 30) hat wohl substantiell zu den Jositsch-Stimmen beigetragen, weil sie Jans und Pult verhindern wollte. Bleiben rund 20 weitere, die mit dem Ticket nichts anfangen konnten oder wollten. Ich denke, die "SP-Auswischer" sind wohl eher im bürgerlichen Lager zu finden.
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