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Gesellschaft & Politik

Der Funke: Lenin-Schule an Uni Freiburg – RKP-Kommunisten involviert

Ecole Lénine Lenin Funke Uni Fribourg Freiburg
«Lenin-Schule» am 24. Februar an der Universität Freiburg: Aktivismus für Palästina.Bild: Screenshot

«Lenin-Schule»: An der Universität Freiburg rekrutieren die Kommunisten

Im Mai soll die Revolutionäre Kommunistische Partei in der Schweiz gegründet werden. Die Förderung des Marxismus-Leninismus geht derweil an der Universität Freiburg weiter – die kantonalen Behörden tolerieren es.
21.02.2024, 22:2122.02.2024, 13:49
Antoine Menusier / watson.ch/fr
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Vom 10. bis 12. Mai findet in der Schweiz der «Gründungskongress» der Revolutionären Kommunistischen Partei (RKP) statt. Sie versteht sich als marxistisch-leninistisch und will das kapitalistische System stürzen. Dahinter steckt die Bewegung «Der Funke» und das Ziel ist, 500 Teilnehmende zusammenzubringen. Bei einem Kongress am 10. Februar in Biel hatten sie erst 200 «Genossinnen und Genossen» – die Rekrutierung wird fortgesetzt.

Diese läuft über die Universitäten. In mehreren Städten, darunter Genf, Lausanne und Freiburg, wurde eine «marxistische Offensive» gestartet, wie es hiess. «Bist du Kommunist? Dann organisier dich!», lautete die Aufforderung auf Stickern mit dem Porträt von Karl Marx.

Bist du Kommunist der Funke
Bild: watson

Wer dem Aufruf folgte – die Jugend stellte die Kernzielgruppe dar – wurde eingeladen, an den Universitäten Genf und Freiburg einen Schnellkurs in Marxismus zu absolvieren. An jeder dieser Universitäten fungierte eine vom Rektorat anerkannte marxistisch orientierte Studierendenvereinigung als Anlaufstelle.

Die «Lenin-Schule»

Am Samstag, dem 24. Februar, werden sich die potenziellen zukünftigen Rekruten der RKP einen ganzen Tag lang in einem Raum der Universität Freiburg treffen. Dort wird die «Lenin-Schule» stattfinden. Es gehe darum, «das Beste aus Lenin und dem Bolschewismus herauszuholen». Denn es gebe keine revolutionäre Bewegung ohne revolutionäre Theorie, heisst es auf dem Flyer, der zu der Schulung einlädt. Hier geht es eindeutig um politische Aktionen und nicht mehr nur um einen Lesezirkel.

Ecole Lénine Lenin-Schule Universität Freiburg Uni Fribourg
Der Flyer.Bild: Screenshot

Die Rede ist von Lenin, der sich beim Regieren auf die Tscheka stützte, die bolschewistische Geheimpolizei, die für den Roten Terror verantwortlich war. Das scheint die Universität Freiburg nicht sonderlich zu stören. Marius Widmer, ihr Kommunikationsverantwortlicher, sagt dazu:

«Das verdient einen kritischen Blick, Ideen können manchmal auch anecken.»
Marius Widmer

Kein Aufruf zur Gewalt?

Die Kommunikation der Universität Freiburg verschanzt sich hinter dem Reglement der Institution, das Aufrufe zur Gewalt, rassistische Äusserungen und jede Form von Diskriminierung verbietet. Ist die marxistisch-leninistische Revolution frei von Gewalt, auch wenn man behauptet, nur «das Beste von Lenin und dem Bolschewismus» übernehmen zu wollen?

Ist die Universität der richtige Ort, um für die Gründung einer politischen Partei zu werben? Was besagen die internen Regeln? «Die Universität Freiburg stellt politischen Parteien keine Räume frei zur Verfügung», antwortet Marius Widmer. «In den sieben Jahren, in denen ich diese Funktion innehabe, kann ich mich an keine einzige politische Versammlung erinnern, die in unseren Räumlichkeiten stattgefunden hat.»

Es handelt sich bei der «Lenin-Schule», die unter dem Banner der Revolutionären Kommunistischen Partei organisiert wird, jedoch um eine politische Versammlung. Die Universität Freiburg beruft sich auf die Meinungsfreiheit und die Tatsache, dass diese Veranstaltung in einem anerkannten universitären Rahmen, nämlich der Studierendenvereinigung «Marxist Society Fribourg», stattfinden wird.

Die Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten (BKAD), die von Staatsrätin Sylvie Bonvin-Sansonnens geleitet wird, antwortet im Grossen und Ganzen genauso wie die Universität.

«Die angekündigte Veranstaltung wurde von der Universität toleriert, da weder zu Gewalt aufgerufen noch eine Verletzung der universitären Ordnung suggeriert wird.»
BKAD

Der Kanton ergänzt:

«In einer Demokratie bestimmt der gesetzliche Rahmen, was getan oder gesagt werden darf. Die Universität ist par excellence ein Raum für Debatten. In diesem Rahmen sollte auch der Campus einer Universität als Raum für Diskussionen und Freiheit betrachtet werden. Davon abgesehen stehen die Ideen oder die Ideologie dieser Vereinigungen und der Organisatoren solcher Veranstaltungen in keinerlei Zusammenhang mit den Ansichten der BKAD oder der Universität.»
BKAD

Doch handelt es sich hier wirklich noch um einen Rahmen von «Debatten» und «Diskussionen» oder um einen Rahmen der freiwilligen Indoktrination?

Anstelle der Staatsrätin bekräftigte Marianne Meyer Genilloud, stellvertretende Generalsekretärin der BKAD, «dass sich die Frage der Fortsetzung der Ausbildung im Marxismus innerhalb der Universität Freiburg stellen wird, wenn die Partei RKP gegründet wird und wenn sich herausstellt, dass diese Partei weiterhin irgendeine Verbindung zum Freiburger Campus unterhält».

Die Haltung zum Massaker der Hamas

In den sozialen Netzwerken gab es Stimmen, die den Kanton und die Universität Freiburg auf die jüngsten Stellungnahmen von «Der Funke», der Bewegung hinter der RKP, zum Gaza-Konflikt aufmerksam machen wollten. Auf seinem Instagram-Account berichtete «Der Funke» mit folgenden Worten über das Massaker vom 7. Oktober:

«An diesem Samstag, dem 7. Oktober, wurde der reaktionäre Staat Israel von den Kämpfern und Raketen der Hamas gedemütigt. Die brutale Antwort liess nicht lange auf sich warten.»
Der Funke

Kein Wort über die tausend Zivilisten, die an diesem Tag massakriert wurden. Ist das nicht eine Form von Rassismus gegenüber den jüdischen Opfern?

Von einer ehemaligen Studentin der Universität Freiburg auf die fehlende Rücksichtnahme auf die israelischen Opfer des 7. Oktober angesprochen, schien «Der Funke» den Sachverhalt richtigstellen zu wollen: «Die Intifada ist ein friedlicher Volksaufstand, der seine Kraft aus den Methoden des Klassenkampfes zieht, das heisst aus dem kollektiven Kampf, dem Streik. Das ist etwas anderes als die Terroranschläge vom 7. Oktober.»

Empört über die Äusserungen von «Der Funke» in den sozialen Netzwerken, meint der Berner Anwalt Michael Steiner, der 20 Jahre lang Mitglied der SP war:

«Diese jungen Schweizer Kommunisten surfen auf der Welle des Antisemitismus, indem sie den Juden nicht das Recht auf einen eigenen Staat, den Staat Israel, zugestehen.»
Michael Steiner

«Der Funke» antwortete nicht auf eine watson-Anfrage für eine Stellungnahme.

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70 Kommentare
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rabbithole
21.02.2024 23:18registriert April 2023
“Communism works, if it was done differently.”
Es gab schon so viele Beispiele in der Geschichte der Menschheit wo das System gescheitert ist. Wenn man das Gleiche immer wieder macht und andere Resultate erwartet. Wie nennt man das? Wahnsinn.
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Andi...
22.02.2024 05:02registriert Oktober 2023
Mitte November kam ich mit zwei jungen Kommunisten ins Gespräch die mit einer Palästinenserfahne in der Hand die Meinung vertraten, dass man mit Planwirtschaft die Palästinenser vom Joch befreien und glücklich machen und das Problem in der Region lösen könnte.
Auf meine Fragen wo die Planwirtschaft in den letzten 100 Jahren gut funktioniert hat und wo ein sozialistischer oder kommunistischer Staat gut funktioniert hat und wo die Mensch glücklich waren und weshalb es das nicht mehr gibt, kamen keine Antworten. So wird es wohl auch bleiben.
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Bakunin
22.02.2024 00:17registriert März 2021
Das scheinen echt ganz komische Typen zu sein. Die WOZ hat noch ein paar Infos mehr: https://www.woz.ch/!FK4YN7HTT0HZ
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