Das deutliche Nein zur Einheitskasse hat sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Wohl auch deshalb hängen die Köpfe bei den Initianten nicht ganz so tief. Der Blick ist bereits in die Zukunft gerichtet.
Mit dem Entscheid des Stimmvolks ändert sich vorderhand gar nichts am Schweizer Krankenversicherungssystem. Der Wettbewerb wird auch in der Grundversicherung beibehalten. Dass doch immerhin knapp vier von zehn Versicherten für einen radikalen Systemwechsel gestimmt haben, hat für die SP aber «Signalwirkung», wie sie in einem Communiqué schreibt. «Wir bleiben dran», heisst das Gebot der Stunde.
Die Partei will den Krankenkassen drei Jahre Zeit geben, ihre im Abstimmungskampf gemachten Versprechungen in die Tat umzusetzen. Was das genau heisst, erklärt Vizepräsidentin Barbara Gysi: «Noch immer schikanieren die Krankenkassen kostenintensive Patienten – zum Beispiel, indem diese Medikamente vorfinanzieren müssen. Auch die Transparenz über die Geldströme innerhalb der Kassen ist zu schwach», sagt die St.Galler Nationalrätin. Das müsse sich ändern, sonst werde man neue Vorstösse lancieren.
Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr geht noch einen Schritt weiter. Sie prüft eine Art Suva im Krankenversicherungsbereich, die sich um die besonders teuren Leistungen, also zum Beispiel längere Spitalaufenthalte, kümmert. Zudem müsse man über ein Modell diskutieren, bei dem – der Vergabe von Telekomkonzessionen ähnlich – der Bund drei bis fünf Konzessionen mit Leistungsauftrag zur Durchführung der Grundversicherung vergeben würde. «Der Abstimmungskampf hat gezeigt, dass eine Mehrheit den regulierten Wettbewerb mehrerer Kassen will, aber nicht die Auswüchse davon», so Fehr.
Auf bürgerlicher Seite hält man von derartigen Vorschlägen gar nichts – und dass sie wenige Stunden nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses formuliert werden, zeigt für Nationalrat Daniel Stolz (FDP, BL), dass die Initianten «das Votum des Volkes nicht verstanden haben».
Der Entscheid heisse allerdings nicht, dass man sich keine Gedanken zur Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens machen dürfe. So schwebt Stolz ein Modell vor, bei dem sich die Versicherten – mit Rabatt – für mehr als ein Jahr an eine Krankenkasse binden würden. «So haben die Kassen ein ernsthaftes Interesse daran, präventiv in die Gesundheit ihrer Klienten zu investieren», so Stolz.
Auch die Forderung von mehreren linken Parlamentariern, wenigstens in der Westschweiz kantonale Einheitskassen einzuführen, dürfte politisch chancenlos sein. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Fragen geht es FDP-Mann Daniel Stolz um den grundsätzlichen Umgang mit Volksentscheiden: «Sonst komme ich auch mit der Masseneinwanderungsinitiative und verlange, dass diese für meinen Kanton nicht anwendbar ist.»