Schweiz
Gesellschaft & Politik

Sterbehilfe ja, erledigen soll's jemand anderes

Bild
Bild: KEYSTONE
Ärzte über Suizidhilfe

Sterbehilfe ja, erledigen soll's jemand anderes

Drei Viertel der Schweizer Ärztinnen und Ärzte halten gemäss einer Studie die Suizidhilfe durch einen Arzt für vertretbar. Doch nur eine Minderheit ist bereit, selbst bei einem Suizid zu helfen.
19.11.2014, 09:2019.11.2014, 10:37
Mehr «Schweiz»

Die Studie wurde im Auftrag der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) erstellt. «Die Resultate zeigen die Ambivalenz der Ärzte bei diesem Thema», sagte Michelle Salathé, Vize-Generalsekretärin der SAMW, auf Anfrage. Gemäss der Studie leisten derzeit nur wenige Ärzte selbst Suizidhilfe, wie die SAMW in einer Mitteilung vom Mittwoch schrieb.

Für die Studie wurden Fragebögen an etwa 4800 zufällig ausgewählte Schweizer Ärzte verschickt und zwölf Mediziner in Einzelinterviews zu ihrer Haltung zur Sterbehilfe befragt. 1318 Ärzte (27 Prozent) haben den Fragebogen beantwortet.

Es zeigte sich, dass drei Viertel der Antwortenden die ärztliche Suizidhilfe grundsätzlich für vertretbar halten. Knapp die Hälfte kann sich Situationen vorstellen, in denen sie persönlich dazu bereit wären. Ein gutes Viertel toleriert zwar Suizidhilfe, würde diese aber selbst nicht leisten, und ein Fünftel lehnt Suizidhilfe in jedem Fall ab.

Kranke am Lebensende

Die Zustimmung zur Sterbehilfe hängt für die Mehrheit der Ärzte von der konkreten Situation ab: Je eindeutiger eine rein körperliche Erkrankung vorliegt und je näher das Lebensende ist, desto eher akzeptieren sie die Suizidhilfe. So lehnen drei Viertel der Antwortenden die Suizidhilfe bei Hochbetagten aber sonst gesunden Menschen ab.

Etwas mehr als die Hälfte lehnt die Suizidhilfe bei psychisch erkrankten Menschen ab. Die Zustimmung variiert aber auch mit der Fachrichtung der Antwortenden und ihrem Arbeitsort (Praxis oder Spital), dem Alter und der entsprechenden Erfahrung.

Bitte um Sterbehilfe

Solche Erfahrungen sind häufig: Knapp jeder Zweite wurde mindestens einmal ernsthaft um Suizidhilfe gebeten. Rund ein Viertel hat schon in mindestens einem Fall geprüft, ob die Voraussetzungen für Suizidhilfe erfüllt sind. Die meisten von ihnen haben dies sehr selten getan, doch Einzelne haben schon mindestens 50 solche Prüfungen durchgeführt.

Nur die wenigsten haben jedoch angegeben, schon selbst einmal eine Handlung getan zu haben, die im rechtlichen Sinne als Suizidhilfe gilt. Von den 1318 Teilnehmenden waren dies 111. In der Regel handelte es sich dabei um das Verschreiben des tödlichen Medikamentes NaP (Natrium-Pentobarbital). In rund drei Viertel der berichteten Fälle von Suizidhilfe war eine Suizidhilfeorganisation beteiligt.

Die Stichprobe für die Studie wurde zwar zufällig aus der Schweizer Ärzteschaft ausgewählt, die Ergebnisse können jedoch wegen der unterschiedlichen Rücklaufquoten in verschiedenen Fachdisziplinen nicht als allgemeingültig für die gesamte Ärzteschaft betrachtet werden. Sie spiegeln vielmehr die Meinung von Ärztinnen und Ärzten wieder, die an der Thematik interessiert und von ihr betroffenen sind.

Debatte um Sterbehilfe

Hintergrund dieser Studie seien die Diskussionen, die seit vielen Jahren rund um die Suizidhilfe in der Schweiz geführt werden sowie um die Rolle der Ärzte dabei, schrieb die SAMW.

Die entsprechenden Richtlinien der Akademie sind zehn Jahre alt und werden demnächst regulär überarbeitet. Die Ergebnisse der aktuellen Studie – sowie jene des noch laufenden Nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» – sollen in diese einfliessen. (pma/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
Seit mehr als einem Jahr steht in Meilen dieser Veloturm – doch (fast) niemand nutzt ihn
Seit April 2023 können Velofahrende in Meilen ihre Fahrräder in einem futuristischen Metallturm sicher und wetterfest abstellen. Doch das Angebot wird kaum genutzt, und das Design erhitzt die Gemüter.

Mit einer Höhe von neun Metern ist der Veloturm am Bahnhof Meilen unübersehbar. Seit April 2023 bietet die Konstruktion Platz für 20 Fahrräder. Das Konzept: Die Fahrräder werden vertikal gestapelt und brauchen so weniger Platz als herkömmliche Abstellplätze.

Zur Story