Schweiz
Gesellschaft & Politik

Schweiz erhält Schredder-Verbot

küken
Legeküken mit dem «falschen» Geschlecht sollen bald nicht mehr schlüpfen.Bild: shutterstock

Das Schredder-Verbot für Küken kommt – bald könnte auch mit der Vergasung Schluss sein

Die Wissenschaftskommission will verbieten, dass lebende Küken geschreddert werden. Die Mehrzahl wird heute aber vergast. Bald soll mit der Kükentötung Schluss sein.
05.02.2019, 03:08
YANN SCHLEGEL / ch media
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Jährlich betäuben und töten Schweizer Legehennen-Brutbetriebe rund 3 Millionen männliche Küken. Sie legen keine Eier und sind nicht für die Mast gezüchtet. Küken aus der Linie der Legehennen, welche das «falsche» Geschlecht haben, werden in der Schweiz entweder geschreddert, oder mit Kohlendioxid vergast. Ein grausamer Tod am ersten Lebenstag.

Nun will die Wissenschaftskommission des Nationalrats das Schreddern baldmöglichst verbieten. Bei diesem Vorgang komme es vor, dass Küken in gewissen Fällen mit abgeschnittenen Füssen überleben, begründet die Kommission ihre Forderung. Über eine Motion verlangt sie, dass der Bundesrat die Tierschutzverordnung anpasst.

Heute schreddern allerdings nur noch kleinere Betriebe die frisch geschlüpften Legeküken, wie Ruedi Zweifel vom Aviforum, dem Kompetenzzentrum der schweizerischen Geflügelwirtschaft in Zollikofen, sagt. Weil sie kein CO2 verwenden wollen, setzen sie bislang auf die mechanische Methode. Anders handhaben es die beiden grossen Brütereien der Schweiz, die über 90 Prozent aller Legeküken produzieren. Beide töten die männlichen Küken mit Kohlendioxid. Ein Schredder-Verbot würde also nicht grundsätzlich zu einer tierfreundlicheren Legehennenzucht führen.

Jährlich werden Millionen von männlichen Küken getötet:

Video: srf

Geschlecht frühzeitig erkennen

Bald soll nicht mehr die Tötungsmethode entscheidend sein, sondern die Tötung an sich obsolet. Darin sind sich Politiker, Wissenschafter und Grossverteiler einig. Die In-ovo-Geschlechtsbestimmung soll die Geflügelhaltung revolutionieren. Zwei Methoden sind in Deutschland erfolgreich entwickelt worden.

Ruedi Zweifel
Ruedi ZweifelBild: screenshot twitter/Agroblogger

Bei der einen wird nach acht bis neun Tagen über ein winziges Loch im Ei Flüssigkeit entnommen, anhand welcher sich das Geschlecht bestimmen lässt. Gleiches wäre über Ultraviolettstrahlung bereits ab dem vierten Tag der Brut möglich. «Wir sind mit mehreren europäischen Ländern bestrebt, die Geschlechtserkennung im frühesten Stadium im Brutei praxisreif zu machen», sagt Ruedi Zweifel.

Noch fehlen die Anlagen, um die Technik wirtschaftlich anwenden zu können. Dies soll sich bald ändern. Andere Länder spuren vor. In Deutschland ist die Kükentötung seit drei Jahren gesetzlich verboten. Da es noch keine praxisreife Geschlechtserkennung gibt, wurde das Verbot bisher aber noch aufgeschoben. In Österreich stellten Biobetriebe auch ohne neue Technologie bereits 2016 um. Über höhere Eierpreise werden die Mehrkosten für die aufwendigere Mast männlicher Legeküken finanziert.

Die beiden Grossverteiler Coop und Migros erhoffen sich viel von der Geschlechtsbestimmung im Ei. Denn in der Schweiz gibt es für Legehennenzucht nur Nischenprodukte, die ohne Kükentötung auskommen. Coop startete 2014 einen Praxisversuch. Mit dem Zweinutzungshuhn bietet der Grossverteiler eine Alternative. Bei dieser speziellen Hühnerrasse werden die weiblichen Hühner für die Eierproduktion und die männlichen für die Mast genutzt.

Der Verein Demeter Schweiz geht als Vorreiter voran und kennt die bislang strengsten Auflagen. Seit 2019 schreibt er in seinen Richtlinien vor, dass zu jeder Legehenne, die eingestallt wird, ein männliches Tier grossgezogen werden muss. «Da es keine Demeter-Brütereien gibt und unsere Betriebe die Küken aus Bio-Brütereien beziehen, haben wir nicht die Möglichkeit, das Kükentöten zu verbieten», sagt Co-Geschäftsführerin Susanne Huber. Das Modell ist ähnlich wie jenes der Biobetriebe in Österreich: Die Pouletmast wird mit dem Eierverkauf quersubventioniert.

Die Alternativen
Bestrebungen, um das Töten männlicher Eintagesküken zu vermeiden, gibt es seit langem. Bereits zehn Jahre arbeitet die Forschung an der Geschlechtsbestimmung im Ei. Durch sie will man männliche Küken vor dem Schlüpfen aussortieren. Sogenannte Zweinutzungshühner, die sich sowohl für die Ei- wie auch die Fleischproduktion eignen, setzten sich auf dem Markt nur als Nischenprodukte durch. Auch Bruderhähne – die Brüder der Legehennen – sind weder wirtschaftlich noch ökologisch nachhaltig. Zur Mast brauchen sie viel Futter. (aargauerzeitung.ch)

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hein Doof
05.02.2019 08:01registriert Januar 2019
Ein Schritt. Jetzt könnte man noch schauen, dass die Legehennen nicht so ein erbärmliches Dasein fristen. Das wäre dann etwas weniger inkonsequent.
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so wie so
05.02.2019 09:32registriert Juli 2015
So viele Leute haben das Gefühl, dass die Schweiz das strengste Tierschutzgesetz hat und bei uns die Tiere anständig behandelt werden. Erzählt man ihnen von dem Kükenschreddern, glauben sie einem nicht und halten einen für einen missionarischen Tierschützer. Da muss man sich anhören, man sei extrem, weil man keine Eier isst. Bekomm ich ein Ei von einem lokalen Kleinbauer, dann ess ich es. Aber ich kann einfach nicht riskieren, dass ich ein Ei von einem Huhn habe, dessen Bruder so grausam ermordert wurde. Daher verzichte ich auf Fertigprodukte mit Ei. Auch wenn es schwer fällt.
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öpfeli
05.02.2019 07:37registriert April 2014
Den gefiederten Zweibeiner zu liebe kann man auch einfach keine Eier mehr essen. Das ist dann richtig tierfreundlich 💜🐤🐔🐓
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