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Jährlich 500'000 Bibeli geschreddert – die Krux mit männlichen Küken

Rund 500000 männliche Küken werden pro Jahr in der Schweiz kurz nach ihrer Geburt getötet. © Franck Prevel
Rund 500000 männliche Küken werden pro Jahr in der Schweiz kurz nach ihrer Geburt getötet. © Franck Prevel

Jährlich werden in der Schweiz 500'000 Bibeli geschreddert – die Krux mit männlichen Küken

Jährlich werden in der Schweiz 500'000 Küken geschreddert, weil sie das falsche Geschlecht haben. Um dem ein Ende zu setzen, wird intensiv an Methoden gearbeitet, um das Geschlecht des Kükens bereits im Ei zu erkennen. Doch das zieht sich hin.
01.02.2018, 07:44
Philipp Felber / az Aargauer Zeitung
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Alternativen, bei denen männliche Küken gemästet und als Poulets verkauft werden, sind bisher nur Nischenprodukte. Ein Franken mehr zahlt bei Coop, wer mit einem guten Gewissen Eier kaufen will. Ein 6er-Pack Bio-Eier kostet Fr. 4.95, Eier von sogenannten Zweitnutzungshühnern kosten Fr. 5.95.

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Diese Hühner haben einen Vorteil. Sie können zur Ei- und zur Fleischproduktion genutzt werden. Die männlichen Küken müssen also nicht getötet werden, weil sie später zu Fleisch verarbeitet werden können. Das klappt bei normalen Rassen nicht, die entweder nur zur Fleischproduktion oder nur zur Eierproduktion gezüchtet werden. Die männlichen Geschwister der Legehennen müssen deshalb sterben.

Schattenseite der Oster-Tradition

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Der Nachteil der Zweinutzungshühner-Rassen: Sie sind weniger produktiv beim Eierlegen und kleiner als normale Masthühner für Pouletfleisch. Das wiederum macht die Produkte teurer. «Es sind zwei Paar Schuhe, bei einer Umfrage anzugeben, man sei bereit, für das Tierwohl mehr zu zahlen und es dann auch tatsächlich zu tun», sagt Lukas Inderfurth von Biosuisse.

Der Aufschrei in der Bevölkerung ist jedes Mal gross, wenn es ums Kükenschreddern geht, trotzdem sind Zweinutzungshühner ein Nischenprodukt. «Der ökonomische Aspekt ist einer der Gründe, warum die Alternativen zum Kükenschreddern nur im kleinen Rahmen erfolgreich sind», sagt Inderfurth zur «Nordwestschweiz». Doch zumindest hätten die Konsumenten schon heute die Wahl.

Aldi mit neuem Angebot

Seit 2014 verkauft Coop Produkte von Zweinutzungshühnern. Man sei mit dem Absatz zufrieden, heisst es von der Coop-Medienstelle. Die Eier seien in rund 90 Coop-Supermärkten im Verkauf. Zum Vergleich: Coop bewirtschaftet momentan über 870 Supermärkte. Das Fleisch sei punktuell verfügbar. Ein Nischenprodukt also.

Das hält Aldi nicht davon ab, ebenfalls auf eine ähnliche Methode zu setzen. So können Konsumenten ab heute in der Ostschweiz und im Raum Zürich Eier aus dem Programm «Henne& Hahn» kaufen. Dabei wird pro verkauftes Ei ein Hahn, der sonst kurz nach der Geburt getötet würde, aufgezogen und gemästet. Die Eier und das Fleisch des Masthahns werden dafür teurer verkauft. Migros setzt auf ein ähnliches Programm wie Aldi. Doch bediene man damit nur eine Nische, heisst es bei Migros. Eine nachhaltige Lösung sei dies nicht.

Weil das Geschäft mit den Alternativen schleppend verläuft, setzt man in der Branche auf eine andere Methode, um das Kükenschreddern zu verhindern. Noch in diesem Jahr soll es möglich sein, das Geschlecht der Küken bereits im Ei zu bestimmen, um dann die männlichen Eier zu verkaufen. Dies sagte Friedrich-Otto Ripke, Chef des deutschen Zentralverbands der Geflügelwirtschaft, in einem Interview mit der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

In der Schweiz ist man jedoch skeptisch, ob die Verfahren bereits in diesem Jahr kommen werden. Bio Suisse verkündete im Mai 2016, dass bis 2019 dem Kükenschreddern in der Schweiz ein Ende gesetzt werden soll. «Noch ist offen, ob das Ziel bis 2019 realistisch umzusetzen ist», relativiert Lukas Inderfurth. Bei den Produzenten seien noch zu viele Fragen unbeantwortet. «Zudem sind Verfahren zur Geschlechtsbestimmung schon vielfach versprochen worden, Realität sind sie aber bis heute nicht.» (aargauerzeitung.ch)

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nominator
01.02.2018 08:49registriert Januar 2018
Obwohl ich kein echter Vegetarier bin verzichte ich schon über 20 Jahre auf solches Fleisch. Massen von Menschen produzieren Massen von Elend. Die Konsumenten hätten es in der Hand, allein durch Verzicht solchen Dingen ein Ende zu bereiten. Ohne Gesetz und ohne Abstimmung. Die Schwarmintelligenz und das kollektive Bewusstsein scheinen noch nicht so weit zu sein. Erst wenn sich die Menschen zum grössten Teil selbst umgebracht haben, reichen die paar Hühner die um einen Hof herumgackern wieder.
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dorfne
01.02.2018 09:47registriert Februar 2017
Hab kürzlich gelesen, dass immer mehr Bio-Eier gekauft werden. Viele Leute sind bereit für das Tierwohl mehr zu zahlen. Früher hat man das Fleisch von alten Legehennen als Suppenhuhn verkauft. Heute wird dieses Fleisch wohl exportiert oder zu Tierfutter verarbeitet. Ich hoffe inständig, dass die Bestimmung des Geschlechts im Ei bald kommt. Besser man isst die Eier, als dass die männlichen Küken anschl. lebendig geschreddert werden. Man weiss was wie zu tun ist. Tut es. Ich zahle gern mehr.
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DieRoseInDerHose
01.02.2018 08:28registriert August 2016
“Die männlichen Küken müssen also nicht getötet werden, weil sie später zu Fleisch verarbeitet werden können”

Heute töte ich dich nicht.. aber morgen schon, morgen ist ok...

Nicht ok, die ganze Tierindustrie ist nicht ok. Ich kann nur jedem ans Herz legen, einen jeweiligen Eier- und allg. Fleischkauf nochmals zu überdenken.
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