Stell dir vor, du bist wuschig. Heute ist einer dieser Tage, an denen du einfach etwas Liebe brauchst. Vielleicht sind es die Pheromone in der Luft, vielleicht die wunderschöne Person, die am morgen an dir vorbei gelaufen ist. Deine Hormone spielen auf jeden Fall verrückt.
Du beschliesst, heute Abend an einen Hot-Spot der Brunstpartner-Suchenden zu gehen: Zum Beispiel ins Gonzo (für alle Nicht-Zürcher: Das Gonzo ist ein Club, in dem sich viele Leute gute Chancen für den Koitus ausrechnen). Marvin Gaye singt irgendwo in deinem Hinterkopf. Du bist bereit. Doch als du das Gonzo erreichst, fallen dir kurz darauf Hände und Beine ab.
Was nach einem schlecht inszenierten Horrorfilm klingt, ist für viele Krebse an der Küste von Louisiana bittere Realität. Eine Studie des Louisiana University Marine Consortium (LUMCON), die Ende August in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science erschien, hat die Fauna rund um die 2010 explodierte Ölplattform Deepwater Horizon untersucht.
Das LUMCON-Team untersuchte dabei den Meeresboden mit Kameras an ferngesteuerten Fahrzeugen in einem Abstand von 300 Metern zum Bohrlochkopf. Die Ergebnisse wurden mit Untersuchungen am selben Ort unmittelbar nach der Katastrophe von 2010 sowie mit aktuellen Daten aus anderen Teilen des Golfs verglichen.
Die Forscher entdeckten Scharen von Krebsen und Garnelen rund um die vor Erdöl triefende Pipeline. Insgesamt hat die Artenvielfalt jedoch ihren Tiefpunkt erreicht. Craig McClain, Direktor von LUMCON, sagte in einem Interview mit dem New Orleans Advocate:
Der Studie zufolge machten Garnelen und Krabben 92 Prozent der Tiere auf dem Gelände aus. Doch was machen die Krustentiere dort?
Sie suchen nach Liebe.
Laut den Forschern setzt das alte, zerfallene Erdöl Chemikalien frei, von dem sich die Krustentiere angezogen fühlen. Die Tiere verwechseln die Chemikalien mit Sexualhormonen und begeben sich deswegen auf die Suche nach potenziellen Partnern in der Umgebung. Doch anstatt sich fortpflanzen zu können, passiert eher das Gegenteil: Viele der Krabben waren von einem Ölfilm überzogen, Parasiten wucherten auf ihrer Schale. Auch fehlten den Krabben zum Teil ihre Scheren. Ohne diese können sie sich nicht vor Feinden schützen.
Ölbohrinseln und andere Tiefseestrukturen fungieren normalerweise als künstliche Riffe und ziehen eine Vielzahl von Meereslebewesen an. Dies ist bei Deepwater Horizon nicht der Fall. Die Rohrleitungen sind komplett unfruchtbar. Laut den Forschern von LUMCON regenerieren sich Flora und Fauna zudem langsamer als erwartet.
Es ist neun Jahre her, seit die Bohrplattform Deepwater Horizon des britischen Ölkonzerns BP im Golf von Mexiko in die Luft geflogen ist. Elf Arbeiter kamen dabei ums Leben. Die Explosion führte zu einem Leck, das während 87 Tagen rund 800 Millionen Liter Erdöl ins Meer spülte. Es war eine der schwersten Umweltkatastrophen dieser Art in der Geschichte.
Lullaby@20past
Ps: Das gute an der Story. Mir gefällt das neue Wort, das ich heute gelernt habe: wuschig.
Mimi Muppet