10.09.2019, 20:0111.09.2019, 16:24
Er ist der renommierteste Preis für Naturfotografie: Der «Wildlife Photographer of the Year»-Titel. Am 15. Oktober werden die Gesamtsieger im Naturhistorischen Museum von London bekannt gegeben. Kriterien für die Jury sind Kreativität, Originalität und technische Exzellenz. Am Wettbewerb nehmen sowohl Profi- als auch Hobbyfotografen teil.
Die diesjährigen Bilder beziehungsweise die Geschichten dahinter sind teilweise nichts für das zarte Gemüt:
Letzter Atemzug

Bild: Adrian Hirschi / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Adrian Hirschi, Schweiz
Highly Commended 2019, Verhalten: Säugetiere
«Ein Neugeborenes, nur wenige Tage alt, hielt sich in der Nähe seiner Mutter in den Untiefen des Kariba-Sees in Simbabwe auf, als ein grosser Bulle plötzlich einen Angriff startete. Er jagte die Mutter, dann ergriff er das Kalb, fest entschlossen, es zu töten. Die ganze Zeit schaute die verstörte Mutter zu. Adrians schnelle Reaktion fängt das schockierende Drama ein. Kindermord unter Flusspferden ist selten, kann aber durch den Stress verursacht werden, der durch Überbelegung verursacht wird, wenn ihre Tagesrastpools austrocknen.»
(Die Zitate sind gekürzte Versionen der Bildbeschreibungen des Natural History Museums. )
Der Süsswasserwald

Bild: Michel Roggo / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Michel Roggo, Schweiz
Highly Commended 2019, Pflanzen und Pilze
«Schlanke Stängel von Ährigen Tausendblättern steigen vom Boden des Neuenburgersees in die Höhe. Michel hat weltweit Süsswasserregionen fotografiert, aber dies war das erste Mal, dass er in dem See getaucht ist, der seinem Zuhause am nächsten liegt. Er schwamm in der Nähe der Oberfläche, als er einen riesigen Hecht entdeckte, der in der Vegetation darunter verschwand. Ganz langsam sank er für einen genaueren Blick hinunter. Als er den Grund erreichte, befand er sich in einem ‹Unterwasserdschungel mit endloser Aussicht›. Michel komponierte sein Bild mit einem Weitwinkel, um das Gefühl zu vermitteln, von einem Waldboden aus hochzublicken.»
Wenn Pinguine fliegen könnten

Bild: Eduardo Del Álamo / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Eduardo Del Álamo, Spanien
Highly Commended 2019, Verhalten: Säugetiere
«Ein Eselspinguin – der schnellste Unterwasserschwimmer aller Pinguine – flieht um sein Leben, als ein Seeleopard aus dem Wasser springt. Eduard hatte es geahnt. Er hatte den Pinguin entdeckt, der auf einer kleinen Eisscholle lag. Und er hatte auch gesehen, wie der Seeleopard patrouillierte. Als Eduardos Schlauchboot auf den Pinguin zusteuerte, schwamm der Seeleopard direkt unter dem Boot durch, kurz darauf stürzte er mit offenem Mund aus dem Wasser. Der Pinguin schaffte es zwar vom Eis, aber der Seeleopard gibt nicht auf: Für mehr als 15 Minuten verfolgt er den Pinguin, bevor er ihn schliesslich fängt und isst.»
Der grosse Katzen- und Hundestreit

Bild: Peter Haygarth / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Peter Haygarth, Grossbritannien
Highly Commended 2019, Verhalten: Säugetiere
«Ein einzelner männlicher Gepard wird von einem Rudel afrikanischer Wildhunde angegriffen. Peter war den Hunden mit dem Auto gefolgt, als sie im Zimanga Wildpark, KwaZulu-Natal, Südafrika, jagten. Ein Warzenschwein war gerade vor dem Rudel geflohen, als die führenden Hunde auf die grosse Katze stiessen. Zuerst waren die Hunde vorsichtig, aber als der Rest des 12-köpfigen Rudels ankam, wuchs ihr Selbstvertrauen. Sie begannen, die Katze zu umkreisen. Der eher ältere Gepard zischte und stürzte sich auf den Mob. In wenigen Minuten war der Streit vorbei: Der Gepard floh.»
Der Haarnetz-Kokon

Bild: Minghui Yuon / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Minghui Yuan, China
Highly Commended 2019, Verhalten: Wirbellose
«Minghui stand seitlich an der Wand des WCs, sein Gesicht und seine Kamera gegen ihn gedrückt, und konzentrierte sich auf den bemerkenswerten Kokon einer Cynamoth-Puppe. Normalerweise verpuppen sie sich an einem Baumstamm oder Felsen, wie sie im Regenwald von Xishuangbanna im Südwesten Chinas oft vorkommen. Aber diese Raupe hatte sich für eine Toilettenwand entschieden.»
Vordach-Treffpunkt

Bild: Carlos Pérez Naval / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Carlos Pérez Naval, Spanien
Highly Commended 2019, Young Wildlife Photographers: 11-14 Jahre alt
«Als Carlos' Familie eine Reise in Panamas Soberanía-Nationalpark plante, standen die Faultiere ganz oben auf der Agenda. Sie wurden nicht enttäuscht: Mehrere Tage lang konnte Carlos von einer Aussichtsplattform des Parks aus nicht nur Vögel, sondern auch dieses Braunkehl-Faultier fotografieren.»
Berührendes Vertrauen

Bild: Thomas P. Peschak / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Thomas P. Peschak, Deutschland/Südafrika
Highly Commended 2019, Wildlife Fotojournalismus
«Ein neugieriger junger Grauwal nähert sich Händen, die von einem Touristenboot aus nach unten greifen. In der Lagune von San Ignacio, an der Küste der mexikanischen Baja California, suchen Grauwale und ihre Mütter aktiv Kontakt mit Menschen. Für Tom P. Peschak, einen erfahrenen Marinefotografen und Biologen, war ein Wal, der Streicheleinheiten verlangte und so nahe kam, eine Premiere.»
Strandabfälle
Fotografiert von Matthew Ware, USA
Highly Commended 2019, Wildlife Photojournalismus

Bild: Matthew Ware / Wildlife Photographer of the Year
«Aus der Ferne sah die Strandszene in Alabamas Bon Secour National Wildlife Refuge attraktiv aus: blauer Himmel, weicher Sand und eine Atlantik-Bastardschildkröte. Aber als Matthew und das Strandpatrouillenteam näher kamen, konnten sie die tödliche Schlinge um den Schildkrötenhals sehen, die an dem angespülten Strandstuhl befestigt war. Die Atlantik-Bastardschildkröte ist nicht nur eine der kleinsten Meeresschildkröten – mit nur 65 Zentimetern Länge ist sie auch die am meisten gefährdete.»
Die Mauer der Schande

Bild: Jo-AnneMcArthur / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Jo-Anne McArthur, Kanada
Highly Commended 2019, Wildlife Fotojournalismus
«Häute von Klapperschlangen sind an eine weisse Wand geklebt. Um sie herum signierte blutige Handabdrücke. Triumphale Markierungen derer, die die Schlangen beim jährlichen «Klapperschlangen round up» in Sweetwater, Texas, enthäutet haben. Jedes Jahr werden für dieses viertägige Festival Zehntausende von Klapperschlangen gefangen. Sie werden in schlechtem Zustand gehalten, bevor sie zum Festival gebracht werden. Dort werden die Schlangen dann als Unterhaltung für die Festivalbesucher enthauptet, die dafür bezahlen, sie zu häuten. Was Jo-Anne an diesem Bild am beunruhigendsten fand: Dass so viele der blutigen Handabdrücke Kindern gehörten.»
Schlafen wie ein Weddell

Bild: Rolf Schneider / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Ralf Schneider
Highly Commended 2019, Schwarz-Weiss
«Die Wedellrobbe schloss die Augen und schien in einen tiefen Schlaf zu fallen. Auf dem Eis vor dem Larsen Harbour, Südgeorgien, war es relativ sicher vor Raubtieren und so konnte sie sich vollständig entspannen. Weddellrobben sind die südlichsten Brutsäuger der Welt und bevölkern Küstenlebensräume rund um den antarktischen Kontinent. Ralf schoss das Foto von einem Schlauchboot aus. Er umrahmte die schlafende Robbe eng, wobei er die weisse Kulisse aus Eis und weichem Licht vom bedeckten Himmel benutzte, um die Wirkung eines Studioporträts nachzuahmen.»
Glücksfall

Bild: Jason Bantle / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Jason Bantle, Kanada
Highly Commended 2019, Urban Wildlife
«Eine Waschbär-Dame stösst ihr banditenmaskiertes Gesicht aus einem Ford Pinto auf einer verlassenen Farm in Saskatchewan, Kanada. Auf dem Rücksitz trillern ihre fünf verspielten Kids vor Aufregung. Fotograf Jason wartete still in einem nahegelegenen Versteck, seit Jahren hatte er jeden Sommer auf diese Chance gehofft. Der einzige Zugang zum Auto erfolgt durch das kleine Loch in der Windschutzscheibe. Die Lücke war stumpfkantig, aber zu schmal für einen Kojoten (das gefährlichste Raubtier für Waschbären in der Gegend), was das Auto zu einem idealen Rückzugsort für die Waschbärenfamilie macht.»
Quallenbaby

Bild: Fabien Michenet / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Fabien Michenet, Frankreich
Highly Commended 2019, Unterwasser
«Eine jugendliche Makrele schaut aus dem Inneren einer kleinen Qualle vor Tahiti in Französisch-Polynesien heraus. Da der Fisch sich nirgendwo im offenen Meer verstecken kann, hat er die Qualle als Unterschlupf benutzt. Tauchen im offenen Wasser bei Dunkelheit – hier in 20 Metern Tiefe – ist Fabiens Spezialität. Fabien driftete mit der Qualle und seinem Reiter und kombinierte alle Elemente seiner Komposition im richtigen Moment.»
Der Klettertod

Bild: Frank Deschandol / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Frank Deschandol
Highly Commended 2019, Pflanzen und Pilze
«Auf einer nächtlichen Exkursion im peruanischen Amazonas-Regenwald entdeckte Frank diesen bizarr aussehenden Rüsselkäfer, der sich an einen Farnstamm klammerte. An seinen glasigen Augen erkennt man, dass er tot ist. Die drei antennenartigen Vorsprünge, die aus seinem Brustkorb herauswachsen, sind die reifen Fruchtkörper eines ‹Zombie-Pilzes›. Frank fokussierte auf den Rüsselkäferkopf, um seine charakteristische längliche Schnauze zu zeigen, und isolierte den Pilz vor einem weichen Hintergrund, um die Kapseln zu betonen. Am nächsten Tag waren die Sporen freigesetzt worden und der Pilz verwelkt, seine Mission war erfüllt.»
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Kühlendes Getränk
Fotografiert von Diana Rebman, USA
Highly Commended 2019, Verhalten: Vögel

Bild: Diana Rebman / Wildlife Photographer of the Year
«An einem bitterkalten Morgen auf der japanischen Insel Hokkaido stiess Diana auf diese entzückende Szene: Eine Schar von Langschwanz- und Sumpfmeisen sammelte sich um einen langen Eiszapfen. Sie knabberten abwechselnd an der Spitze. Hier schwebt eine Hokkaido-Langschwanzmeise für einen Bruchteil einer Sekunde, um ein Stück abzukneifen.»
Ring des Lebens

Bild: Alexander Mustard / Wildlife Photographer of the Year
Fotografiert von Alex Mustard, UK
Highly commended 2019, Schwarz-Weiss
«Im klaren Wasser des Roten Meeres kreist ein Makrelen-Schwarm am Rande des Riffes. Seit 20 Jahren reist Alex hierher, nach Ras Mohammad – einem Nationalpark an der Spitze der ägyptischen Sinai-Halbinsel, um die im Sommer laichenden Riff-Fischen zu fotografieren. Alex fotografierte die Form des Schwarmes vor dem tiefblauen Wasser, wobei die Fische das Licht der Sonne und seine Blitze reflektierten.»
(mim/mlu)
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Das arme kleine Flusspferdchen tut mir so leid. Möge es in den ewigen Flusspferdchengründen planschen ♥