Tim Cook ist schwul. Das Outing einer prominenten Person sollte im Jahre 2014 eigentlich kaum noch zu reden geben. Entsprechende Reaktionen sind jedoch immer wieder aufschlussreich: Nachdem sich der Apple-Chef geoutet hatte, folgten auch da wieder Tweets, Kommentare und Beleidigungen von tiefstem Niveau.
Christiane Hanna Henkel, US-Wirtschaftskorrespondentin der «Neuen Zürcher Zeitung», hätte das Outing kommentieren sollen. Resultat waren jedoch eine Kritik an Cooks Vorgehen und ein abstruser Vorwurf von Machtmissbrauch: «Er ist ein herausragender Manager, aber er missbraucht seine Macht, wenn er als Chef von einem der am meisten beachteten Konzerne der Welt seine sexuelle Orientierung zum Thema macht. Das ist nicht Bestandteil seiner Aufgabe.»
Die NZZ, die sonst als liberale Zeitung bekannt ist, musste am Freitagmorgen einen Shitstorm in den sozialen Medien gewärtigen. Die User kritisierten den Text als homophob oder warfen der Autorin vor, sie hätte das Outing falsch verstanden.
Ein Coming Out misszuverstehen und beleidigt zu sein, ist gar nicht so schwer wie @HannaHenkel von der @NZZ beweist: http://t.co/11VwmlXkCC
— Deef Pirmasens (@Deef) 31. Oktober 2014
Die @nzz mit @HannaHenkel auf dem Niveau von wenig gelesenen Blogs: Tim Cook "missbrauche seine Macht".
http://t.co/32FlxBfwwM
— Philippe Wampfler (@phwampfler) 31. Oktober 2014
.@HannaHenkel Wissen Sie, was Machtmißbrauch ist? Wegen seiner sexuellen Identität gefeuert zu werden. Legal in 29 US-Bundesstaaten.
— Pavel Lokshin (@lokshin) 31. Oktober 2014
Dank @HannaHenkel wiesen wir nun auch, das ein Coming-Out von Arroganz zeugt. @NZZ geht offensichtlich richtung @Weltwoche
— Marcel Bührig (@marcelbuehrig) 31. Oktober 2014
Selbstbewusstsein mit Arroganz verwechseln kommt gerne vor, wenn der eigene Lebensentwurf in Frage gestellt scheint. @HannaHenkel @NZZ
— Michèle Meyer (@rentapwha) 31. Oktober 2014
Stunden später folgte die Entschuldigung von NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann.
#Cook #nzz Unser Kommentar ist Fehlleistung. Kontrolle versagt. Bedaure das. Sexuelle Orientierung ist Menschenrecht. Auch für Apple-Chef.
— Markus Spillmann (@SpillmannNZZ) 31. Oktober 2014
In der längeren Fassung auf Facebook bedauerte er die Publikation des Textes. Die Argumente im Kommentar von Henkel seien absurd und würden von «mangelnder Toleranz» und «stigmatisierendem Umgang mit Schwulen und Lesben» zeugen. «Dass er nun zum Schwulsein steht, zeugt von Mut», schreibt Spillmann in seiner Entschuldigung. Der Kommentar von Henkel sei definitiv nicht die Haltung einer «auch in gesellschaftlichen Fragen liberalen Stimme wie jener der NZZ». (pma)