Der Europarat gilt als einer der «Hüter der Menschenrechte»: Er hat institutionell nichts mit der EU zu tun, sondern dient dem Schutz der Menschenrechte: Seine bekannteste Institution ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg. Beinahe alle europäischen Länder, inklusive Schweiz und Russland, sind ihm angeschlossen.
Das Ministerkomitee hat am Freitag einen gewichtigen Entscheid gefällt und Russland offiziell «suspendiert». Begründet wird der Entscheid mit der russischen Attacke auf die Ukraine und hat bedeutende Konsequenzen: Russland verliert per sofort alle Repräsentationsrechte im Ministerkomitee und in der Parlamentarischen Versammlung.
Russland wurde im Europarat auf Exekutivebene von Aussenminister Sergej Lawrow vertreten: Er darf nicht mehr im Ministerrat teilnehmen und verliert sein Mitspracherecht. Den russischen Vertreterinnen und Vertreter in der parlamentarischen Versammlung wurde ebenfalls die Repräsentationsmöglichkeit entzogen.
Was den Schutz der Menschenrechte betrifft, ändert sich jedoch nichts: Die russischen Richterinnen und Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bleiben weiterhin im Amt. Bürgerinnen und Bürger können zudem weiterhin Beschwerden gegen Russland einreichen. Die Suspendierung betrifft nur die Mitspracherechte, nicht jedoch die Mitgliedschaft Russlands an sich.
Offiziell ist unbekannt, wie die Schweiz beim Entscheid stimmte. Die Abstimmungen seien vertraulich, heisst es vom Eidgenössischen Aussendepartement (EDA) in Bern. Der «Spiegel» legte jedoch offen, dass nur zwei Staaten (Armenien und Russland) dagegen stimmten und sich einzig die Türkei enthielt. Damit gehört die Schweiz zu den 42 Staaten, die für die Suspendierung stimmten.
Das Ministerkomitee des Europarats verurteilte zuvor den bewaffneten Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine «auf das Schärfste». Der Europarat anerkennt zudem weiterhin die «territoriale Integrität der Ukraine in den international anerkannten Grenzen» – sprich: allfällige Menschenrechtsverletzungen, die in den ostukrainischen Kriegsgebieten stattfinden würden, müssten zuvor bei ukrainischen Gerichten eingereicht werden.
Russland behauptete zuvor, dass solche Menschenrechtsverletzungen stattgefunden hätten. Aussenminister Sergej Lawrow kündigte gar an, den Vereinten Nationen Beweise für den behaupteten «Genozid» in der Ostukraine vorzulegen. Weder die Vereinten Nationen, noch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, lieferten bislang Hinweise, die Lawrows Behauptungen bestätigen.
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte etwa: «Dieser Krieg macht keinen Sinn. Er verletzt die Prinzipien der Charta.» Gemeint ist etwa der Bezug auf den Artikel 51, in dem für den Fall eines bewaffneten Angriffs das Recht auf «individuelle oder kollektive Selbstverteidigung» garantiert wird. Expertinnen und Experten des Völkerrechts verneinen, dass die Voraussetzungen dafür in der Ostukraine gegeben war.