Die SVP will verhindern, dass der Nationalrat nächste Woche sich zur Ukraine-Krise äussert. Die geplante «Erklärung» verurteilt den Krieg und fordert vom Bundesrat schärfere Sanktionen.
25.02.2022, 19:0826.02.2022, 10:54
Nächste Woche startet in Bundesbern die Frühlingssession des eidgenössischen Parlaments. Der Krieg in der Ukraine wird auch dort thematisiert werden: Der Nationalrat plant derzeit gar eine eine offizielle «Erklärung», in der die schweizerische Volksvertretung den sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine fordert.
Pikant am Erklärungsentwurf ist der letzte Punkt: Der Nationalrat soll offiziell den Bundesrat auffordern, «den Druck auf Russland zu erhöhen, indem sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland anschliesst». Die Schweiz als wichtigster Rohstoffhandelsplatz und bedeutender Standort für Finanzdienstleistungen für russische Konzerne müsse entsprechend Verantwortung übernehmen, heisst es im Text.
Hinter der Idee für eine offizielle «Erklärung des Nationalrats» steckt die Staatspolitische Kommission. Sie hat am Freitagabend einen Text-Entwurf (siehe unten) mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Dagegen stellen sich einzig Vertreterinnen und Vertreter der SVP: Sie wollen nächste Woche verhindern, dass der Nationalrat eine solche Erklärung abgibt. Die SVP-Mitglieder sprechen sich damit für eine «strikte Neutralität» aus, wie Kommissionspräsident und Nationalrat Marco Romano (Mitte/TI) auf Anfrage von watson verrät.
Die bislang zögerliche Haltung des Bundesrates sorgte international, schweizweit und bei der Zivilgesellschaft für Kritik. Am Freitag haben innerhalb weniger Stunden über 30'000 Personen eine Petition der SP unterschrieben, in der von der Schweiz die Übernahme der EU-Sanktionen gefordert wird. Für den morgigen Samstag wurde in Bern zudem zu einer nationalen Kundgebung aufgerufen. Erwartet werden bei der bewilligten Demonstration durch die Berner Innenstadt einige tausend Menschen.
Bundespräsident Ignazio Cassis über Ukraine
Video: watson/een
Entwurf der Erklärung
Für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine!
Der Nationalrat,
- Bestürzt über das menschliche Leid, welches durch die russische Aggression gegen die Ukraine verursacht wird;
- Überzeugt, dass ein unilateraler Angriffskrieg niemals ein Mittel der Politik sein darf und einem im 21. Jahrhundert agierenden Staat unwürdig ist;
- Besorgt darüber, dass die Werte der friedlichen Koexistenz der Völker, der Demokratie und der Menschenrechte, die in Europa und der Welt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefördert wurden, durch diese Aggression auf schwerwiegende Weise in Frage gestellt werden;
- Entschlossen, sich zusammen mit der internationalen Staatengemeinschaft für eine baldige Rückkehr des Friedens in der Ukraine einzusetzen;
gestützt auf Artikel 32 seines Geschäftsreglements (GRN; SR 171.13);
- Verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der politischen und militärischen Führung Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste;
- Fordert die politische und militärische Führung Russlands und alle weiteren Konfliktparteien auf, einen sofortigen Waffenstillstand zu vereinbaren;
- Unterstreicht die zentrale Wichtigkeit des auf dem Völkerrecht beruhenden globalen Sicherheitssystems;
- Appelliert an alle Konfliktparteien, und insbesondere an die politische und militärische Führung Russlands, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren;
- Solidarisiert sich mit den Menschen der Ukraine und fordert, die Bevölkerung der Ukraine mit humanitärer Hilfe zu unterstützen;
- Fordert den Bundesrat auf, den Druck auf Russland zu erhöhen, indem sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland anschliesst. Die Schweiz als wichtigster Rohstoffhandelsplatz und bedeutender Standort für Finanzdienstleistungen für russische Konzerne muss entsprechend Verantwortung übernehmen.
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