Schweiz
Justiz

Lugano: 20 Jugendliche verhaftet: Selbstjustiz wegen Pädophilie

18 Jugendliche im Tessin verhaftet: Sie verübten Selbstjustiz

Mit fiktiven Datingprofilen fädelten 18 minderjährige Jugendliche und ein 18-Jähriger vermeintliche Sextreffen mit Erwachsenen ein. Jetzt wurden sie von der Polizei verhaftet. Zahlreiche Delikte stehen im Raum.
05.10.2024, 06:5005.10.2024, 06:55
Kari Kälin / ch media
Mehr «Schweiz»
Die Stadt Lugano, im Hintergrund der Luganersee und der Monte San Salvatore. Unten, von links, der Ciani-Park, die Villa Ciani mit Blick auf den See und hinter der Villa der Palazzo dei Congressi, am  ...
Blick auf die Stadt Lugano mit dem San Salvatore im Hintergrund: Jugendliche lockten einen Erwachsenen in einen Park in der Nähe des Bahnhofs in eine Falle.Bild: keystone

Im vergangenen Mai verabredete sich ein 49-jähriger Italiener mit einem Minderjährigen in einem Park in der Nähe des Bahnhofs von Lugano. Sie hatten über eine Dating-App einen Sexualkontakt in der Wohnung des Jungen vereinbart.

Dazu kommt es nicht. Als der Mann im Park auftaucht, prügeln vier Jugendliche auf ihn ein. Sie hatten ihn in eine Falle gelockt. Noch am gleichen Tag nimmt die Polizei den Italiener fest.

Jetzt hat ihn ein Gericht wegen versuchten sexuellen Handlungen mit Minderjährigen zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt, wie der «Corriere del Ticino» am Donnerstag berichtete. Er kassierte zudem einen Landesverweis von fünf Jahren. «Er hat mir gesagt, er sei 14 Jahre alt. Von diesem Moment an habe ich mich falsch verhalten», sagte der Italiener, der beim Angriff durch die Jugendlichen Kopfverletzungen erlitt.

Gemäss dem Artikel ging es den Jugendlichen um Selbstjustiz: Sie wollten Pädophile bekämpfen. Jetzt wird klar, dass hinter dem Fall eine viel grössere Geschichte steckt, als bisher bekannt war. Am Freitag teilte die Tessiner Kantonspolizei mit, sie habe zwischen dem 1. und 3. Oktober in einer grösseren Operation im Raum Lugano 18 Minderjährige im Alter von 14 bis 17 Jahren und einen 18-Jährigen verhaftet. Die Ermittlungen werden durch die Jugendanwaltschaft koordiniert.

Wie die Polizei mitteilt, werden die Jugendlichen folgender Delikte verdächtigt: schwere Körperverletzung, Angriff, Nötigung, Raub, Freiheitsberaubung und Erpressung.

Fiktive Profile in sozialen Medien

Laut ersten Erkenntnissen kreierten die Jugendlichen in sozialen Medien fiktive Profile, um Sextreffen mit Erwachsenen aufzugleisen – um sie dann auf eigene Faust zu bestrafen. Die Jugendlichen filmten ihre Taten und teilten sie mit Dritten. Der Polizei gelang es, einige mutmassliche Täter zu identifizieren und darauf das Vorgehen der Gruppe zu rekonstruieren. Die Ermittler prüfen derweil auch, ob sich jene Erwachsenen, die mit den Jugendlichen in Kontakt traten, eventuell strafbar gemacht haben.

Den Behörden sei das Phänomen der jugendlichen Selbstjustiz bekannt, schreibt der «Corriere del Ticino». Die Polizei betont in ihrer Mitteilung, es sei wichtig, mögliche Problematiken oder Delikte immer der Polizei zu melden – anstatt sich selber potenziell in Gefahr zu bringen und strafbare Handlungen zu begehen. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
71 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Nix sagen
05.10.2024 07:52registriert August 2020
Klingt für mich eher nach Rambos die einen legitimen (vermeintlich) Grund suchen, andere zu verprügeln. Warum nicht den Täter locken und direkt davor die Polizei informieren?
13549
Melden
Zum Kommentar
avatar
redeye70
05.10.2024 07:12registriert Mai 2016
Bei Selbstjustiz versteht der Staat keinen Spass. Das wird Folgen haben für die Jugendlichen. Keine gute Idee, trotz der hehren Absicht.
856
Melden
Zum Kommentar
avatar
PlusUltra
05.10.2024 09:15registriert Juni 2019
Ging es hier wirklich um Selbstjustiz? Die vorgeworfenen Delikte lesen sich für mich eher so, als hätten sich die Jugendlichen Opfer gesucht, die ihrerseits nicht zur Polizei gehen (aus Gründen). Und sich an ihnen finanziell bereichert.
656
Melden
Zum Kommentar
71
Der neue Kindsgi-Bändel auf dem Weg in die Geschichte der Design-Fails
Niemand mag ihn.
In Bern und Zürich wurden rund 50'000 neue TCS-Kindergarten-Leuchtbändel, hier auch liebevoll «Lüchzgi» genannt, verteilt. Das neue Modell soll mit seinen zusätzlichen Leuchtflächen die Sichtbarkeit der Kleinen erhöhen und so der EU-Sicherheitsnorm gerecht werden.
Zur Story