Die Frau, die im Februar 2022 ihre achtjährige Tochter in einem Wald bei Bern umgebracht haben soll, müsse zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Das hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in ihrem Plädoyer vor dem erstinstanzlichen Gericht in Bern gefordert.
Die Frau selber bestreitet die Tat. «Ich weiss, dass ich es nicht war», beteuerte die Angeklagte am Mittwoch vor dem erstinstanzlichen Regionalgericht Bern. Sie äusserte den Verdacht, dass allenfalls einer ihrer Ex-Partner dem Kind aufgelauert haben könnte.
Sie habe ihre Tochter über alles geliebt, sagte die Frau vor Gericht unter Tränen. Sie habe gearbeitet, damit genug Geld da war und sie habe freie Zeit mit ihrer Tochter verbracht. Hunderte Fotos auf dem Mobiltelefon der Frau dokumentierten die liebevolle Beziehung von Mutter und Kind, führte ihr Anwalt ins Feld.
Einige Wochen vor der Tat war die Frau von ihrem damaligen Partner verlassen worden. Sie sei in dieser Zeit sicher verletzlich und dünnhäutig gewesen, sagte sie. Aber sie habe ihrer Tochter nie den Eindruck vermitteln wollen, sie sei unerwünscht oder störe.
Genau dies wirft die Staatsanwaltschaft der Angeklagten vor. Das Kind habe die alleinerziehende Mutter überfordert, sie habe ihrem Bedürfnis nach Ausgang und Party nicht mehr nachleben können. Letztlich habe die Frau ihre achtjährige Tochter aus äusserst egoistischen Motiven hinterhältig ermordet.
Die Mutter habe ihre Tochter bei Beginnen der Dämmerung unter einem Vorwand in den Nahen Könizbergwald gelockt, zu einem kleinen Versteck aus Ästen, das sie gemeinsam vor einiger Zeit gebaut hatten.
Ein damals zwölfjähriger Junge sagte später bei der Polizei aus, er habe Mutter und Tochter auf dem Weg in den Wald gesehen. Im Wald habe die Mutter mit einem schweren Stein auf den Kopf des Mädchens eingeschlagen.
Der beim Tatort gefundene Stein passe zu den Verletzungen am Kopf des Kindes. Am Stein hätten sich Blut und Haare des Kindes gefunden und in einer Nebenkomponente auch DNA-Spuren der Mutter, führte die Staatsanwaltschaft aus.
Nach der Tat habe die Frau so getan, als wäre die Kleine von einem Besuch bei Freunden nicht nach Hause gekommen. Zusammen mit der Grossmutter suchte die Angeklagte dann mutmasslich nach dem Kind. Beim Versteck im Wald fanden sie das leblose Mädchen und alarmierten die Ambulanz.
Sie wisse auch nicht, wer das Mädchen getötet haben könnte, sagte die Angeklagte vor Gericht unter Tränen. Jemand, der so etwas mache «muss doch krank sein», sagte die Frau. Nicht unbedingt, hielt der psychiatrische Sachverständige vor Gericht fest. Auch Menschen ohne eine psychische Störung seien zu solchen Gewalttaten fähig.
Die Angeklagte leide unter keinen grösseren psychischen Störungen, führte der Gutachter weiter aus. Es gebe eine Akzentuierung in der Persönlichkeit der Frau, die aber unter der Schwelle einer Störung liege. Die Frau stamme aus einen wertkonservativen Umfeld, habe aber auch einen grossen Freiheitsdrang. Das könne innere Konflikte hervorrufen. In Partnerschaften habe es die Frau nicht leicht. Ansonsten funktioniere sie im Alltag gut.
Die Angeklagte sprach auch von Gewalt in ihrem eigenen Elternhaus, die sie als Kind als schlimm erlebt habe. Ihr Bruder hielt vor Gericht hingegen fest, dass die Angeklagte nicht die Wahrheit sage. Klar, habe es manchmal einen «Chlapf» gegeben, wenn man etwas angestellt habe, räumte der Mann ein. Doch seine Schwester habe sich in diese Gewaltgeschichte hineingesteigert, wohl weil sie gemerkt habe, dass sie damit Mitleid erheischen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen könne.
Das Plädoyer der Verteidigung und der Urteilsspruch folgen am 13. Juni. (sda)