Es war zunächst ein normaler, feuchtfröhlicher Abend zwischen drei Freunden. Ein Mann war zu Besuch in der Wohnung seines Bekannten, auch dessen Partnerin war dabei. Die drei, allesamt um die 30 Jahre alt, tranken Bier, irgendwann wurde auch ein Joint rumgereicht. Ausserdem fachsimpelten die beiden Männer rege – über Waffen, denn beide kennen sich damit aus.
Gegen zwei Uhr an jenem Septemberabend fiel dann plötzlich der Schuss: Der Gast hielt sich dabei eine Glock-21-Pistole an seine eigene Wange, sprach von «Russischem Roulette» und drückte schliesslich ab. Dass sich der Mann selber in den Kopf schoss, steht dabei fest. Ebenso fest steht, dass mit dieser Waffe «Russisches Roulette» im ursprünglichen Sinne gar nicht möglich gewesen wäre. Denn: Dafür bräuchte es eine Trommel – in die dann eine einzige Patrone gelegt wird und die gedreht werden kann – und nicht ein Magazin.
Infolge des Kopfschusses schwebte der Mann in akuter Lebensgefahr. Dank einer raschen neurochirurgischen Notoperation überlebte er. Doch die Kugel wurde quer durch seinen Kopf geschossen, bevor sie durch die Stirn wieder austrat und in die Decke einschlug. Als Folge hat der Mann auf einem Auge das Sehlicht verloren, ausserdem muss er seither mit weiteren neurologischen Schäden leben: Er hat seinen Geruchssinn komplett verloren und muss bis an sein Lebensende mit einer künstlichen Schädeldecke auskommen.
Wie genau es allerdings zum «Roulette-Schuss» kam, ist noch unklar. Denn von der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung angeklagt ist nun der Gastgeber – ihm gehört die Glock-21-Pistole. Die Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft schildert zwei verschiedene Eventualsachverhalte. Das deutet darauf hin, dass aufgrund der Zeugenaussagen nicht klar geworden ist, wie die Waffe genau in die Hände des Gastes gelangte und – vor allem – wer die Waffe mit dem Magazin samt den elf Patronen geladen hatte.
Das Strafgericht Baselland in Muttenz wird ab Dienstag darüber befinden müssen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Gastgeber dabei vor, seine Pflicht verletzt zu haben, die «Waffe sorgfältig aufzubewahren und sie vor dem unberechtigten Zugriff Dritter zu schützen». Aufgrund seiner militärischen Erfahrung solle er eigentlich wissen, wie man mit Waffen umzugehen hat – und die Gefahr einer Schussabgabe an einem solchen Abend erkennen. Zudem ist der 34-Jährige wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz angeklagt; die Polizei fand bei ihm zwei verbotene Schlagringe.
Der verletzte Mann hat gegen seinen Bekannten drei Wochen nach dem Vorfall Strafantrag eingereicht. Er macht dabei eine Zivilforderung geltend und fordert sowohl eine Entschädigung als auch eine Genugtuung. Die Höhe des Betrags ist noch unbekannt. (lak)
Schiesst sich einer selber in den Kopf und verlangt dann Entschädigung und Genugtuung.