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Freundin (12) für Vergewaltigungen ausgeliehen: «Loverboy» verurteilt

Freundin (12) für Vergewaltigungen ausgeliehen: Winterthurer «Loverboy» muss ins Gefängnis

08.07.2022, 11:4208.07.2022, 16:55
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Das Bezirksgericht Winterthur hat am Freitag einen heute 21-jährigen, sogenannten «Loverboy» zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte ein zwölfjähriges Mädchen seinen «Bros» für Vergewaltigungen zur Verfügung gestellt.

BILDPAKET -- ZUM JAHRESRUECKBLICK 2018 OKTOBER, STELLEN WIR IHNEN HEUTE FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- Blick auf den Eingang des Winterthurer Bezirksgericht, aufgenommen am Montag, 1. Oktobe ...
Das Bezirksgericht in Winterthur. (Archivbild)Bild: KEYSTONE

Für das Gericht war klar, dass der Sex zwischen dem Mädchen und den «Bros» nicht freiwillig war. «Sie haben das alles organisiert und befohlen», sagte der Richter zum Verurteilten. Es gebe keinerlei Zweifel an den Aussagen des heute 17-jährigen Opfers.

Das damals zwölfjährige Mädchen sei unsterblich in den vier Jahre älteren Jugendlichen verliebt gewesen und habe alles für ihn gemacht. Dieses Machtgefälle habe der Verurteilte zwar nicht aktiv geschaffen. Aber er habe es rasch erkannt und für sich und seine Kollegen ausgenutzt, sagte der Richter weiter.

Während der Verhandlung behaupteten der «Loverboy» und seine sechs Freunde, dass das Mädchen immer freiwillig mitgemacht habe und sie «doch alle miteinander Spass gehabt» hätten. Vor Gericht stünden sie nur, weil es in seinem Umfeld nun nicht als Flittchen gelten wollte.

«Nur die Männer hatten Spass»

Das Gericht kam zu einem anderen Schluss, nur schon weil es von einer Massenvergewaltigung ein Video gibt, «das wir uns leider ansehen mussten», sagte der Richter. «Man sieht auf den Aufnahmen genau, dass das Opfer keineswegs mit Vergnügen und Lust dabei war. Die Einzigen, die hier Spass hatten, waren die Männer.»

Als die Männer ihren Orgasmus hatten, liessen sie das Mädchen auf dem Boden liegend zurück. Dort wartete es alleine, bis frühmorgens der erste Zug fuhr und sie nach Hause konnte. Der Richter bezeichnete dieses ganze Verhalten als «absolut niederträchtig».

Fünf Jahre Kontaktverbot

Neben der Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verhängte das Gericht für den Haupttäter auch noch eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen von 30 Franken. Zudem muss er dem Opfer eine Genugtuung von 50'000 Franken zahlen und darf fünf Jahre lang keinen Kontakt zu ihm haben. Wegen Fluchtgefahr bleibt er in Sicherheitshaft.

Eine Massnahme für junge Erwachsene, wo er eine Lehre hätte machen können, hielt das Gericht nicht für zielführend. Der Verurteilte verweigere jede Mitarbeit. «Das ist nicht nur schade, sondern auch nicht besonders intelligent.» Nun muss er ins «normale» Gefängnis.

Mädchen musste Familie bestehlen

Der Sexualstraftäter wurde wegen 16 einzelnen Straftatbeständen verurteilt, die gravierendsten sind Menschenhandel, Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit Kindern. Verurteilt wurde er aber auch wegen Vermögensdelikten: Innerhalb von zwei Jahren brachte er das Mädchen dazu, von seiner Familie insgesamt 15'000 Franken zu stehlen. Brachte sie ihm kein Geld, schlug er sie zusammen.

Einmal gab sie ihrem «Freund» deshalb das Feriengeld der Familie, rund 1000 Franken. In anderen Fällen musste sie mit ihm Kleider und Schuhe shoppen gehen, wobei sie die Kreditkarte der Mutter nutzte.

Bedingte Freiheitsstrafen für die «Bros»

Verurteilt wurden am Freitag auch seine sechs «Bros», also seine Freunde, denen er das Mädchen «zur Verfügung stellte». Die drei, die zum Zeitpunkt der Vergewaltigungen selber noch minderjährig waren, verurteilte das Gericht zu bedingten Freiheitsstrafen zwischen neun und zwölf Monaten.

Die drei, die beim Missbrauch der Zwölfjährigen schon volljährig waren, müssen hingegen ins Gefängnis. Sie wurden zu unbedingten Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und zehn Monaten und fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Diese drei Täter erhielten zudem ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen.

Zwei von ihnen werden zudem für sieben, respektive acht Jahre des Landes verwiesen. Das Gericht verurteilte die «Bros» unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Handlungen mit Kindern. Sie alle hätten gewusst, dass das Mädchen nicht freiwillig mitmache, sagte der Richter. «Und auch, wie jung es ist.»

Die sieben Verurteilten müssen der jungen Frau insgesamt 117'000 Franken Genugtuung zahlen.

Der Fall in Winterthur ist ein drastisches Beispiel der sogenannten «Loverboy»-Missbrauchsform. «Loverboys» sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, manipulieren, abhängig machen und ausbeuten. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen. (sda)

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60 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sheep
08.07.2022 13:08registriert November 2015
Der Begriff "Loverboy" wird für diese Straftatbestände immer noch recht häufig verwendet. Ich bin jedoch der Meinung, er ist extrem verharmlosend und sollte deswegen vermieden werden. Der Mann ist ein Vergewaltiger und hat ein Kind zwangsprostituiert!
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nicooo
08.07.2022 11:53registriert Dezember 2020
Unvorstellbar wie man auf so Gedanken kommen kann…
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sinkflug
08.07.2022 13:13registriert Juli 2020
Und was ist mit den "Bros", die das Mädchen vergewaltigt haben? Weiss man dazu etwas? Ich hoffe ja nicht, dass die nun so einfach straflos davonkommen.
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