Es reicht. Für viele Politiker ist die Spionage-Affäre im Basler Polizeikorps der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte. Nun will sich sogar die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats des Falls annehmen, wie aus der GPK zu hören ist. Und auch das Kontrollorgan des kantonalen Staatsschutzes will die genauen Abläufe unter die Lupe nehmen.
Die Politiker sind vor allem über die Polizeispitze verärgert. Denn diese war vom Nachrichtendienst gewarnt. Letztes Jahr aber entschied sie, keine Untersuchung gegen den türkischen Sicherheitsassistenten einzuleiten, der nun der Spionage für das Erdogan-Regime verdächtigt wird. Das hat Folgen: Regierungsrat Baschi Dürr lässt jetzt das damalige Verhalten seiner Polizeispitze extern untersuchen.
Schon heute fordern Politiker «personelle Konsequenzen», schliesslich handle es sich nicht um die erste Verfehlung von Kommandant Gerhard Lips. Die Polizeispitze habe «grobfahrlässig und inakzeptabel» gehandelt. Das werfe «einmal mehr ein schlechtes Licht» auf sie.
Tatsächlich hat die Basler Polizei in den letzten Jahren regelmässig für Negativschlagzeilen gesorgt.
Eine Demonstration linksextremer Chaoten im September 2015 eskaliert. Polizisten werden verletzt. Dürr verwahrt sich gegen den Vorwurf, es habe einen «Samthandschuh-Befehl» gegeben. Der Polizeibeamtenverband erhebt aber schwere Vorwürfe gegen Kommandant Lips und fordert seinen Rücktritt. Er habe im Korps keinen Rückhalt mehr. Dürr aber stellt sich hinter Lips.
Im Herbst 2016 wird bekannt, dass sich Polizei- und Sanitäts-Offiziere so einiges auf Staatskosten gönnen: Gratis-Privatfahrten für den Arbeitsweg oder individuelle Modifikationen für ihren Dienstwagen. Sie müssen diese Privilegien zudem nicht als Lohnzusatz aufführen und damit auch nicht versteuern. Dürr wird vorgeworfen, dem Treiben zu lange zugesehen zu haben. Erst diesen März legt er eine neue Weisung vor.
Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen rund um ein Spiel des FC Basel gegen den FC Zürich geht Polizeikommandant Lips auf Konfrontationskurs mit den FCB-Fans in der Muttenzerkurve: «Dort ist alles Feind», sagt er im Juli 2016 im Interview mit der bz. Selbst Vereinspräsident Bernhard Heusler rückt er in die Nähe der Fussballchaoten, was einigen Wirbel auslöste.
Im Januar 2016 taucht ein Polizeiprotokoll auf, wonach Dürr angeordnet habe, eine linksautonome Hausbesetzung zu dulden. Erst nennt Dürr das eine Lüge und reicht Verleumdungsklage ein. Dann muss er zurückkrebsen und eingestehen, dass es doch ein solches Protokoll gibt. Er habe aber nie einen solchen Befehl gegeben. Es sei falsch protokolliert worden.
Im Februar 2015 fordern fast 300 Polizisten, geplante Sparmassnahmen zurückzunehmen. Dabei wird auch bekannt, dass sich viele grosse Überzeitenberge angehäuft haben. Dürr zeigt sich unnachgiebig. Es kommt zu Protestaktionen wie Verkehrskontrollen während der Stosszeiten, was zu langen Staus führt. Im Grossen Rat wird der Vorwurf laut, Dürr fördere mit seiner Lohnpolitik die Abwanderung von Polizisten in die Korps anderer Kantone.
Im Juni 2014 löst die Polizei während der Art Basel eine Pappteller-Aktion von 20 Kunststudenten auf. Während des Einsatzes werden auch mehrere unbeteiligte Messebesucher verhaftet. Dürr verteidigt den umstrittenen Einsatz. Im November wird bekannt, dass ein Polizeioffizier den Kopf hinhalten muss. Kommandant Lips wird so aus der Schusslinie genommen.
Lips und sein Kader sorgen im Juli 2016 für rote Köpfe im Korps. Nach dem Europa-League-Final belohnt sich die Polizeispitze gleich doppelt – mit einem Nachtessen und einem exklusiven Rundflug. Dabei kommen nach dem Finalspiel peinliche Pannen ans Licht. So müssen etwa Polizisten in einem Kastenwagen übernachten. Sie sind Opfer eines Fehlers bei der Einsatzplanung. Luxus fürs Kader, während sich die Basis wenig wertgeschätzt fühlt. Der Ärger ist programmiert.
Im August 2016 kommt es zu einem eigentlichen Sex-Skandal im Basler Polizeikorps. Nach einem Betriebsanlass soll ein Polizist eine betrunkene Kollegin geschändet haben. Kommt hinzu: Ein zweiter Polizist soll die Tat auch noch gefilmt haben. Ein Mitarbeiter wird zuerst freigestellt, soll dann später aber wieder zum Dienst erschienen sein. Erst vor kurzem wird dann einer der drei Involvierten erneut freigestellt. Die Polizei will sich dazu nicht äussern.
Es ist das Justizdepartement, das Anfang 2015 für die Umsetzung des Verkehrsregimes Innenstadt zuständig ist. Neu gibt es keine Zufahrtsbewilligungen mehr für Reisecars. Die Staatskanzlei aber lässt dennoch Cars vors Rathaus vorfahren, um Gäste für ein FCB-Spiel abzuholen. Dürr muss sich öffentlich entschuldigen. Das Verkehrsregime wird nachgebessert, damit für Staat und Gewerbe die gleichen Regeln gelten.
Wir müssen heute froh sein, dass die Polizei trotz der Führung noch funktioniert. Dabei hebt sich Basel nicht gross von anderen Kantonen ab.