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SRG-Kader erhält keinen Bonus mehr, dafür 20 Prozent mehr Fixlohn

Gilles Marchand, Generaldirektor des SRG SSR, rechts, spricht an der Seite von Jean-Michel Cina, Praesident der SRG SSR, links, ueber einem Point de Presse zur "No Billag Initiative", am Son ...
Trotz Sparkurs: SRG-Präsident Jean-Michel Cina (links) achtet darauf, dass die Bezüge des SRG-Generaldirektors Gilles Marchand hoch bleiben.Bild: KEYSTONE

Oberstes SRG-Kader erhält keinen Bonus mehr, dafür 20 Prozent mehr Fixlohn

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatte die hohen Boni für die Geschäftsleitung der SRG kritisiert. Nun ändert der Verwaltungsrat das Lohnsystem. Und erntet erneut scharfe Kritik.
05.02.2022, 10:39
Francesco Benini / ch media
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Die Kritik an der SRG war heftig im vergangenen Mai. Dieses Portal hatte berichtet, dass die achtköpfige Geschäftsleitung des öffentlichen Rundfunks hohe Boni erhielt – obwohl die SRG für rund 600 ihrer Angestellten Kurzarbeitgeld beantragte und das Unternehmen Geld einsparen muss.

Medienministerin Simonetta Sommaruga (SP) rüffelte daraufhin die SRG: Die Auszahlung der hohen variablen Lohnanteile im Coronajahr 2020 sei «unsensibel», sagte sie.

Damit setzte die Bundesrätin den SRG-Verwaltungsrat unter Druck. Er hat nun beschlossen, das Lohnsystem für das oberste Kader zu ändern. SRG-Sprecher Edi Estermann erklärt auf Anfrage: «Der Verwaltungsrat der SRG hat am 10. November 2021 nach mehreren Aussprachen und der Prüfung verschiedener Varianten entschieden, die heutige variable Lohnkomponente per 1. Januar 2023 in den Fixlohn zu integrieren. Die Kader wurden Anfang Dezember in einem persönlichen Schreiben über die beschlossene Anpassung informiert.»

Mehr Lohn, unabhängig von der Leistung

Die variable Lohnkomponente – die SRG sprach nie von «Boni» – gibt es also nicht mehr. Dafür steigt der Fixlohn, und zwar in einer Höhe, die den Verlust der durchschnittlichen variablen Lohnkomponente aufwiegt.

Im Jahr 2020 machten die Boni für die Geschäftsleitung 19 Prozent der ausbezahlten Lohnsumme aus. Der durchschnittliche Lohn von sieben Mitgliedern des Gremiums lag bei 390'000 Franken; der achte Exponent, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand, bezog 533'000 Franken. Für das Jahr 2021 liegen noch keine Zahlen vor, da die Veröffentlichung des SRG-Geschäftsberichtes aussteht.

Christian Wasserfallen, FDP-BE, spricht zum Mediengesetz, an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 2. Maerz 2021 im Nationalrat Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Übt scharfe Kritik: FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen.Bild: keystone

Die Politiker im Bundesparlament, die sich mit Medienfragen beschäftigen, reagieren ablehnend bis skeptisch auf das neue Vergütungssystem. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen sagt: «Ich finde es befremdend, dass aus variablen Lohnbestandteilen, die sich ja am Erfolg messen, plötzlich Fixlöhne werden. Das ist ein Witz.»

Die variablen Lohnbestandteile waren leistungsabhängig, wie die SRG stets betonte. Nun bezieht das oberste Kader die gleiche Summe, ohne dass eine Leistung überprüft würde.

Mitte-Nationalrat Philipp Kutter interpretiert dies so: «Entweder handelte es sich dabei nie wirklich um eine variable Komponente – oder die SRG hat ihren obersten Mitarbeitenden eine kleine Lohnerhöhung beschert.» Man könne sich schon die Frage stellen, ob das geschickt sei. «Politisch wäre es sicher klüger gewesen, nur einen Teil der variablen Komponente, zum Beispiel 75 Prozent davon, dem Fixum zuzuschlagen.»

Auch Kutters Parteikollege Martin Candinas, der die SRG meistens verteidigt, übt Kritik. Die Lohnpolitik der Radio- und Fernsehgesellschaft sei nicht Sache des Parlaments, meint er. Und fügt hinzu:

«Mir scheint es aber, dass es sich die SRG da zu einfach gemacht hat. Es zeugt von wenig Fingerspitzengefühl, wenn man die variable Lohnkomponente zum Fixlohn hinzufügt.»

SVP-Nationalrat Gregor Rutz findet, dass etwas mehr Bescheidenheit auf der SRG-Chefetage angebracht wäre. «Würde sich die SRG wieder mehr auf ihren Kernauftrag konzentrieren, könnte man wohl auch die Lohndiskussion in normalerem Rahmen führen», sagt Rutz.

Einzig SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher springt der SRG bei: «Die Leistungskomponente eines Lohnes angemessen zu beurteilen, ist schwierig. Mir scheint, dass die SRG nun eine ehrlichere Variante gewählt hat. Wichtig ist, dass die Gesamtlohnsumme des obersten Kaders nicht ansteigt», sagt sie.

Nervosität wegen möglicher SVP-Volksinitiative

Graf-Litscher spricht an, dass Unternehmen zunehmend von variablen Lohnkomponenten, die sich an der individuellen Leistung bemessen, abrücken. Die individuelle Leistung eines Kadermitarbeiters zu beurteilen, ist nicht einfach. Darum werden oft Ziele vereinbart, die leicht zu erreichen sind. Die Auszahlung der variablen Lohnkomponente wird so zur Formalität. Das scheint auch bei der SRG der Fall gewesen zu sein.

Die Post ist dazu übergegangen, den variablen Lohnanteil verstärkt vom Unternehmenserfolg abhängig zu machen. Da von der SRG aber nicht erwartet wird, dass sie einen Gewinn erzielt, ist bei ihr auch dieses Kriterium schwer anzuwenden.

Nehmen die Schweizer Stimmberechtigten am kommenden 13.Februar das Medienpaket an, fliesst kein zusätzliches Geld zur SRG. Im Gegenteil würden mehr Mittel aus der Haushaltsabgabe, die derzeit 335 Franken beträgt, privaten Radio- und Fernsehstationen zukommen. Da die Zahl der Haushalte in der Schweiz jedes Jahr steigt, wäre das für die SRG aber kein Problem. Nervosität löst im Unternehmen eine andere Frage aus: Lanciert die SVP bald eine Initiative zur Senkung der Haushaltsabgabe auf 200 Franken oder nicht? Die Volkspartei hält sich bisher bedeckt.

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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himmelrot
05.02.2022 11:17registriert Januar 2014
Wie oft wollt Ihr euch noch selber ins Knie schiessen?

SRF: Ja!
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Philguitar
05.02.2022 11:01registriert Dezember 2018
Also ich wäre dafür gewesen, dass man die Lohnrunde des obersten SRG Kaders als Samstag Abend Show macht. Mit Beni und Sven als Moderatoren und Showeinlagen😂
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fotzelschnitte
05.02.2022 12:23registriert November 2017
20 % Lohnerhöhung? .....hätte Klatschen nicht auch gereicht?
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