Die öffentlich-rechtliche Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft SRG hat die international bekannte und renommierte Unternehmensberaterin PricewaterhouseCoopers (PwC) angeheuert. Es geht um eine externe Analyse der digitalen Strategie der SRG. Das hat watson am Dienstag aus übereinstimmenden Quellen erfahren.
Diese Auftragsvergabe ist pikant: Die Expertinnen und Experten der deutschen Wirtschaftsprüferin PwC sind nicht für die tiefsten Honorare bekannt. Bei der SRG kommt das nicht gut an: Intern wird befürchtet, dass die Kosten zu hoch ausfallen könnten. Es wird zudem infrage gestellt, ob ein solcher externer Auftrag ein sinnvoller Entscheid der Unternehmensspitze war. Das berichten Informantinnen und Informanten gegenüber watson.
Die Medienstelle der SRG zeigt sich dazu wortkarg – zumindest was die Kostenfrage betrifft: «Die Modalitäten des Vertrags sind vertraulich», so Sprecherin Sybille Tornay. Sie konnte lediglich bestätigen, dass es ein solches Mandat gab. Sie erläutert zudem die Hintergründe zum Auftrag in der folgenden Stellungnahme:
Informationen von watson zufolge ist Bakel Walden, die Nummer 2 neben SRG-Generaldirektor Gilles Marchand, für das Projekt verantwortlich. Zu seinem Aufgabenfeld gehört die Leitung der Abteilung «Entwicklung und Angebot». Das deutet darauf hin, dass es die SRG-Spitze mit der Digitalisierung ernst meint: PwC soll nicht bloss prüfen, welche Technik zur Anwendung kommen soll, sondern wie Inhalte digital möglichst gut verbreitet werden können. Das entscheidende Stichwort ist hier das «Benchmarking»: Es geht um Ziele, die in Zahlen gefasst und überprüft werden können.
Das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) zeigt sich irritiert über diese Pläne. Gewerkschaftssekretär Jamal Al-Amine sagt gegenüber watson, dass es SRG-intern – etwa beim journalistischen Personal – genug Expertise gebe, um solche «Audits» erarbeiten zu können.
Der Gewerkschafter kritisiert zudem, an wen der Zuschlag ging: Man müsse sich angesichts der ideologischen Verortung der PwC Sorgen ums Personal machen. Al-Amine polemisiert dabei auch mit den SRG-Kaderlöhnen, die jüngst erhöht wurden: «Warum beauftragt die SRG-Spitze eine externe Firma, um über die unternehmerische Strategie nachzudenken? Müsste sie sowas nicht selbst machen können, angesichts der guten Löhne?»
Der Gewerkschafter vermutet, die Antwort auf diese Frage zu kennen: «Offenbar will man die Verantwortung nicht für Massnahmen übernehmen müssen, die man selbst ergreifen will.»
Dass die SRG unter Druck steht, ist nichts Neues: Nach dem «Nein» zum Mediengesetz kündigten libertär-konservative Kreise an, die früher als «Billag» bekannte Rundfunkabgabe mit einer Volksinitiative kürzen zu wollen. Flankiert wird die Kritik von SVP, FDP und Mitte-Politikerinnen und -Politikern, die der SRG wiederholt politische «Linkslastigkeit» vorwerfen. Die SVP organisierte letztes Jahr deshalb ein persönliches Treffen mit Parteichef Marco Chiesa, Fraktionschef Thomas Aeschi und SRF-Direktorin Nathalie Wappler.
Unter diesem Druck zur Weiterentwicklung profitiert nun ausgerechnet Aeschis Arbeitgeber: Der SVP-Fraktionschef steht auf der PwC-Lohnliste. Im Übrigen blieb das Gespräch mit Wappler erfolglos: Nach der Mediengesetz-Abstimmung kritisierte SVP-Chiesa: «Als mächtigstes Medium der Schweiz beschreibt die SRG die Welt mehrheitlich aus einer linken Optik. Das ist in jeder Hinsicht inakzeptabel.»
Recherche von Antoine Menusier, watson Romandie. Übersetzt und ergänzt von Petar Marjanović.