Nach Vorwürfen im «Spiegel»: Jetzt spricht Finn Canonica
Die Journalistin Anuschka Roshani erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Vorgesetzten Finn Canonica. In einem Beitrag des Spiegels wirft sie Canonica, der zwischen 2007 und 2022 Chefredaktor des «Magazins» war, Mobbing und Sexismus vor. Die Anschuldigungen haben es in sich. So soll Canonica sie hinter ihrem Rücken als die «Ungefickte» bezeichnet und beim Redigieren der Texte Hakenkreuze gezeichnet haben. Die Journalistin veröffentlichte zudem Textnachrichten, in denen Canonica sie als «Pfarrermätresse» bezeichnete. Ehemalige Magazin-Journalisten bestätigten in der Folge die Vorwürfe von Roshani.
Tamedia liess die Vorwürfe durch eine externe Kanzlei überprüfen. Diese kam zum Schluss, dass sich ein erheblicher Teil der Vorwürfe gegen Canonica nicht bestätigen liess – insbesondere die Vorwürfe «von sexueller Belästigung, Mobbing und Diskriminierung». Canonicas Sprachgebrauch und die Hakenkreuze seien jedoch unangemessen und nicht hinnehmbar.
Bisher geschwiegen hat Canonica. Gegenüber dem «Spiegel» liess sein Anwalt lediglich verlauten: «Die Vorwürfe treffen nicht zu und werden vehement bestritten.»
Doch nun meldet sich Canoncia zu Wort. In einem Brief, der watson vorliegt, nimmt er Stellung zu Roshanis Vorwürfen und legt seine Sicht der Dinge dar.
Die Reaktionen auf den «Spiegel»-Artikel
Eingangs schreibt Canonica:
Der Schaden für ihn und seine Familie sei enorm, schreibt Canoncia. Er werde maximal an den Pranger gestellt. «Ich werde mit Hassmails überschüttet, mit Harvey Weinstein verglichen (!), einem verurteilten Mehrfachvergewaltiger.»
Die Untersuchungen
Canonica erzählt, was sich in den vergangenen eineinhalb Jahren aus seiner Sicht zugetragen hat, und beginnt im August 2021. Damals sei er vom Chefredaktor Arthur Rutishauser ins Büro zitiert worden. Er habe gesagt, sie müssten Vorwürfen nachgehen, die im Zusammenhang mit dem Frauen-Brief an die Tamedia-Leitung erhoben worden seien. Die Befragungen setzten Canonica schwer zu. Er sei deswegen länger krank gewesen.
Ende Oktober sei die erste Untersuchung abgeschlossen worden, meint Canonica. Doch kurz darauf sei eine erneute Untersuchung angekündigt worden.
Darauf habe sein ganzes Team einen Brief an Supino geschrieben, in dem sie Roshanis Vorwürfe als «absurd» bezeichneten. Sie hätten nie eine Form von Mobbing von Canonica gegen Roshani oder andere erlebt. Der Brief der Mitarbeitenden liegt watson nicht vor.
Die Hakenkreuze
Roshani konnte mit Bildern die Hakenkreuze Canonicas belegen. Er schreibt dazu, es sei ein Witz gewesen, den er heute sehr bedaure. Canonica holt weit aus und gibt Einblicke ins Arbeitsklima und den Umgangston auf der Redaktion.
Nun muss man verstehen, dass eine (kleine) Redaktion wie die des Magazins anders funktioniert als vielleicht andere Arbeitsplätze: die Sprüche unter Journalist:innen sind oft derb, man nimmt sich hoch, man ist ein kleines Team, das sich gut kennt. Ähnlich wie eine Sportmannschaft. Ich setzte das Hakenkreuz neben Ausdrücke in ihren Texten, die ich für Schweizer Leserinnen als unverständlich betrachtete.
Sie schienen mir altertümlich und leicht rassistisch. Es ging mir aber nur um die Sprache, und nicht um sie als Person. Konkret waren es Redewendungen wie ‹Olle Kamelle› und ‹Alter Schwede›. Anuschka Roshani hat sich nie darüber beschwert, sondern das mit Humor hingenommen. (Sie insistierte sogar, dass ich ihre Texte redigiere, weil ich das aus ihrer damaligen Sicht am besten könne). Diese Art von Humor war zwischen uns und allen anderen Kolleginnen normal. So musste auch ich Witze über Juden anhören. Roshani wusste, dass meine Mutter eine französische Jüdin und Holocaust-Überlebende ist.
Zum Glück ist es heute unmöglich, solche Witze zu machen. Die Zeiten haben sich geändert. Und das ist eine gute Entwicklung.»
Die SMS
Der Spiegel druckte zwei SMS von Roshani ab. In einem bezeichnete Canonica sie als «Pfarrermätresse». Dazu nimmt Canonica im Brief keine Stellung, jedoch zur zweiten SMS.
Der Schlussbericht
Im Sommer sei der Schlussbericht der Kanzlei erschienen, schreibt Canonica. Dazu schreibt er:
Er sei froh, dass Tamedia mittlerweile Teile des Untersuchungsberichtes veröffentlicht habe, so Canonica. So könne sich jeder selber ein Bild machen.
