Drei Mitarbeiter eines Sonderschulheims für autistische Jugendliche in Genf sind nach Misshandlungsvorwürfen festgenommen worden. Sie werden beschuldigt, einer Bewohnerin Medikamente verabreicht zu haben, die ihr nicht verschrieben worden waren.
Damit hätten sie deren Gesundheit, wenn nicht gar Leben in Gefahr gebracht, teilte die Genfer Staatsanwaltschaft am Dienstag mit.
Das Heim Mancy in Collonge-Bellerive steht in Genf im Mittelpunkt eines Skandals, nachdem Medien mutmassliche Misshandlungen von Heimbewohnern durch Betreuer ans Tageslicht gebracht hatten. Die Behörden leiteten daraufhin eine Untersuchung ein. Zudem erstattete das Erziehungsdepartement wegen mutmasslicher Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht Strafanzeige.
Die Genfer Staatsanwaltschaft teilte mit, dass im Heim Mancy am Montag Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden. Gleichzeitig wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft drei Angestellte der Einrichtung festgenommen und von der Polizei einvernommen.
Einer der in Frankreich lebenden Mitarbeiter wurde nach seiner Anhörung wieder freigelassen. Die anderen beiden sollten am Dienstag von Staatsanwältin Victoria de Haller einvernommen werden, der die Akte anvertraut wurde. Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Ende Januar hatten die Zeitung «Le Temps» und das Onlineportal Heidi.news über Einzelheiten der mutmasslichen Misshandlungen berichtet. Demnach sollen Kinder und Jugendliche eingesperrt, auf den Boden geworfen, in ihren Exkrementen zurückgelassen oder an ihren Kleidern von einem Raum in den anderen geschleppt worden sein. Auch sei Heimbewohnern wiederholt das Essen vorenthalten worden.
Die Vorsteherin des Genfer Erziehungsdepartements Anne Emery-Torracinta (SP) räumte ein, dass das Erziehungsdepartement bei der Erfüllung seiner Aufgabe versagt habe. Der Fall hat auch politische Auswirkungen. Eine Subkommission des Genfer Grossen Rates wurde damit beauftragt, die Missstände in dem Heim aufklären.
Die FDP des Kantons Genf bedauerte in einer Mitteilung vom Dienstag, dass Emery-Torracinta nicht angemessen auf die Situation reagiert habe. Es sei unverständlich, weshalb die Mitarbeitenden nicht suspendiert worden seien. Die Mutter des Kindes, dem die verschreibungspflichtigen Medikamente verabreicht worden seien, habe nämlich bereits 2021 Anzeige erstattet.
Die Partei forderte, die Aufsicht über das Heim dem Departement von Emery-Torracinta zu entziehen und einem anderen Departement oder einer Ad-Hoc-Delegation zu übertragen, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten.
Das im Juni 2018 in Collonge-Bellerive eröffnete Sonderschulheim Mancy bietet Platz für etwa zehn Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren, die an Autismus und anderen geistigen Einschränkungen leiden. Das Heim steht unter der Schirmherrschaft des Kantons. (aeg/sda)
Das wäre die einzige hilfreiche Maßnahme, um solche tragischen Vorfälle zu verringern.
Dazu bedarf es aber mehr Personal!
Gerade auf Heimbewohner trifft der
Begriff "Schutzbefohlene" besonders zu.