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Schüler-Repo

Was der Klimawandel für Schweizer Skigebiete in tieferen Lagen bedeutet

Skilift Oberholz Wald Klimawandel MAZ-Medienwoche
So viele Tage mit richtig viel Schnee gab es zuletzt im Oberholz nicht mehr. Hier der Ponylift.Bild: IG Skilift Oberholz-Farner
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Wie ein kleines Skigebiet vor unseren Augen ums Überleben kämpft

Der weltweite Klimawandel macht seit Jahren Schweizer Skigebieten zu schaffen. So auch direkt vor der Haustüre in unserem Dorf. Wir wollten wissen, was die Entwicklung für den Skilift Oberholz bedeutet.
28.12.2024, 17:05
Alessandro Scarpa, Ahmed Eddars, Giandro Wenger
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MAZ-Medienwoche
Das Institut für Journalismus und Kommunikation MAZ führt auch dieses Jahr die Medienwoche für Schulen durch. watson beteiligt sich am Projekt und begleitete Oberstufenschüler der 2. Sek A aus Wald ZH. Der Artikel entstand im November und wurde hier noch aktualisiert.
Alle Artikel der Medienwoche gibt's hier.

Dort, wo früher viele Kinder aus dem Zürcher Oberland während der Winterzeit regelmässig das Skifahren ausüben konnten, fehlt heutzutage der Schnee und die Hänge sind im Winter häufig grün statt weiss. Auch in anderen Regionen der Schweiz ist das so. Die kleinen Dorflifte auf rund 1000 Metern über Meer kämpfen überall ums Überleben oder wurden schon stillgelegt.

Wir sind Oberstufenschüler aus Wald ZH und wollten genauer wissen, was der Klimawandel mit «unserem» Skilift macht. Der grosse Lift führt hier von rund 850 auf 1150 Meter über Meer. Es ist ein Ort, an dem früher Gross und Klein Ski und Snowboard fahren konnten.

Jetzt sind die Lifte in Betrieb
In diesem Jahr hat es über Weihnachten und Neujahr wieder genügend Schnee, damit mindestens der Pony- und Trainerlift in Betrieb sind. Für den grossen (Farner-)Lift reicht es leider nicht ganz – wie so oft in den letzten Jahren. Checke die Öffnungszeiten aber zur Sicherheit jeweils direkt auf der Website.

Wir fragen darum erst im Dorf, was den Leuten in den Sinn kommt, wenn sie an früher und das Oberholz denken. «Ich fahre da seit meiner Kindheit und ich habe so viele schöne Erinnerungen», erzählt uns jemand. Oder: «Früher konnten wir oft bis ins Dorf runterfahren.» Man glaubt sich zu erinnern, dass man da früher immer Ski fahren konnte.

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Am Dorfeingang von Wald wird immer angezeigt, ob der Skilift Oberholz in Betrieb ist oder nicht.Bild: MAZ-Medienwoche

Für unsere Generation ist das sicher nicht mehr so. Heutzutage hat man schon fast Glück, wenn man ein- oder zweimal pro Jahr im Oberholz am grossen Lift auf die Skier kann.

Aber stimmt dieses Gefühl wirklich? Wir wollten es genau wissen und fragen bei Evelyne Hengartner, Marketingchefin der IG Skilift Oberholz-Farner, nach, wie es um die Anlage steht.

Evelyne Hengartner, was bedeutet ihnen der Skilift im Oberholz?
Evelyne Hengartner: Da steckt sehr viel Herzblut drin. Wir machen das alles schon seit über 20 Jahren. Die Anlage bedeutet mir und uns sehr viel.

Evelyne Hengartner
Evelyne Hengartner sitzt seit 20 Jahren als Marketing-Managerin im Vorstand der Interessensgemeinschaft Skilift Oberholz-Farner.

Seit wann gibt es im Oberholz eigentlich Skilifte?
Evelyne Hengartner: Der lange Farner-Lift gibt es seit 1954, der Trainerlift wurde 1957 aufgebaut und der kleine Ponylift ca. 2004, da bin ich mir nicht mehr ganz sicher.

MAZ Medienwoche Oberholz Skilift
Der unterste Teil des langen Farnerlifts. Wie oft läuft er wohl diese Saison?Bild: IG Skilift Oberholz-Farner

Wie entstand überhaupt die Idee, einen Skilift hier zu errichten?
Gründerin war Rosa Oberholzer mit einigen Helfern. Ich denke, dass es darum ging, dass es in der ganzen Region keinen Skilift gab. Wir waren dann die Ersten, erst später kam der Atzmännig und der Hoch-Ybrig dazu.

«Da steckt sehr viel Herzblut drin.»
Skilift Oberholz Farner Skifahren Winter Schweiz Zürcher Oberland
Der Moment, wenn am Morgen die Sonne über den Berg kommt.Bild: Andrea Honegger

Was braucht es, um die Skilifte bereit für den Winter zu machen?
Die Mitarbeiter und freiwilligen Helfer bereiten die Piste in Fronarbeit vor. Wie gross der Aufwand genau ist, ist schwierig zu sagen. Normalerweise sind sie zwei bis drei Wochenenden dran. Das hängt auch immer davon ab, wie viele Helferinnen und Helfer da sind. Da kommen einige Stunden zusammen.

Müssen Sie für die Benützung des Landes etwas bezahlen?
Die Landbesitzer der Piste erhalten als kleine Entschädigung für die ganze Familie die Saisonkarte.

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So schön könnte die Piste im Oberholz sein.Bild: IG Skilift Oberholz-Farner

Wie viel Strom verbraucht das kleine Skigebiet eigentlich an einem Tag?
Das kann ich nicht einfach so beantworten. Es kommt darauf an, wie viele Lifte wie viele Stunden laufen? Ich kann aber den Kilowatt-Verbrauch pro Stunde (KWh) für die Skilifte angeben: Der Farner Lift braucht 110 Kilowatt, der Trainerlift 22 Kilowatt und der Ponylift 5,5 Kilowatt pro Stunde (Anmerkung: Ein durchschnittlicher Schweizer 4-Personenhaushalt in einem Einfamilienhaus verbraucht pro Tag rund 11 kWh).

Wie viel haben Sie mit dem Skilift in der letzten Saison verdient, wo der grosse Lift gar nie angeschaltet werden konnte?
Gar nichts. Wir hatten Einnahmen, aber leider mehr Ausgaben, weil es sehr wenig Skibetriebstage gab. Das Personal mussten wir ja trotzdem bezahlen. In den letzten drei Jahren war das Einkommen schlecht.

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Und natürlich – wie es sich für Wald meist gehört – über dem Nebel.Bild: Andrea Honegger

Gibt es noch andere Einnahmequellen als die Skitickets und das Restaurant?
Ja, die Saisonkarten sind ein Teil. Dann bezahlen Mitglieder der Interessensgenossenschaft pro Jahr als Beitrag 100 Franken. Wir nehmen natürlich immer gerne neue Mitglieder auf.

«Ohne freiwillige Helfer würde der Betrieb nicht mehr möglich sein.»

Wie halten Sie den Skilift instand, wenn Einnahmen fehlen?
Das Ganze geht nur noch mit den freiwilligen Helfern, die gratis arbeiten. Sonst würde es nicht mehr funktionieren. So geht es noch einigermassen auf. Aber auch hier gilt: Wir können immer Helfer gebrauchen.

Oberholz Farner Skigebiete Schweiz
Was für ein Traumwetter, um die ersten Schwünge zu üben.Bild: adrian tresch

Hier dürfte es auch bald knapp werden:

Ab wie vielen Tagen lohnt sich der Betrieb?
Optimal wäre der Skibetrieb über Weihnachten und Neujahr. Das ist die beste Zeit, auch für uns. Wenn es da genügend Schnee hätte, wäre das schon sehr viel. Wenn nicht, benötigen wir zirka 30 gut besuchte Betriebstage.

Wie viele Tage war denn der Skilift in den letzten Jahren so in Betrieb?
Das kann ich leider nicht genau beantworten. Aber allgemein einfach sehr wenig. Es spielen viele Faktoren mit rein. Das Corona-Jahr war das letzte, das wirklich gut lief.

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Der Ponylift ganz unten kann immer mal wieder öffnen, sobald es ein bisschen Schnee hat.Bild: IG Skilift Oberholz-Farner

Wir fragten im Dorf Leute, woran sie beim Skifahren im Oberholz denken. Viele nannten die Abfahrten bis hinunter ins Dorf. Können Sie sich auch noch daran erinnern?
Ja, daran kann ich mich sehr gut erinnern. Allerdings ist es auch heute noch so: Wenn der lange Farner-Lift läuft, kann man fast immer am Ende des Tages bis nach Wald fahren.

Ist Kunstschnee eigentlich ein Thema?
Nein, das haben wir noch nie gemacht und werden wir auch nie machen. Das macht energietechnisch keinen Sinn und ist auch viel zu teuer. Wir handhaben es so: Wenn es Schnee hat, ist es super. Wenn nicht, dann ist es halt so.

Was sind die Auswirkungen für grosse Skigebiete, wenn kleinere Skigebiete schliessen? Weil dort viele Kinder in kleinen Skigebieten lernen?
Das ist das, was wir von den grossen Skigebieten immer hören. Viele Kinder lernen in der Regel in kleinen Dorfskigebieten auf unserer Höhe Ski fahren. Leider fahren aber immer weniger Kinder Ski, teilweise auch, weil einfach der Schnee in der unmittelbaren Umgebung fehlt. Ich denke, es wäre für die grossen Skigebiete nicht gut, wenn noch mehr kleine Skilifte stillgelegt werden.

«Leider fahren aber immer weniger Kinder Ski.»

Erhalten sie denn Unterstützung von grösseren Skigebieten?
Ja, das ist so. Unsere Partnerbahn ist der Pizol. Wenn man bei uns eine Saisonkarte kauft, erhält man im Pizol eine Tageskarte zum halben Preis.

Skilift Oberholz Farner Skifahren Winter Schweiz Zürcher Oberland
Links der Trainerlift ist diese Tage in Betrieb mit super Schneeverhältnissen. Rechts der Farnerlift hat im obersten Bereich zu wenig Schnee. Bild: Andrea Honegger

Wie denken Sie, wie wird der Winter 2024/25?
Wenn wir das wüssten, dann wären wir besser als alle unsere Meteorologen. Wir hoffen einfach gut mit viel Schnee.

Was denken Sie, wie lange macht es noch Sinn, den Skilift am Leben zu erhalten?
Solange es finanziell tragbar ist, macht es zu 100 Prozent Sinn. Weil wir es für den Skisport und die Kinder machen.

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maurmer
28.12.2024 19:14registriert Juni 2021
5,5 Kilowatt pro Stunde… nein. 5,5 kW und wenn er eine Stunde durchläuft macht das dann 5,5 kWh. Nach zwei Stunden 11 kWh

Watt ist Leistung, also Arbeit pro Zeit.

kWh ist eine Einheit für Energie(menge), also Arbeit und 1 kWh entspricht 3.6E+6 Joule oder 860 Kilokalorien, was 1.5 Tafeln Schokolade entspricht.
Somit verbrennt der Lift das Äquivalent von weniger als 10 Tafeln Schoggi pro Stunde. Und macht mehr Kinder glücklich als die Schoggi, würde sie direkt an Kinder verfüttert…
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Raketenwissenschaftler
28.12.2024 18:18registriert Januar 2023
Es ist schön und wichtig, sich freiwillig für etwas einzusetzen. Leider geht diese Kultur bei uns verloren, man ruft lieber den Staat.
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