Der Himmel ist blau, die Sonne taucht langsam hinter der Bergspitze hervor und genügend Schnee hat es auch: Perfektes Skiwetter in Davos und Bedingungen wie aus dem Werbeprospekt. Auch Marcel Flütsch ist heute mit seinen Freunden auf der Piste. Doch eine Linkskurve wird dem 53-Jährigen zum Verhängnis. Er stürzt und wird rund 30 Meter durch die Luft geschleudert. Dann landet er im Tiefschnee: Beckenbruch, Rega, Spital.
An diesem Wochenende beginnen in vielen Kantonen der Schweiz die Sportferien. Das bedeutet nicht nur viel Verkehr in Richtung Berggebiete, sondern auch mehr Arbeit für die Rega, Spitäler und Rettungsdienste.
Pro Jahr verunfallen über 70'000 Personen, während sie Wintersport ausüben. Die meisten Verletzten gibt es mit 50'000 Personen auf den Ski. Beim Snowboarden verletzten sich jährlich fast 10'000. Beim Langlauf, Schlitteln und bei Skitouren gibt es weniger Unfälle, dennoch überschreiten sie die 1000er-Marke ebenfalls. Dies zeigt der Fünfjahresschnitt der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU).
Die 50'000 verunfallten Skifahrer pro Jahr umgerechnet auf fünf Monate Skisaison ergibt rund 333 Skiunfälle pro Tag. Bedenkt man, dass ein Skigebiet maximal neun Stunden pro Tag betrieben wird, verletzt sich alle zwei Minuten jemand auf Schweizer Pisten. In diesem Moment verunfallt ein Skifahrer.
Das Kantonsspital Graubünden hatte diesen Winter mehr zu tun als in den letzten Jahren. Während der diesjährigen Festtage seien es rund 30 Prozent mehr Verletzte als letztes Jahr im selben Zeitraum gewesen, sagt Christoph Sommer, Chefarzt Unfall- und Allgemeinchirurgie. «Das sind so viele Wintersportverletzte wie noch nie in unserem Spital», fügt er hinzu.
Das Kantonsspital Graubünden liegt in Chur und ist nicht nur ein Zentrumsspital, sondern eines von zwölf Traumazentren der Schweiz. Das heisst, sie behandeln unter anderem auch die potenziell Schwerverletzten der Kantone Graubünden, Glarus sowie auch Teile von St. Gallen und Liechtenstein.
Bei den schweren Verletzungen gehören etwa Kopf- oder Organverletzungen dazu. «Die meisten Schwerverletzten im Winter sind Skifahrer», sagt Sommer. Diese würden drei Viertel ausmachen, ein Viertel seien Snowboarder. In Zahlen sind dies in der letzten Saison etwa tausend Personen gewesen. «Es gibt Tage, da kommen 40 Verletzte ins Spital», sagt er weiter.
In diesem Winter zählt das Kantonsspital Graubünden aber mehr leichtere und weniger schwere Verletzungen. Zu leichten Verletzungen gehören etwa ein Arm- oder Beinbruch.
Bei den beiden Wintersportarten Ski alpin und Snowboard gibt es nicht nur Unterschiede punkto Unfallzahlen, sondern auch bei der Verletzungsart. So verletzen sich Snowboarder häufiger am Handgelenk oder an der Schulter. Bei den Skifahrern sind Knieverletzungen am häufigsten. Auch Unterschenkel oder Knöchel werden oft in Mitleidenschaft gezogen.
Neben diesen Verletzungen kommen auch Wirbelbrüche häufig vor. Die meisten könne man ohne Operation behandeln, aber bei schweren Brüchen könne es wegen Rückenmarksverletzungen zu Lähmungen kommen. «Letzten Winter hatten wir etwa acht Querschnittverletzungen, dieses Jahr zwei», sagt Christoph Sommer.
Nach zwei Minuten verletzt sich ein weiterer Skifahrer.
Gemäss dem BFU kamen in der Zeit zwischen 2017 und 2021 über die verschiedenen Wintersportarten insgesamt 35 Personen ums Leben. Die meisten tödlichen Unfälle geschahen beim Tourenskifahren abseits der Piste. Auf der Skipiste verstarben insgesamt vier Personen.
Die Häufigkeit von Verletzungen in diesem Winter würden gemäss Sommer mit den Schneeverhältnissen zusammenhängen. Er erklärt dies so: «Je weniger Schnee und je schöner das Wetter, desto mehr Unfälle gibt es.» Wenn der echte Schnee fehlt, helfen die Skigebiete mit Kunstschnee nach. Das Problem: Der künstliche Schnee ist dichter und härter als der natürliche und die Pisten sind meist perfekt eben präpariert.
Deshalb sind die Schneesportler mit höheren Geschwindigkeiten unterwegs. Das BFU sagt zum Kunstschnee: «Die Verletzungsgefahr dürfte also aufgrund der höheren Kräfte, die auf den Körper einwirken, schwerer sein.»
Die Pisten sind bei Mangel an natürlichem Schnee zunehmend schmaler und daneben findet sich kaum Schnee. «So nimmt die Kollisionshäufigkeit zu, die Leute knallen häufiger zusammen und es gibt mehr Schwerverletzte», sagt Sommer. Doch diesen Winter hat es im Bündnerland genügend Schnee und in der Tendenz auch weniger Schwerverletzte.
Das sieht bei einem anderen Traumazentrum, dem Inselspital in Bern, anders aus: «Wir können diese Tendenz nicht bestätigen», sagt Daniel Saameli, Mediensprecher der Inselgruppe, auf Anfrage. Dieser sagt weiter, dass die Anzahl der Schwer- und Schwerstverletzten bei ihnen auf dem Vorjahresstand liegen dürfte. Für eine Bilanz sei es jedoch noch zu früh. Dennoch geht es allen Traumazentren ähnlich: An Wochenenden und während der Ferien sind die Chirurgen besonders stark gefordert.
Wie die Medienstelle des Kantonsspitals Graubünden sagt, wird das Spital in Chur am zweitmeisten von der Rega beflogen. Zu genauen Zahlen der verschiedenen Anflugziele gibt die Rega keine Auskunft. Hingegen aber kommuniziert man die Zahl der Verletzten: Pro Jahr transportiert die Rega zwischen 1300 und 1700 verunfallte Wintersportler.
Das seien lediglich rund 2,7 Prozent aller Wintersportunfälle auf Schweizer Pisten, sagt David Suchet, Mediensprecher der Rega. Alle anderen Verunfallten erreichen die Spitäler entweder mit der Ambulanz, der Pistenrettung oder privat.
Wieder sind zwei Minuten um und ein Skifahrer verunfallt.
Im Zeitraum vom 1. Dezember bis 15. Januar 2024 rückte die Rega zu rund 560 verunfallten Wintersportlern aus. Ein Jahr zuvor waren es noch 345. Wie Suchet weiter sagt, müsse sie an schönen Winterwochenenden oder zu Ferienzeiten mit mehr Einsätzen rechnen. Deshalb stationieren sie punktuell zusätzliche Rettungshelikopter.
Die Verletzungen in der Region Graubünden nahmen aber nicht nur auf der Skipiste zu. Auch in den Snowparks häufen sich gemäss dem Kantonsspital Graubünden Verletzungen. «Wenn man Andri Ragettli im Fernsehen sieht und man seine Tricks nachmachen will, sie aber nicht beherrscht, kann man von fünf Metern Höhe auf den Boden knallen», sagt Sommer.
Auch bei den Langläufern gibt es mehr Verletzungen. Sommer sieht einen der Gründe bei den stark ausgelasteten Skipisten. Denn je voller die Skipisten, desto mehr Menschen würden auf die Langlaufloipe ausweichen. Auf Schlittelpisten kommt es ebenfalls zu einigen Unfällen. Im Kantonsspital Graubünden machen Schlittelunfälle rund fünf Prozent der behandelten Wintersportunfälle aus. Gemäss Sommer seien dabei Wirbelbrüche neben anderen eine typische Verletzung für Schlittler.
Dass es zu mehr Unfällen kommt, hat mehrere Gründe. Einer davon: «Es kommt häufig vor, dass die Geschwindigkeit und Pistenwahl nicht mit den eigenen Fähigkeiten übereinstimmen und sich Fahrer überschätzen», sagt Sommer. Gemäss der Suva wird gerne auch die eigene Fitness überschätzt, eine mangelhafte Ausrüstung getragen oder zu wenig vor der Fahrt aufgewärmt.
Und wieder verletzt sich jemand auf der Skipiste. Am Ende des Tages werden es über 300 Skiunfälle in der Schweiz sein. Ende des Monats rund 10'000 Verletzte.
Viele Feriengäste sind in dieser Zeit auf den Pisten (was auch schön ist), nur viele können nicht mal die Skischuhe anziehen (habe Erfahrung aus der Skivermietung).
Überschätzung ist ganz oben!
2-3 mal auf den Skiern und dann eine Schwarze Piste runterfahren, dann passieren schlimme Unfälle!
- Riesige Kapazitäten Leute auf den Berg zu bringen. Dafür nur noch 1 Piste für runter, weil nur die beschneite Schnee hat. Anstehen nicht mehr beim Lift, dafür auf der Piste.
- Mehr Selbstüberschätzung
- Abstand!! Hatte in den letzten 2 Jahren mehre Situationen, wo es Berührungen gab. 30 cm Abstand ist einfach zu wenig beim Vorbeifahren. Reserve wäre angebracht (viel viel mehr).