Am Dienstag zog sich das Schweizer Nationalteam ganz aus der Öffentlichkeit zurück. Als Trainer Ottmar Hitzfeld in der Mittagshitze das interne Trainingsspiel anpfiff, blieben die Pforten des Estadio Municipal in Porto Seguro für Medien und Zuschauer geschlossen. Hitzfeld probte den Ernstfall.
Das Resultat ist trotz der geschlossenen Türen durchgesickert. Das Team der Ersatzspieler gewann das Spielchen über zweimal 30 Minuten gegen die vermeintliche Stammelf mit 2:0. Mario Gavranovic und Blerim Dzemaili schossen die Tore. Hitzfeld hat aber keine Angst um den Formstand seiner Stammspieler: «Ersatzspieler wollen sich aufdrängen und gleichzeitig will sich keiner des Stammteams verletzen», erklärte der Nati-Coach.
«Es war sehr heiss und ich fühle mich jetzt sehr müde», sagte Stephan Lichtsteiner. Der Verteidiger von Juventus-Turin sprach von vielen Fehlern seiner Mannschaft, vor allem während der ersten Halbzeit. «Das kommt daher, dass wir schnell müde wurden und so die Konzentration nachliess. Aber das darf uns gegen Ecuador nicht mehr passieren.»
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Zur Simulierung des Ernstkampfs gehörte die Ansetzung des Trainingsspiels auf 13 Uhr. Um diese Zeit beginnt am Sonntag in Brasilia das Spiel gegen Ecuador. Die brasilianische Hitze und die Feuchtigkeit sind in der SFV-Delegation ein ständiges Thema. Nun sollten die Spieler beides in einer realen Situation erfahren.
«Wir erhalten von diesem Training exakte Kennzahlen, welcher Spieler wie viel Flüssigkeit verliert», sagte Sportwissenschafter Markus Tschopp, der seit 2004 das Schweizer Nationalteam begleitet. Das Problem ist dabei, dass der Körper bei diesem Klima nicht in der Lage ist, den durch das Schwitzen verursachten Flüssigkeitsverlust mit Trinken zu kompensieren. «Deshalb geben wir den Spielern eine Salzlösung, mit der die Flüssigkeit besser gespeichert wird», so Tschopp.
Die Bedingungen werden am Sonntag in Brasilia extrem sein. Tschopp: «Wir gehen davon aus, dass es 25 bis 29 Grad warm ist. Dazu kommen in der Mittagszeit die direkte Sonneneinstrahlung sowie eine Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent.» Zum Vergleich: Wenn man in der Schweiz im Juli oder August in der Super League an sehr heissen Tagen von Hitzeschlachten spricht, beträgt die maximale Luftfeuchtigkeit in ganz seltenen Fällen knapp 60 Prozent.
Als sich die Schweizer Mannschaft am letzten Freitag bei durchaus sommerlichem Wetter und 25 Grad im Zürcher Letzigrund von den Fans verabschiedete, lag die Luftfeuchtigkeit bei nur gerade 30 Prozent. «Im Vergleich zu einem Spiel in Europa reduziert sich die Laufleistung eines Spielers an den Schweizer Spielorten hier in Brasilien um rund 20 Prozent», gibt Tschopp zu bedenken.
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Die Schweiz bestreitet alle drei Vorrundenspiele in einem tropischen Klima. Nach Brasilia geht es zum zweiten Spiel gegen Frankreich nach Salvador, dann folgt der Abschluss gegen Honduras in Manaus.
Frankreich zum Beispiel startet in Porto Alegre, im Süden Brasiliens, wo es in dieser Jahreszeit empfindlich kühl sein kann. Ihr Camp haben die Franzosen in der Nähe von São Paulo, wo es ebenfalls angenehm ist. Vor dem Spiel gegen die Schweiz in Salvador haben sie bloss knapp zwei Tage, um sich zu akklimatisieren.
Mit Spannung und Ungeduld blicken Lichtsteiner und seine Teamkollegen der WM insgesamt entgegen. «Wir wissen nicht genau, wo wir stehen. Wir haben lange keinen Ernstkampf mehr bestritten, deshalb ist nicht klar, wie gut wir es in den Testspielen wirklich gemacht haben. Wir werden im Hotel sicher das eine oder andere Spiel zusammen am TV schauen und danach darüber diskutieren, statt am Abend immer nur Ping Pong zu spielen», so Lichtsteiner. Vom TV-Konsum erwartet der Innerschweizer einen Lerneffekt: «Wir sehen, wie andere Mannschaften mit der Hitze umgehen. Das kann uns wichtige Inputs geben.»