Der Regisseur und Autor Milo Rau fordert die «Befreiung» der Mumie Schepenese: Er will die Preissumme des St. Galler Kulturpreises, der ihm am Donnerstag verliehen wird, für die Rückführung nach Ägypten einsetzen.
Im Barocksaal der St. Galler Stiftsbibliothek, zwischen mittelalterlichen Handschriften, liegt sie seit über 200 Jahren als exotische Kuriosität – und heimliche Hauptattraktion: die altägyptische Mumie Schepenese.
Die Tochter eines ägyptischen Priesters lebte vor 2600 Jahren. Sie starb mit gut 30 Jahren. Heute befindet sich ihr einbalsamierter Körper ausgewickelt in einem gläsernen Sarg. «Diese fragwürdige Zurschaustellung ist einer Kulturmetropole wie St. Gallen unwürdig», wird Milo Rau, der in St. Gallen aufwuchs, in einer Mitteilung zitiert. Deshalb investiere er das Preisgeld für den Grossen Kulturpreis von 30'000 Franken in die Rückführung der Mumie.
Rau fordert zusammen mit einer Expertenkommission um die ägyptische Filmemacherin Rabelle Erian, den St. Galler Theologen Rolf Bossart und die ägyptische Professorin Monica Hanna die «Wiedergutmachung eines alten Unrechts». Auch wenn die Provenienz der Mumie so gut wie möglich geklärt sei, blieben doch am Anfang der Kette der Grabraub und am Ende eine ethisch und juristisch fragwürdige Attraktion.
Schepenese soll bis Ende 2023 nach Ägypten zurückkehren und bis dahin an einem angemessenen Ort aufbewahrt werden. Diese Forderung wird am Donnerstag im Vorfeld der Verleihung des Kulturpreises mit einem Ritual, einer Medienkonferenz und einer Debatte mit Expertinnen und Experten lanciert.
Die Mumie wird auch der prominente Gast in Milo Raus am Donnerstag beginnender Ausstellung «Warum Kunst?» in der Kunst Halle St. Gallen sein. (sda)