«Leute, die sich derart kriminell verhalten, haben in der Schweiz nichts verloren»
Der langjährige SVP-Politiker und ehemalige Nationalrat Ulrich Schlüer muss sich heute vor dem Bezirksgericht Andelfingen ZH verantworten. Äusserungen im Internet über Asylsuchende waren ihm zum Verhängnis geworden. Eine Privatperson zeigte ihn an, die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein.
Angeklagt ist Schlüer wegen eines Textes im Internet-Newsletter seines Vereins sifa (Sicherheit für alle) vom Juli 2012. Dabei ging es um eine Schlägerei bei der Asylunterkunft in Flaach ZH, Schlüers Wohngemeinde.
Staatenlos oder Palästinenser?
Wie der Beschuldigte vor Gericht ausführte, gingen damals zwei Gruppen mit Schaufeln, Eispickeln und Spaten aufs brutalste aufeinander los. Dabei hätten sie nicht darauf geachtet, dass sich zwei Kleinkinder aus der Unterkunft in unmittelbarer Nähe des Getümmels aufhielten und damit in höchste Gefahr gerieten. Sie hätten eine «völlig brutale Rücksichtslosigkeit» gezeigt.
Auf der Gemeindekanzlei habe man ihm gesagt, die Leute seien staatenlos. Im Nachhinein habe einer der Beteiligten ihm seinen Ausweis gezeigt, wonach er als Staatenloser vorläufig aufgenommen war. Von der Kantonspolizei habe er aber erfahren, dass die Leute Palästinenser seien.
Erregter Schlüer im Gerichtssaal
Das gehe ja nun gar nicht, erregte sich Schlüer im Gerichtssaal. Palästinenser seien in ihrem autonomen Gebiet keineswegs verfolgt, hätten also keinen Anspruch auf Aufnahme. Sie dann einfach als staatenlos zu bezeichnen, gehe auch nicht an. Die Behörden hätten sehr wohl gewusst, woher die Leute stammten.
Ohnehin passe es nicht zusammen, jemanden als staatenlos zu bezeichnen - also das Herkunftsland gar nicht zu kennen - und ihn gleichzeitig vorläufig aufzunehmen, weil er in seinem Land gefährdet ist. Im Übrigen hätten generell Leute, die sich derart kriminell verhielten, in der Schweiz nichts verloren, sagte Schlüer.
Gemäss Anklageschrift hat sich Schlüer der Rassendiskriminierung schuldig gemacht. Dafür sei er mit einer bedingten Geldstrafe von 28 Tagessätzen zu 100 Franken sowie einer Busse von 800 Franken zu bestrafen, fordert Staatsanwalt Hans Maurer.
Der Vorwurf geht zurück auf einen im Juli 2012 erschienenen Text Schlüers im Internet-Bulletin des Vereins «sifa – Sicherheit für alle», bei dem der 70-Jährige Geschäftsführer ist.
Unter dem Titel «Sonntags-Idylle» liess sich Schlüer damals in drastischen Worten über eine Schlägerei unter aslysuchenden Palästinensern bei der Asylunterkunft in seinem Wohnort Flaach ZH aus. Er bezeichnete sie als Abschaum und elendes Schlägerpack, das wie Tiere herumbrülle.
Damit habe der Beschuldigte der Volksgruppe der Palästinenser verallgemeinernd die Gleichwertigkeit als Menschen und Bürger abgesprochen, argumentiert der Staatsanwalt in der Anklageschrift. Er habe sie in «herabsetzender, erniedrigender, ausgrenzender Weise auf eine tiefere Stufe gesetzt als andere Personen».
Davon kann aus Sicht des Beschuldigten keine Rede sein. Schlüers Verteidiger Valentin Landmann wird vor Gericht einen Freispruch fordern, wie er der Nachrichtenagentur SDA sagte. Die Äusserungen seines Mandanten hätten sich klar auf jene Schläger bezogen und keineswegs auf ein ganzes Volk. (whr/feb/sda)
