Das Polizeigericht in Bellinzona hat am Montag einen deutschen Theologen vom Vorwurf der Diskriminierung und Anstiftung zu Hass freigesprochen. Der Mann, der an der Universität Lugano lehrt, hatte als Herausgeber einer Zeitung die Veröffentlichung eines homophoben Artikels erlaubt. Die Untersuchung einer unabhängigen Ethikkommission der Universität wird indes fortgesetzt, wie diese mitteilte.
Die Richterin, die das Urteil am Montagnachmittag mündlich verkündete, stellte fest, dass der 68-jährige Theologe weder eine diskriminierende Handlung noch eine Anstiftung zum Rassenhass begangen habe. Im Zentrum des Prozesses stand ein Artikel einer katholischen Zeitschrift aus Deutschland, der im Jahr 2021 erschienen war.
Das Gericht schloss sich der Argumentation der Verteidigung an, dass die umstrittene Bezeichnung von Homosexuellen als «Krebs, Parasiten und Schwulenmafia» nur homosexuelle Priester betraf, die innerhalb der Kirche pädophile Handlungen begingen, und nicht generell alle Priester.
Der Theologieprofessor, der den Artikel als Herausgeber autorisiert hatte, plädierte auf nicht schuldig und setzte sich gegen einen Strafbefehl vom Dezember 2022 zur Wehr. Gemäss diesem wurde der Theologe zu einer Geldstrafe von 9450 Franken und einer Geldstrafe von 1850 Franken auf Bewährung verurteilt. Nachdem er den Strafbefehl nicht akzeptiert hatte, kam es im April zum Prozess vor dem Polizeigericht in Bellinzona.
In Deutschland wurden der Herausgeber sowie der Autor des Artikels, ein polnischer Theologe, zu einer Geldstrafe von je 4000 Euro verurteilt. Gemäss dem Urteil vom Montag erhält der beschuldigte Theologe 20'000 Franken Entschädigung für die Deckung seiner Verteidigungskosten.
Die Università della Svizzera italiana (USI) und die Theologische Fakultät von Lugano (FTL) nahmen den Freispruch des an der USI tätigen Theologen durch das Strafgericht zur Kenntnis, wie es in einer am Montagabend veröffentlichten Stellungnahme der Universität hiess.
Eine Anfang April einberufene Ad-hoc-Ethikkommission der USI und der FTL prüfe, ob der Sachverhalt, der zum Freispruch geführt habe, dennoch gegen die Gründungsprinzipien der Universität verstosse. Dieses Verfahren werde fortgesetzt, hiess es im Schreiben.
Der am Montag freigesprochene Professor der USI habe in der Zwischenzeit ein Gesuch an die Fakultät gestellt, um seine Lehrtätigkeit in Lugano zu unterbrechen. (sda)