Der Schweizerische Fischerei-Verband (SFV) hat den Atlantischen Lachs zum Fisch des Jahres 2015 ernannt. Er will sich für die Rückkehr des in der Schweiz seit 65 Jahren ausgestorbenen und weltweit bedrohten Fisches einsetzen.
Gründe für die Bedrohung des Atlantischen Lachses, der bis zu 1,5 Meter lang werden kann, sind gemäss SFV Gewässerverschmutzungen, unüberwindbare Hindernisse bei Kraftwerken, die Überfischung sowie skrupellose Lachszuchten. Dabei sei der Atlantische Lachs auch in der Schweiz während Jahrhunderten Bestandteil von Natur, Kultur, Fischerei und Kulinarik gewesen.
Noch im 19. Jahrhundert seien im Rhein über eine Million Lachse gefangen worden. Zehntausende der Fische hätten im schweizerischen Teil des Rheins und seinen Zuflüssen bis weit in die Alpen hinein gelaicht.
Seit dem 20. Jahrhundert schrumpften die Bestände jedoch weltweit dramatisch, wie der SFV weiter schreibt.
Es gebe aber positive Signale: Drei Lachse hätten in den letzten Jahren die Rückkehr bis nach Basel geschafft. Und sogar noch ein Stück weiter. Im Mai 2012 wurde im Fischgang des Kraftwerks Rheinfelden ein frisch aufgestiegener atlantischer Lachs gesichtet.
Der Biologe Samuel Gründler vom SFV spricht indes von «Zufall», weil diese Einzelfische wahrscheinlich über Schiffschleusen aufsteigen konnten. Das Hauptproblem liege in Frankreich, das mit dem Bau von Fischaufstiegsanlagen bei grossen Rheinwasserkraftwerken nicht vorwärts mache.
Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis es wieder selber reproduzierende Lachspopulationen gibt. Im Moment werden jährlich hunderttausende Junglachse ausgesetzt, wovon jedoch nur ein Bruchteil wiederkehrt.
Trotzdem hofft der Fischerei-Verband auf eine Masseneinwanderung des Fisches, der auch als «Wunder der Natur» bezeichnet wird. Mit knapp 20 Zentimetern Länge würden die jungen Atlantischen Lachse nämlich ihre grosse Reise antreten und tausende von Kilometern den Flussoberläufen bis zu ihren Fressgründen im Meer vor Grönland wandern. Der Lachs kenne keine Grenzen und verbinde somit völlig verschiedene Wasserwelten und Erdteile miteinander.
Der SFV will sich deshalb national und international für die Rettung und Wiederansiedlung des Atlantischen Lachses einsetzen. Dazu sei ein internationaler Durchbruch notwendig, wenn der Lachs eine Chance zum Überleben haben soll. Notwendig seien ein Verbot der Netzfischerei in Meer und Fluss, strenge Auflagen für die Fischzucht, die Wiederherstellung der freien Fischwanderung sowie den Erhalt der natürlichen Laichgebiete.
Lachse legen bis zu hundert Kilometer täglich zurück. Sie erreichen dabei Geschwindigkeiten bis zu 30 Kilometer pro Stunde.
Legendär ist die Sprungkraft der Lachse. Sie brauchen sie, um Wanderhindernisse wie Stromschnellen und kleine Wasserfälle zu überwinden. Niveauunterschiede von zwei bis drei Metern sind für ausgewachsene Lachse kein Problem. Das höchste wissenschaftlich dokumentierte Hindernis, das Lachse regelmässig überqueren sind die bis zu 370 Zentimeter hohen Orrin Falls am River Orrin in Schottland.
Der Lachs ist eine von etwa hundert Fischarten, die vom Meer ins Süsswasser wandern, um sich dort fortzupflanzen. Um die massive Umstellung zu verkraften, muss der Lachs seinen Stoffwechsel grundlegend verändern.
Je nach Nahrungsangebot und Breitengrad dauert es bis zu acht Jahre, bis die jungen Lachse mit knapp 20 Zentimetern und weniger als 100 Gramm Körpergewicht im Frühling als Smolts ins Meer wandern. Im Meer mit üppigem Futterangebot wachsen Lachse beeindruckend schnell. Bereits nach dem ersten Winter im Meer haben sie auf ein Gewicht von 2-3 kg zugelegt. Nach dem dritten Jahr im Meer erreichen die Lachse bereits 10 Kilogramm und mehr. Aus der Berufsfischerei sind sogar Exemplare von über 50 Kilogramm bekannt.
In etlichen Lachsflüssen mischen auch kleine Lachsmännchen mit kaum 15 cm bei der Fortpflanzung mit. Bei diesen Zwerglachsen handelt es sich um frühreife Lachse, welche nie die gefährliche Reise ins Meer gewagt haben und dies mit ihrer Kleinwüchsigkeit bezahlen. Doch sie betreiben ein riskantes Spiel, werden sie von den dominanten Lachsmännchen entdeckt, bezahlen sie dies oft mit schweren Verletzungen oder dem Tod.
Es scheint paradox: Seit Menschengedenken gab es noch nie so viele Lachse auf unserem Planeten wie heute. Allerdings lebt der weitaus grösste Teil als Zuchtfisch in riesigen Farmen. Mehr als 99,5 Prozent der heute konsumierten atlantischen Lachse stammen aus der Aquakultur. 2012 wurden weltweit erstmals mehr als 2 Millionen Tonnen oder rund eine halbe Milliarde Lachse geerntet.
Das Angeln auf wilde atlantische Lachse in ökologisch gesunden Flüssen mit intakten Beständen hat sich zu einer raren und entsprechend begehrten Ressource entwickelt. Passionierte Angler sind bereit viel Geld für die Chance auf gute Lachsfänge zu bezahlen. Top-Hotels und Luxus-Lodges an den besten Lachsflüssen in Island, Norwegen, Russland, Schottland und Kanada können in der Hochsaison pro Gast 20'000 bis 50'000 Franken pro Woche verlangen.
(Quelle: PDF-Infoblatt «Atlantischer Lachs» des Schweizerischen Fischerei-Verbands SFV)
(oku/sda)