Die SRG hat entschieden: Der Eurovision Song Contest findet im Mai 2025 in Basel statt. Das müssen Sie jetzt wissen zur Austragung des weltweit grössten Musikwettbewerbs in der Schweiz.
Die erste Begründung für den Zuschlag an Basel folgte um Punkt 10 Uhr am Freitag auf dem ESC-Youtube-Kanal. Der Eurovision Song Contest komme «in eine Stadt, die Musik und Kreativität lebt, eine Stadt, die Codes bricht und in der sich alle Menschen sicher und zugehörig fühlen, einen Ort, an dem man sich zu Hause fühlen kann».
Das Duell zwischen Basel und Genf verlief indes sehr knapp. Die beiden Städte hätten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert, teilte die SRG in einem Communiqué mit. Nachdem Bern und Zürich als Austragungsorte ausgeschieden waren, besuchte die ESC-Kerngruppe erneut beide Städte und nahm die Bewerbungsdossiers von Basel und Genf genauer unter die Lupe. Insgesamt kamen gegen 100 Kriterien zur Anwendung – so wurden etwa die Eignung der Halle, kreative Ideen für Side-Events, die Finanzierung und das kulturelle Angebot der Stadt bewertet.
In welchen Punkten Basel genau Genf überflügelt hat, legt die SRG nicht offen. Möglicherweise spielte der Umstand eine Rolle, dass in der Deutschschweiz in den letzten Woche eine grössere ESC-Euphorie zu spüren war als in der Romandie. Und dass die Basler Regierung bis zu 35 Millionen Franken beisteuern will, während es in Genf 30 gewesen wären. Auch beschränkt sich das Basler Konzept nicht auf eine einzige Halle (siehe Frage 2). Zudem ist die St. Jakobshalle bereits als Konzerthalle konzipiert. In Genf hingegen hätte in eine leere Messehalle erst noch die Infrastruktur für den ESC eingebaut werden müssen.
Der ESC findet in Basel in der St. Jakobshalle statt. Die Kapazität der Konzerthalle beträgt etwas mehr als 9000 Besucherinnen und Besucher. Das ist vergleichsweise wenig für den grössten Musikevent der Welt. Für alle, die sich kein Ticket ergattern können, gibt es jedoch eine Alternative: Basel plant im benachbarten St. Jakob Park, dem Fussballstadion des FC Basel, ein Public Viewing für bis zu 20'000 Menschen. Zudem soll in der Ausgehmeile Steinenvorstadt eine «Eurovision Street» eingerichtet werden. Auf dem Barfüsserplatz ist eine Bühne für lokale Bands vorgesehen.
Mit dem Zuschlag für Basel wurden auch die genauen Daten bekannt. Die Halbfinals des ESC 2025 finden am 13. und 15. Mai statt. Das Finale wird am 17. Mai über die Bühne gehen. Somit ist das Rennen um die Hotelbetten eröffnet. Klar ist: Das Angebot ist knapp. Während in Genf im Umkreis von 35 Minuten 25'000 Betten zur Verfügung gestanden wären, sind es bei der Basler Hotellerie nur 9500 in einem Umkreis von 20 Minuten um den Konzertort. Von den ursprünglich vier Bewerberstädten Zürich, Genf, Bern und Basel ist Basel nach Bern jene mit dem kleinsten Angebot an Hotelzimmern, was nun zu Knappheit und hohen Preisen beiträgt.
Viele Hotels sind bereits gut gebucht – oder haben ihre Verfügbarkeiten noch nicht aufgeschaltet. Wer am Freitagmorgen auf Booking.com eine Übernachtungsmöglichkeit suchte, konnte einzig im Hotel «Merian Basel – Self Check-in» (fünf Nächte für 9500 Franken) oder Hotel du Commerce (fünf Nächte für 3605 Franken) noch buchen. Wer es weniger teuer mag, muss private Alternativen suchen oder in einem nah gelegenen Ort übernachten. Aufgrund der geografischen Nähe und direkter Zugverbindungen bieten sich etwa Liestal, Delsberg oder Olten an.
Die Delegationen der teilnehmenden Musiker und die Mitarbeitenden etwa der Europäischen Rundfunkunion (EBU) oder der SRG, die für den ESC nach Basel kommen, brauchen die ausgebuchten Hotels nicht zu kümmern. Basel musste für sie bereits im Vorfeld Hotelzimmer zu üblichen Preisen reservieren.
Bewegen sollen sich die Gäste mit dem öffentlichen Verkehr. Auch internationale Gäste, die mit dem Flugzeug anreisen, müssen auf diesen zurückgreifen. Vom Flughafen Basel-Mulhouse ist die St. Jakobshalle innert 40 Minuten mit Bus und Tram zu erreichen.
Der Grosse Rat des Kanton Basel-Stadt hat noch nicht über eine Finanzierungsvorlage entschieden. Das dürfte er in einer der ersten Sitzungen nach der Sommerpause im September tun. Nach der Publikation des entsprechenden Beschlusses im Kantonsblatt kann das Referendum ergriffen werden. Damit es zustande kommt, müssen innert 42 Tagen 2000 gültige Unterschriften von im Kanton wohnhaften Stimmbürgerinnen und -bürgern gesammelt werden.
Die rechts-religiöse Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) hat bereits im Vorfeld angekündigt, auch in Basel das Referendum ergreifen zu wollen. Sie ist zwar im Kanton politisch unbedeutend, Unterschriften sammeln dürfen aber auch auswärtige Parteimitglieder und Sympathisanten. Sollte das Referendum zustandekommen, wäre der frühestmögliche Termin für eine Volksabstimmung der 24. November. Allerdings wäre dies ein äusserst sportlicher Zeitplan, da beispielsweise auch noch Unterlagen gedruckt und frühzeitig zugestellt werden müssen. Auch eine Abstimmung erst im nächsten Jahr ist denkbar.
Die SRG hat betont, dass der ESC sowieso stattfindet, ungeachtet eines Referendums. Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass ein Kredit in einer Volksabstimmung abgelehnt würde, müsste sie aber wohl für einen grossen Teil der Kosten selbst aufkommen.
Die zum Teil antisemitisch motivierten Demonstrationen während des diesjährigen ESC im schwedischen Malmö haben hohe Sicherheitskosten verursacht und zu teils unschönem Bilder geführt, etwa als Tausende vor dem Hotel der israelischen Sängerin Eden Golan gegen deren Teilnahme protestierten. Die Sängerin konnte ihr Hotel nur für Proben und Auftritte verlassen, das Gebäude musste gesichert werden.
Ob der Nahost-Konflikt im Mai nächsten Jahres noch immer und auch in der Schweiz viele Demonstranten mobilisiert, ist offen. Doch auch Basel-Stadt dürfte eine hohe, vermutlich zweistellige Millionensumme für die Sicherheit am ESC einplanen. Den Angehörigen der Kantonspolizei wurde bereits mitgeteilt, dass eine Feriensperre während des ESC in Kraft tritt.
Die Kantonspolizei Basel-Stadt alleine wird den ESC aber nicht stemmen können. Der Regierungsrat hat im Vorfeld mitgeteilt, dass es einen sogenannten Konkordatseinsatz geben wird. Das heisst, dass Polizistinnen und Polizisten aus anderen Kantonen zugezogen werden. Diesen Einsatz wird Basel-Stadt diesen vergüten müssen.
Das ist noch unklar. Bis am 22. August konnten Musikerinnen und Künstler ihre Songs bei der SRG einreichen. Der Schweizer Beitrag wird nun in einem mehrstufigen Selektionsprozess durch Publikums- und Fachjurys ausgewählt und Anfang 2025 bekannt gegeben. Auch wenn es schwierig sein dürfte, den Sieg von Nemo nächstes Jahr zu wiederholen, startet der Schweizer Vertreter oder die Schweizer Vertreterin doch mit einem gewichtigen Vorteil: Die Schweiz steht als Sieger-Land der letztjährigen Ausgabe beim ESC 2025 direkt im Finale.
Genaue Zahlen sind Mangelware. Fast alle Bewerber-Städte stützten sich auf eine Studie der Universität Liverpool zur Austragung des ESC im Jahr 2023 in Liverpool. Demnach konnte dort eine Wertschöpfung in der Höhe von umgerechnet 62 Millionen Franken generiert werden – etwa weil Fans in Hotels übernachteten, in Restaurants assen oder im Detailhandel einkauften. Im Mai seien in Liverpool 175'000 Hotelzimmer belegt worden.
Allerdings lassen sich solche Zahlen nicht ohne weiteres auf andere Städte übertragen und sind mit Vorsicht zu geniessen. So ist etwa schwierig abzuschätzen, wie viele Hotelzimmer auch ohne den ESC belegt wären mit Gästen, die für andere Zwecke anreisen würden. Sie hätten ebenfalls für Wertschöpfung gesorgt. Zudem dürfte ein Teil der Gäste in Basel in Hotels im angrenzenden Deutschland oder Frankreich übernachten.
Ein Grossteil der Zuschauerinnen und Zuschauer des ESC kommt erfahrungsgemäss aber sowieso aus der gleichen Region und dem Gastgeberland. Aus touristischer Sicht bedeutender ist deshalb der Marketing-Effekt: Mit Veranstaltungen wie dem ESC, die via Fernsehen und Social Media europaweit oder gar global wahrgenommen werden, können Städte ein Image transportieren und auf sich aufmerksam machen. Der Effekt einzelner Anlässe sollte nicht überschätzt werden, in einer längerfristigen Strategie können sie aber ein wichtiger Baustein sein. (ear/aargauerzeitung.ch)