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Nationalratskommission will mehr Kriegsmaterial-Exporte zulassen

ZUR UEBERSICHT DER AUSFUHR VON KRIEGSMATERIAL IM JAHR 2017, STELLEN WIR IHNEN HEUTE, 27. FEBRUAR 2018, FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - The rapier with the four surface-to-air missiles stands o ...
«Auch die Weitergabe von Waffen soll grundsätzlich möglich sein.»Bild: KEYSTONE

Parteien nach Kommissionsentscheid zu Rüstungsexporten uneins

11.11.2025, 16:3311.11.2025, 18:54

Nach dem Entscheid der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats zur Lockerung des Exports und der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial stellt sich Rot-Grün auf die Hinterbeine und droht mit einem Referendum. Der Rüstungsindustrie nahestehende Verbände sowie Vertreter der Mitte, der FDP und der SVP begrüssen den Entscheid.

«Dieser Entscheid ist ein Geschenk an die Rüstungsindustrie», wird etwa Nationalrat Gerhard Andrey (FR) in der Mitteilung der Grünen zitiert. Für eine sichere Welt brauche es «mehr Zusammenarbeit, nicht mehr Waffenexporte», so das Mitglied einer Minderheit in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SIK-N), die am Dienstag unterlag.

Nationalrat Fabian Molina, SP-ZH, spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 18. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
SP-Nationalrat findet den Entscheid «zynisch». Bild: keystone

Rot-Grün kündigt Referendum an

Der unverständliche Entscheid der SIK-N befeuere Kriege überall, statt Menschenrechte zu schützen und den Frieden zu fördern, teilten die Grünen weiter mit. Werde die Vorlage im Parlament so durchgewinkt, würde die Partei zusammen mit einer «breiten zivilgesellschaftlichen Allianz» das Referendum ergreifen.

Auch die SP drohte mit dem Referendum und bezeichnete den Entscheid in einer Mitteilung als «Lex Rüstungsindustrie». Mit Letzterem werde das Exportkontrollregime faktisch aufgehoben.

«Es ist zynisch, wenn ständig von Neutralität geredet wird und man gleichzeitig in Kauf nimmt, dass Schweizer Kriegsmaterial künftig in bewaffneten Konflikten gegen Zivilistinnen und Zivilisten eingesetzt wird», wird SIK-N-Mitglied und Nationalrat Fabian Molina (ZH) in der Mitteilung vom Dienstagabend zitiert.

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zeigte sich vom Kommissionsentscheid ebenfalls enttäuscht und sprach von einem «Geschenk» an die Rüstungsindustrie. «Die wichtigsten und über Jahre erkämpften Exportregeln für Schweizer Kriegsmaterial sollen fallen, damit die Rüstungsindustrie aus der Schweiz heraus Waffen an Unrechtsregime und in Bürgerkriegsländer liefern kann», wird der politische Sekretär Joris Fricker in einer Mitteilung zitiert. Auch die GSoA kündigte an, im Falle eines positiven Parlamentsentscheids das Referendum zu ergreifen.

Heinz Theiler, FDP-SZ, spricht zur Ruestungsdebatte, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 5. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Heinz Theiler, FDP-SZ, spricht zur Ruestungsdebatte, an der Sommersession in Bern.Bild: keystone

Erleichterung bei den Bürgerlichen

Bei der FDP hingegen zeigte man sich erleichtert. Die SIK-N schaffe erstmals seit Jahren wieder Hoffnung für die darbende Schweizer Rüstungsindustrie, teilte die Partei mit. «Es steht fünf vor zwölf. Die Schweiz hat in den letzten drei Jahren einen Teil ihrer unverzichtbaren Rüstungsindustrie, wertvolles Know-how und unzählige Arbeitsplätze verloren», wird der Schwyzer Nationalrat und Sicherheitspolitiker Heinz Theiler in einer Mitteilung vom Dienstagabend zitiert.

Bei der neuen Regelung geht es laut Theiler denn auch nicht um blinde Exporte, «sondern um unsere Verteidigungsfähigkeit. Wer die bewaffnete Neutralität ernst nimmt, sorgt dafür, dass sich unser Land im Ernstfall selbst verteidigen kann - und das geht nur mit einer starken, heimischen Rüstungsindustrie».

Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-BL, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-BL, an der Wintersession am 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern.Bild: keystone

«Neutralität ja - aber keine Naivität. Die Lockerung beim Wiederausfuhrverbot ist ein Schritt zu mehr sicherheitspolitischer Realität. Sicherheit hat ihren Preis - und den sollten wir zu zahlen bereit sein», schrieb Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter am Dienstagabend auf der Online-Plattform X.

SIK-N-Mitglied und Nationalrat Michael Götte (SVP/SG) wiederum schrieb auf derselben Plattform: «Weg frei für ein zeitgemässes Kriegsmaterialgesetz.» Diese Revision stärke «unsere Industrie, die Einsatzfähigkeit der Armee und das Vertrauen unserer Partner», so Götte weiter. Weiterhin seien trotzdem «strikte Grenzen» gesetzt. Es gebe keine Exporte bei systematischen Menschenrechtsverletzungen oder bei hohem Risiko des Missbrauchs.

Rüstungsnahe Verbände erfreut

Der Verein Allianz Sicherheit Schweiz blies ins gleiche Horn: Die Abwanderung der Rüstungsproduktion ins Ausland zeige, dass die Schweiz dringend eine Lockerung der Ausfuhrbestimmungen brauche. Das angekündigte Referendum von SP und Grünen bezeichnete die Allianz als «verantwortungslos».

«Das Ziel von SP und Grünen ist einzig, die Rüstungsindustrie aus dem Land zu vertreiben. Wenn sie noch einen Funken sicherheitspolitische Verantwortung haben, verzichten sie auf das Referendum», wird Präsident und SIK-N-Mitglied Reto Nause (Mitte/BE) in der Mitteilung zitiert.

Auch der Arbeitskreis Sicherheit und Wirtschaft (Asuw), wo etwa auch der Verband der Schweizer Tech-Industrie (Swissmem) Mitglied ist, begrüsste den Entscheid der SIK-N am Dienstag als «ausgewogene Lösung, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Rüstungsindustrie sowie das Vertrauen in die Schweiz als verlässliche Partnerin stärkt». (sda)

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45 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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insert_brain_here
11.11.2025 16:46registriert Oktober 2019
Wie wärs denn mit folgender Änderung: Waffenexporte sind nur in Länder erlaubt die Mindeststandards in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten erfüllen? 🤷‍♂️
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Rannen
11.11.2025 16:46registriert Januar 2018
Es ist langsam an der Zeit dass die zur Vernunft kommen, denn die Grosswetterlage hat sich Massiv verändert somit sind Anpassungen zwingend
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Andi Weibel
11.11.2025 17:02registriert März 2018
Waffenlieferungen für Saudi-Arabien und Israel, aber nicht für die Ukraine.

Das ist nicht nur unmoralisch. Es ist auch strategisch für die Sicherheit der Schweiz verheerend. Wer erinnert sich noch? Die Exportbestimmungen waren verschärft worden, weil massenhaft Schweizer Waffen und Munition in den Händen von islamistischen Terrororganisationen aufgetaucht waren. Dass dieselben Staaten, die damals diese Waffen weitergegeben hatten, nun ohne Endverbraucherbestimmungen wieder beliefert werden sollen, ist extrem kurzsichtig.
2015
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