Der Rücktritt des Credit-Suisse-Chefs Tidjane Thiam löse eine neue Abzockerdebatte aus, schreibt die «Sonntags-Zeitung» am Samstagabend. Die Abzockerinitiative werde im Kern nicht umgesetzt, kritisiert Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser.
Seit der Annahme der Abzockerinitiative 2013 stehe in der Bundesverfassung, dass Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder «keine Abgangs- oder andere Entschädigung und keine Vergütung im Voraus» erhalten dürften.
Doch seien im Fall des CS-Chefs diese Grundsätze gleich mehrfach verletzt worden – «wenigstens, wenn man allgemein verständliche Massstäbe anlegt».
Jetzt, da klar sei, dass Thiam die Credit Suisse Ende Woche verlassen müsse, erhalte er neben Lohn und Bonus für das vergangene Jahr und für die ersten acht Monate dieses Jahres auch die aufgeschobenen Vergütungen im Wert von 16 Millionen ausbezahlt. Dies, obwohl er laut offizieller Credit-Suisse-Mitteilung selber gekündigt habe.
Die Sonntags-Zeitung zitiert Vincent Kaufmann, den Direktor der Anlagestiftung Ethos, einen Kenner der Materie:
Thiam erhalte in den den kommenden Monaten rund 30 Millionen Franken von der Credit Suisse, schätzte der «Tages-Anzeiger» am vergangenen Freitag.
Allerdings gebe es den Bonus nur, sofern er schweige und sich nicht gegen das Unternehmen stelle. Das sei in diesem Fall wichtig, denn grosse US-Aktionäre hätten angedroht, gegen den Verwaltungsrat zu klagen, wenn Thiam entlassen werde. Da er jedoch offiziell freiwillig gehe und sich ans Schweigegebot halten müsse, sei eine Klage faktisch unmöglich.
Pikant: Im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» (CH Media) versicherte der CS-Präsident Urs Rohner, Thiam erhalte keine Abgangsentschädigung. Solche seien «bekanntlich nach schweizerischem Recht seit der Minder-Initiative ohnehin nicht zulässig».
Der CEO erhalte noch für weitere sechs Monate den Lohn, sagte Rohner – das sei die übliche Kündigungsfrist für Mitglieder der Konzernleitung.
Für Thomas Minder, den Vater der Abzockerinitiative, sei das ein grosses Ärgernis, hält die «Sonntags-Zeitung» fest. Minder kritisiere auch das Parlament, das bisher kein Gesetz verabschiedet habe, das die Verordnung ablösen sollte. Im Gegenteil: Der Ständerat lehnte eine Verschärfung ab.
Von Minder heisst es weiter, er rate jedem Initiativkomitee, in Zukunft alles noch viel detaillierter festzuhalten.
Quellen:
(dsc)
Mehr muss man dazu nicht sagen.