Russland ist mit Abstand der grösste Gas-Lieferant der Schweiz. Das meiste kommt dabei über Deutschland und Russlands Präsident Wladimir Putin drosselte in den vergangenen Tagen den Gasfluss dorthin. In Deutschland wurde darum bereits zum Gas-Sparen aufgerufen. Soweit sind wir in der Schweiz noch nicht. Aber mit der kalten Jahreszeit müssen wir womöglich auch Massnahmen ergreifen.
Diese 12 Punkte zeigen dir den Stand der Dinge.
Der Energieverbrauch pro Kopf nahm in den letzten Jahren kontinuierlich ab. Im Monitoringbericht zur Energiestrategie 2050 gibt das Bundesamt für Energie (BFE) den Verbrauch indexiert mit Basis-Jahr 2000 an. In den letzten 20 Jahren ging der Pro-Kopf-Verbrauch demnach rund 20 Prozent zurück.
Das EDA schreibt: «Der mittlere Energieverbrauch pro Person ist seit 1990 um 14,5 Prozent zurückgegangen. Aber als Folge der gleichzeitigen Zunahme der Wohnbevölkerung um 23,4 Prozent ist die Gesamtmenge der genutzten Energie in der gleichen Periode um 5,5 Prozent angestiegen.» Insgesamt verbrauchte die Schweiz 2021 794'720 Terjoule (TJ) Energie.
Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz 122'280 Terajoule Erdgas verbraucht, das sind 15,4 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs.
Bis in die 1950er Jahre war die Schweiz sehr von Kohle abhängig, welche heute kaum mehr eine Rolle spielt. Auch die Erdölprodukte (Brenn- und Treibstoffe) nehmen seit dem Höchststand 1970 kontinuierlich ab.
Immer beliebter wird dagegen Energie aus Fernwärme, Industrieabfällen und erneuerbare Energien wie Biogene Treibstoffe, Biogas, Sonnenenergie und Umweltwärme. Wir haben diese in der Grafik noch unter «Übrige» zusammengefasst.
Die Schweiz hat direkte Vertragsbeziehungen, insbesondere mit Liefergesellschaften in Frankreich, Deutschland, Italien und den Niederlanden. Rund drei Viertel der Gaslieferungen in die Schweiz erfolgen über Deutschland.
Mit Russland gibt es keine Abkommen, allerdings kommt das Erdgas indirekt über die anderen Liefergesellschaften, insbesondere Deutschland, wo die Pipeline Nord Stream 1 endet. Michael Schmid, Leiter Public Affairs beim Verband der Schweizerischen Gasindustrie (Gazenergie), schreibt auf Anfrage: «Anders als beim Strom gibt es für Gas bisher noch kein umfassendes Herkunftsnachweissystem. Insofern kann nur eine Abschätzung gemacht werden.» Dabei geht man von dieser Aufteilung aus:
Das ist nicht ganz so einfach und im Vergleich zu Öl ungleich komplizierter: Die Transporte dafür gestalten sich aufwendiger, was sich auf den Preis niederschlägt. Für Russland in die Bresche springen könnten die USA, Katar oder Ägypten. Statt durch Pipelines würde der Energieträger in flüssiger Form in Tankern nach Europa geschifft.
Michael Schmid von Gazenergie erklärt:
Die erste Verhandlungsrunde mit den deutschen Verhandlungspartnern fand im Juni 2022 statt.
In der Schweiz bestehen keine saisonalen Gasspeicher, sondern nur kleinere Speicher, welche die temperaturbedingten Schwankungen im Winter während einigen Stunden oder Tagen ausgleichen.
Darum werden für die Gasversorgung der Schweiz Speichermengen im Ausland eingekauft, wo auch grosse Speicher stehen. Im Auftrag des Bundesrats werden dort physische Reserven eingekauft. Eine erste Tranche sicherte sich die Westschweizer Regionalgesellschaft Gaznat in Frankreich. Ziel ist, dass sich die Schweiz so und über Optionen rund 35 Prozent des Bedarfs für den kommenden Winter sichert.
Zudem gibt es sogenannte Ersatzpflichtlager für Heizöl, mit welchem Zweistoffanlagen im Fall von Knappheit von Gas auf Öl umgestellt werden könnten.
Der grösste Anteil von Gas wird in Haushalten für Heizung und Warmwasser verbraucht. Dahinter folgen die Industrie und Dienstleistungen mit ebenfalls beträchtlichen Anteilen.
Der Gasverbrauch in den Schweizer Gemeinden ist sehr unterschiedlich hoch. Hier siehst du, wie abhängig deine Gemeinde vom Gas ist.
Auffallend ist, dass insbesondere bevölkerungsstarke Zentren hohe Gas-Anteile ausweisen. Der Grund: Dort hat es Leitungen. Es waren die Städte, die bereits im 19. Jahrhundert Stadtgas aus Steinkohle produzierten, primär für die Beleuchtung. Als die Elektrizität ab 1890 aufkam, kam Gas für Warmwasser, Kochen und Heizen zum Einsatz. In den 1970er-Jahren begann die Schweiz dann Erdgas für die Beheizung grosser Gebäude und in der Industrie zu nutzen.
Den höchsten Gasverbrauch in der Schweiz haben Basel, Genf und Zürich, wo zwischen 40 und 50 Prozent der Wohngebäude mit Gas warm gehalten werden. Noch höher ist der Anteil in den aktuellen oder ehemaligen Industriestädten Solothurn, Olten, Langenthal, Allschwil oder Bettingen. Dort heizen über 60 Prozent der Haushalte mit Gas.
Normalerweise verbrauchen wir in der Schweiz in den Monaten Juni bis August am wenigsten Gas, rund eine Terawattstunde pro Monat. Wenn es kalt wird, kann dieser Verbrauch auf sechs bis sieben Terawattstunden ansteigen.
Marianne Zünd, Leiterin Abteilung Medien und Politik beim Bundesamt für Energie, schreibt auf Anfrage: «In der kalten und kälteren Jahreszeit (Herbst, Winter, Vorfrühling) verbrauchen wir ungefähr 80% des Jahresverbrauchs.»
Wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte, käme in einem ersten Schritt das Konzept zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Gasbereich zur Anwendung, welches die Task Force Winterversorgung ausgearbeitet hat. Das Konzept beinhaltete zwei Massnahmen:
Falls diese Massnahmen nicht ausreichen, würde der Bund hoheitliche Massnahmen treffen:
Das Bundesamt für Statistik (BfS) stellt regelmässig schweizerische Durchschnittspreise für Erdgas zur Verfügung. Indexiert haben wir die Preise für Gas (Verbrauchstyp 2, 20'000 kWh) im Dezember 2010. Im September war dieser ungefähr wieder auf dem Wert von Dezember 2010, seither ist er massiv angestiegen:
Die Preise für Gas dürften in den nächsten Monaten weiter steigen und beispielsweise für Mieterinnen und Mieter kann es zu Mehrkosten im hohen dreistelligen oder gar tiefen vierstelligen Bereich kommen.
Diverse grosse Mietverwalter schreiben darum ihre Mieterinnen und Mieter an und warnen vor den steigenden Preisen. Dazu gibt es die Möglichkeit, die Akonto-Zahlungen freiwillig zu erhöhen, damit man dann nicht eine böse Überraschung bei der Abrechnung erlebt. Denn allfällige Nachforderungen gelten als Mietschulden und müssen zeitnah bezahlt werden.
Haushalte, die mit Öl oder Wärmepumpen heizen, bleiben vorerst verschont. Auf nächstes Jahr zeichnet sich aber ein höherer Strompreis ab.
Maya Eldorado
Ich strick mir mal vorsorglich warme Wollpullover und -socken.
Spiderman97
Das ist genau das Problem: abwarten bis es knapp oder teurer wird. Etwas bewusster mit der Energie umgehen ist immer ein guter Rat. Schade, dass unsere wohlstandsverwahrloste Gesellschaft einen Appell oder Anreiz benötigt. Ein weiteres Beispiel wie die Eigenverantwortung versagt.
John What's on