In der Industrie gibt es nur Ja oder Nein: Entweder gibt es Gas und der Ofen läuft, oder es gibt kein Gas – und die Produktion steht still. Sparrezepte mit reduziertem Verbrauch, wie sie beim Heizen in Privathaushalten funktionieren würden, sind hier keine Option.
«Gas ist in der Industrie schlicht und einfach unentbehrlich», betont Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor beim Verband Swissmem. «Eine Rationierung beim Gas kommt einem Lockdown der Industrie gleich.»
Oder wenigstens einem Teillockdown – für all jene gasabhängigen Firmen, die keine Zweistoffanlagen haben. Das heisst für alle, die das fehlende Gas nicht mit Öl ersetzen können. Und das ist der Grossteil der Schweizer Industrieunternehmen.
Kohl schätzt, dass heute nur noch 20 bis 30 Prozent über eine solche Zweistoffanlage verfügten. Tendenz abnehmend. Denn Unternehmen, die in ihre Energiezufuhr investieren mussten, setzten in den vergangenen Jahren auf Nur-Gas-Lösungen – weil Anlagen für nur einen Energieträger günstiger sind und weil die CO2-Bilanz von Gas deutlich besser ist als jene von Öl.
Der Umstieg von Öl auf Gas ist auch ein Grund, wieso die Industrie ihren CO2-Ausstoss in den vergangenen zwei Jahrzehnten massiv reduzieren konnte. So haben allein die 1250 im Branchenverband Swissmem zusammengeschlossenen Firmen ihre CO2-Emissionen im Verlauf der vergangenen 30 Jahren mehr als halbiert.
Die Industrie ist also auf eine jederzeitige Gasversorgung angewiesen – etwa zur Erzeugung sogenannter «Prozesswärme», mit der etwa ein Ofen immer läuft, um Metall zu erhitzen. Stahlwerke wiederum brauchen Gas, um die bereits hohen Temperaturen nochmals zu erhöhen, zu «boostern», wie Kohl sagt. Nur so kann Metall geschmolzen werden.
Würde Gas rationiert, dann würden Stahl- und Aluminiumwerke wochenlang stillstehen. Für den Industrieverband Swissmem ist deshalb klar: «Wir müssen das Risiko einer Gasmangellage um jeden Preis verhindern», sagt Kohl.
Swissmem wünscht sich deshalb, dass der Bundesrat schon jetzt dazu aufrufen würde, Gas zu sparen, wo dies mit minimalen Komforteinbussen möglich sei – namentlich bei den Haushalten, den öffentlichen Gebäuden und den Büroräumlichkeiten. Das sei nötig, um erstens frühzeitig das nötige Problembewusstsein zu schaffen, sagt Kohl. Und zweitens würde jede gesparte Gas-Kilowattstunde mithelfen, die Gasspeicher in Deutschland zu füllen, was wiederum helfe, die Gaszufuhr für die Schweiz mitabzusichern.
Denn eigene Gasspeicher hat die Schweiz keine, sie ist hier vollständig auf Importe angewiesen. Nur gerade der Westschweizer Gasregionalverbund Gaznat hält einen staatsvertraglich abgesicherten Anteil an einem französischen Gasspeicher bei Lyon.
Der Gaseinkauf im Ausland obliegt den hiesigen Gaslieferanten und namentlich den fünf Gasregionalverbünden. Anders als im Strommarkt gibt es heute keine spezialgesetzlichen Regeln für Unternehmen, die selbst Gas beschaffen möchten. Das Gasversorgungsgesetz, das hier Möglichkeiten geschaffen hätte, war zwar in der Vernehmlassung, aber es liegt noch keine bundesrätliche Botschaft vor.
Hingegen hat der Bundesrat die fünf Gasregionalverbünde im Mai beauftragt, in den Gasspeichern in den Nachbarländern rund sechs Terawattstunden (TWh) respektive 15 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs der Schweiz von total rund 35 TWh zu beschaffen, davon sind Stand heute 3.8 TWh gesichert. Zusätzlich sollen die fünf grossen Regionalgesellschaften, also Erdgas Ostschweiz, der Gasverbund Mittelland, Erdgas Zentralschweiz, der Westschweizer Verbund Gaznat sowie die Aziende Industriali di Lugano im Tessin, Optionen auf weitere sechs TWh sicherstellen.
Wir haben ja riesige Stahlwerke in der Schweiz
Diese Industrie heult nun rum...
Wenn ich es falsch interpretiere, kann man mich gerne korrigieren.