Die Schweizer Gesellschaft, Wirtschaft und Politik kann bis 2035 die Energiewende zugunsten von Klima- und Artenschutz schaffen. Eine Umweltallianz aus sechs Umwelt-, Energie- und Verkehrsorganisationen will dazu Nutz- und Schutzinteressen beim Ausbau erneuerbarer Energien unter einen Hut bringen.
Die Biodiversitäts- und die Klimakrise sind die grössten menschengemachten Bedrohungen der Lebensgrundlagen. Sie verstärken einander, wie die Verbände BirdLife, Greenpeace, Pro Natura, Schweizerische Energie-Stiftung (SES), Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und WWF Schweiz am Montag an einer Online-Medienkonferenz festhielten.
Geht die Schweiz beide Krisen gemeinsam an, entsteht den Organisationen zufolge eine Win-Win-Situation. Demnach braucht es dafür einen Stopp der Energieverschwendung und einen raschen Ausbau, insbesondere der Solarenergie. In die Planung von Energieprojekten müssen dabei Schutz- und Nutzenüberlegungen gleichwertig einfliessen.
Die Politik hat es in der Hand, wie die Verbände weiter mitteilten. Gefordert sind rasch konkrete Massnahmen wie ein verbindlicher Termin für den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, neue Gebote und Anreize bei der Energieeffizienz und ein Photovoltaik-Standard für Gebäude.
Mit einer besseren Nutzung liessen sich 41 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs bis 2035 einsparen. Der Ausbau der Solarenergie auf bestehenden Strukturen könnte den steigenden Strombedarf decken, teilte die Umweltallianz mit. Gemäss ihren Berechnungen ist ein Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion um zusätzliche 38 Terrawattstunden (TWh) bis zum Zieljahr möglich.
VCS-Geschäftsführer Anders Gautschi betonte vor den Medien, dass keine schmerzhafte Eingriffe notwendig seien, um Energie zu sparen, aber eine weitere Sensibilisierung nötig sei. So brauche es etwa bei einer vollständigen Elektrifizierung des Strassenverkehrs, die in vollem Gang sei, dreimal weniger Energie für die gleiche Leistung.
Würden bestehende Bauten und versiegelte Flächen für Photovoltaik genutzt, könnten rund 60 TWh pro Jahr gewonnen werden, sagte Greenpeace-Geschäftsleiterin Iris Menn. Es brauche jetzt einen Solarsprint. Die Photovoltaik liefere derzeit jährlich knapp 3 TWh an Strom, dieser Anteil sollte bis 2035 auf 30 TWh verzehnfacht werden.
Neben dem beschleunigten Ausbau der Photovoltaik fordert die Energiestiftung Schweiz (SES) einen bedarfsorientierten Einsatz der Speicherwasserkraft. Ein Zubau von Wasserkraft sei im Einklang mit der Natur möglich, erklärte SES-Geschäftsleiter Nils Epprecht. Ein positives Beispiel sei die Erhöhung des Staumauer am Mattmarkt See VS. Es gebe derzeit 15 umweltfreundliche Projekte, wenn diese umgesetzt würden, könnte die Leistung um 2 TWh gesteigert werden.
Weiter warnte die Allianz davor, intakte Naturräume für den Zubau in der Stromproduktion zu nutzen. Klima- und Biodiversitätskrise seien die beiden Seiten der gleichen Medaille. Moore etwa seien CO2-Senken und speicherten grosse Mengen an Treibhausgasen.
Würden mögliche Zielkonflikte zwischen Naturschutz und einem Ausbau von erneuerbaren Konflikten früh angegangen, könnten diese besser in Einklang gebracht werden, sagte Pro Natura-Zentralsekretär Urs Leugger. Pro Natura sei zur Mitarbeit bereit. Zwischen 2010 und 2020 habe es weniger als sechs Beschwerden pro Jahr gegen Energieprojekte geben.
Heute fliessen pro Jahr rund 50 Milliarden Franken in den Aus- und Umbau energetischer Anlagen wie Wärmepumpen, Ladestationen oder Photovoltaik-Anlagen auf Dächern, erklärte WWF-Geschäftsleiter Thomas Vellacott. Um das Netto-Null-Ziel bis 2035 zu erreichen, brauche es drei bis vier Milliarden Franken mehr pro Jahr. (sda)
PS: Photovoltaikzellen nach Norden sind eine Ressourcenverschwendung!