Die Geschichte des Anfang 2018 fusionierten Unternehmens Keystone-SDA ist geprägt von Sparmassnahmen. Und die finanzielle Situation bleibt angespannt. Dank des Verkaufs einer Beteiligung schloss die Schweizer Nachrichtenagentur das vergangene Geschäftsjahr zwar mit einem Gewinn von 330'000 Franken ab.
Doch das operative Ergebnis liegt rund 2 Millionen Franken im Minus. Dies geht aus dem Jahresbericht hervor, der letzte Woche an die Aktionäre verschickt wurde.
Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass der Verwaltungsrat von Keystone-SDA eine Gewinnausschüttung von 1,4 Millionen Franken zuhanden der Aktionäre beantragt. Dies umso mehr, als die Nachrichtenagentur wegen der prekären Finanzlage seit diesem Jahr mit Bundesgeldern unterstützt wird: Für ihren Text-Basisdienst erhält sie eine Finanzhilfe von maximal 2 Millionen Franken pro Kalenderjahr.
Bei der Vizepräsidentin der Mediengewerkschaft Syndicom, Stephanie Vonarburg, stösst das Vorgehen des Verwaltungsrates auf Unverständnis: «Die angekündigte Dividende muss drastisch reduziert werden.»
Gemäss Unternehmenssprecher Iso Rechsteiner handelt es sich bei den 1,4 Millionen Franken nicht um eine neue Dividende, sondern um die Schlussabrechnung nach dem Vollzug der Fusion. Folgerichtig gehöre die österreichische Nachrichtenagentur APA als neue Aktionärin nicht zu den Profiteuren. Die Dividende muss Mitte Juni an der Generalversammlung der Aktionäre noch abgesegnet werden.
Im Zuge der Fusion hatten sich die Aktionäre im vergangenen Jahr bereits 12 Millionen Franken aus aufgelösten Reserven auszahlen lassen. Für Stephanie Vonarburg zeigt die Dividendenausschüttung, dass die Besitzverhältnisse der Agentur geändert werden müssten.
Die Verleger sind einerseits Kunden und Abnehmer der Meldungen – und als solche drücken sie auf die Tarife. Auf der anderen Seite halten sie Anteile an Keystone-SDA. In dieser Rolle entzögen die Verlagshäuser dem Unternehmen weitere Mittel und Reserven, welche die Agentur für Investitionen und für das Personal bräuchte, so Vonarburg.
Unterdessen geht die Umstrukturierung der einzig verbliebenen Schweizer Nachrichtenagentur weiter: Vor einem Jahr hiess es, man wolle den Regionen mehr Gewicht geben. Nun wird ein grosser Teil des Zürcher Büros in den Hauptsitz im Berner Aussenquartier Wankdorf verlegt: Ab September zügelt das Fotodesk in die Bundesstadt, im Februar 2020 folgt dann auch noch die Sportredaktion.
Entscheidend für die Zukunft von Keystone-SDA ist das neue Tarifmodell. Die mit sinkenden Werbeeinnahmen kämpfenden Medienhäuser konnten der Agentur zuletzt Rabatte abringen. Das neue Modell liess lange auf sich warten, Mitte Juni soll es nun aber vom Verwaltungsrat genehmigt werden. Danach starten die neuen Verhandlungen mit den Kunden. Auf der Redaktion geht die Sorge um, dass je nach Ergebnis ein weiterer grösserer Stellenabbau ansteht.
Die Redaktion hat bereits viel Substanz verloren: Ende 2018 zählte Keystone-SDA 36 Vollzeitstellen weniger als zu Jahresbeginn. Seither sind weitere Abgänge dazugekommen, ersetzt wurden sie nur teilweise. «Verschiedene Abteilungen sind chronisch unterbesetzt, viele Angestellte sind am Anschlag», sagt Stephanie Vonarburg.
Die Anfälligkeit für Fehler und Pannen steige. Der Anspruch des Unternehmens lautet immer noch, dass jede Meldung «präzise recherchiert und verifiziert» ist, wie es im Geschäftsbericht heisst. Die ausgedünnte Redaktion kann aber nicht mehr dieselbe Menge liefern.
Als die Agentur Anfang April einen Abbau von neun Vollzeitstellen bekannt gab, da stellte sie klar, dass die Redaktion von der neuerlichen Sparmassnahme nicht betroffen sei.
Offenbar musste die Geschäftsleitung dafür aber zu einem Trick greifen, wie aus der Redaktion verlautet: Eine Person wurde demnach per 1. April vom redaktionellen in den nichtredaktionellen Bereich verschoben. Und am 3. April entlassen. Das Unternehmen will zu «einzelnen Mutationen» des jüngsten Abbaus keine Auskunft geben.
Hallo!? Politiker! Genau so Sachen gehören in euer Ämtli! *pfetellinomal*