Es ist eine Nachricht, die Mieterinnen und Mieter in der Schweiz aufhorchen lässt, speziell in Zeiten der Inflation. Im kommenden Jahr könnte der hypothekarische Referenzzinssatz für Wohnungsmieten zum ersten Mal in der Geschichte steigen und damit auch die Mieten, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am Donnerstag kommuniziert hat.
Der früheste Zeitpunkt für diese Erhöhung wäre der 1. März, per Anfang Dezember hat das BWO den Referenzzinssatz auf 1,25 Prozent belassen. Dort steht er seit März 2020. Bei der Einführung im Jahr 2008 hatte der Satz 3,5 Prozent betragen, danach sank er schrittweise.
Michael Töngi, Nationalrat der Grünen und Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz (MV), erachtet eine konkrete Prognose auf Anfrage als schwierig, denn die Situation sei volatil. Personen aus seinem Umfeld seien aber der Meinung, dass der Referenzzinssatz per 1. März oder spätestens per 1. Juni steigen werde.
Auch Linda Rosenkranz, Generalsekretärin vom MV, befürchtet, dass der Referenzzinssatz und dadurch die Mieten steigen werden. Sie betont aber, dass die Zinsen nur ein Teil des Problems seien. Sorgen macht Rosenkranz auch die Energiekrise, welche sich auf die Nebenkosten niederschlagen könnte. Sie bedauert, dass der Bundesrat sich gegen einen Energiebonus in Form von Verbilligungen oder Ergänzungsleistungen für Geringverdienende ausgesprochen hat.
Wichtig zu wissen für Schweizer Mieter: Der Vermieter darf nicht in jedem Fall die Miete erhöhen, sollte der Referenzzinssatz steigen. Es gilt der Referenzzinssatz bei Abschluss des Mietvertrages. Eine Anhebung der Miete ist gemäss BWO-Direktor Martin Tschirren dann möglich, wenn der Mietvertrag auf dem heutigen Referenzzins von 1,25 Prozent beruht. Michael Töngi vom Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz empfiehlt, den Vertrag und auch allfällige Kostensteigerungen genau anzuschauen.
Im umgekehrten Fall – seit 2008 ist der Referenzzinssatz immer gesunken – hat nur eine Minderheit der Mieterschaft die Reduktion beim Vermieter verlangt. Töngi spricht von einem bis zwei Fünfteln der Mieter. Die Gründe sind mannigfaltig und reichen von generellen Verständnisschwierigkeiten über Sprachbarrieren bis zur Angst vor Konfrontation mit dem Vermieter, etwa wenn dieser im gleichen Haus wohnt.
Dass Verwaltungen – obwohl es ihnen aufgrund des Mietvertrages nicht zusteht – Mieten mit dem Argument des Referenzzinssatzes erhöhen, glauben weder Rosenkranz noch Töngi. Allenfalls könne dies bei Privaten unwissentlich passieren.
Die beiden Vertreter des Mieterinnen- und Mieterverbands betonen, dass vor allem auf Mietende mit knappem Budget herausfordernde Zeiten zukommen werden. Wegen dem möglicherweise steigenden Referenzzinssatz, aber auch aufgrund inflationsbedingter Kostensteigerungen und steigenden Energiekosten. Gemäss Zahlen der Zürcher Kantonalbank kommt auf die Hälfte der Miethaushalte in den nächsten fünf Jahren eine deutliche Mietzinserhöhung zu. Die Mieten dürften aufgrund des Referenzzinssatzes bis 2027 um rund 15 Prozent steigen.