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Die 6 schönsten Durchhalteparolen der Credit Suisse

ARCHIV - QUARTALSZAHLEN CREDIT SUISSE -- Das Logo der Schweizer Bank Credit Suisse an einem Gebaeude in Zuerich Oerlikon, am Donnerstag, 10. Maerz 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
Am 19. Oktober 2009 der Wahnsinn: Bei Tagesende geht die CS-Aktie zu einem Kurs von 48.41 Franken aus dem Handel.Bild: keystone

Die 6 schönsten Durchhalteparolen der Nur-noch-5-Franken-Bank

Die Aktie ist nicht mehr fast 50 Franken wert, sondern kaum noch 5 Franken. Geblieben sind die Ankündigungen einer besseren Zukunft, wie auch heute mit der Ernennung eines neuen CEO.
27.07.2022, 13:1127.07.2022, 15:20
Niklaus Vontobel / ch media
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Es ist der 19. Oktober 2009. In der Schweiz dudelt zuoberst in den Albencharts gerade die Schweizer Band Yello – und der Credit Suisse geht es an der Börse so gut wie niemals zuvor und niemals mehr seither. Bei Tagesende geht sie zu einem Kurs von 48.41 Franken aus dem Handel, also nahe der Marke von 50 Franken. Ein Wahnsinn.

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In den vergangenen 12 Jahren und 8 Monaten hat diese Aktie einen desaströsen Absturz hinter sich: fast 10-mal weniger ist sie aktuell wert. Am 15. Juli 2022 kostete sie vorübergehend weniger als 5 Franken, heute nur wenig mehr, obschon die Credit Suisse wieder einen Neuanfang versprochen hat. Zwischen damals und heute liegen zig Skandale – und zig Versprechen auf eine bessere Zukunft. Und die klangen so:

Nahe an der 50-Franken-Marke, Herbst 2009: «Sehr konservativ agiert»

Die Credit Suisse kriselt längst, als sie am 19. Oktober 2009 den besagten Börsenrekord erreicht. Sie hat 2008 einen Verlust von über 8 Milliarden Franken geschrieben und muss sich neues Fremdkapital besorgen. Die Grossbank tut, was sie all die Jahre danach auch tun sollte: Besserung geloben.

«Zwar enttäuschend» sei der Milliardenverlust, heisst es damals im Geschäftsbericht 2008, gezeichnet von Walter Kielholz als Präsident und Brady Dougan als CEO. Doch das Duo macht geltend, die Bank habe «sehr konservativ agiert» und sich «so aufgestellt, dass wir weniger anfällig sind, sollte das schwierige Marktumfeld andauern». Knapp zwei Jahre später ist der Aktienkurs halbiert.

ARCHIV --- ZUM STEUERSTREIT DER CREDIT SUISSE MIT DEN US-BEHOERDEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Brady W. Dougan , CEO Credit Suisse, an der ordentlichen Generalversammlung ...
CEO Brandy Dougan.Bild: KEYSTONE

Erstmals unter 25 Franken, Sommer 2011: «Nicht alles richtig gemacht»

«Wir haben eine erstklassige Ausgangslage, um nachhaltige Renditen und konsistente Buchwertsteigerungen zu erwirtschaften.» So sehen das Anfang 2011 noch die beiden Spitzenleute der Credit Suisse, Hans-Ulrich Doerig als Verwaltungsratspräsident und Dougan weiterhin als CEO. Danach sollte sich der Börsenkurs halbieren. Zu Jahresbeginn steht sie noch bei 30 Franken, im Sommer fällt sie unter die Marke von 25 Franken, und im Herbst ist sie noch 15 Franken wert.

Später im Jahr gelangt Urs Rohner ins Verwaltungsratspräsidium – und der streut gerne Sätze ein, die nach neuer Bescheidenheit klingen. «Unseren Zielen gerecht zu werden, gelingt uns leider nicht bei jeder Entscheidung», steht Anfang 2012 im Geschäftsbericht – und das Eingeständnis: «Wir meinen vieles richtig gemacht zu haben, doch sicherlich nicht alles.» Doch sonst klingt Rohner wie zuvor Doerig: Eine «gute Ausgangslage» habe man, um «gestärkt aus dieser kritischen Periode hervorgehen zu können». Wunderbar. Vier Jahre später ist der nächste Tiefpunkt erreicht.

Urs Rohner, president of the board of Credit Suisse, speaks during a press conference of the Observation of Iqbal Khan in Zuerich, Switzerland, Tuesday, Oct. 1, 2019. (Ennio Leanza/Keystone via AP)
Urs Rohner gelangt 2011 ins Verwaltungsratspräsidiums.Bild: AP

Erstmals unter 10 Franken, Sommer 2016: «Gut aufgestellt»

Es geht ein Jahr lang rasant bergab, ehe die Aktie unter 10 Franken fällt, wenn auch nur für wenige Tage. Zuvor wird ein «Übergangsjahr» ausgerufen, begründet mit der Einsetzung eines neuen CEO. Auf Brady Dougan ist Tidjane Thiam gefolgt. Der will zuerst alles prüfen, eine neue Strategie vorgeben und dann loslegen. Neuer CEO, neue Hoffnung. Marktführer wolle man werden, auch in Rezessionen noch Profite schreiben, lassen Thiam und Rohner gemeinsam Anfang 2016 festhalten. Man sei «für Wachstum positioniert».

Die Wortwahl war neu, die Botschaft nicht. Vier Jahre zuvor stand im Geschäftsbericht noch «für die Zukunft gut aufgestellt».

epa08199745 (FILE) Tidjane Thiam, CEO Credit Suisse, during an extraordinary general assembly in Bern, Switzerland, 19 November 2015 (reissued 07 February 2020). Credit Suisse's chief executive T ...
Auf Brady Dougan folgt Tidjane Thiam.Bild: EPA

Wieder nah von 20 Franken, Winter 2018: «Strategie hat sich bewährt»

Euphorie, dann Tristesse – das ist das Jahr 2018. Zunächst scheint die Credit Suisse endlich wieder abzuheben. Die Aktie nähert sich der Marke von 20 Franken an – und die Doppelspitze aus Rohner und Thiam fühlt sich bestätigt. «Unsere Strategie hat sich bewährt», so heisst es apodiktisch im Geschäftsbericht, als sei dies nicht zu widerlegen. Zwischen den Zeilen trieft Euphorie durch. Man ist überzeugt, die Ziele zu erreichen und die Restrukturierung erfolgreich abschliessen zu können. Ab 2019 werde man eintreten in eine «neue, normalisierte Phase». Auch das ging daneben.

Ende 2018 stand die Aktie nicht mehr bei 20 Franken, sondern bei 10 Franken. 2019 brachte keine «normalisierte Phase», vielmehr brach ein Beschattungsskandal aus, weil die Bank ihren ehemaligen Starbanker Iqbal Khan von Detektiven überwachen lässt. Thiam muss gehen, Rohner darf bleiben.

Der Leiter der Internationalen Vermögensverwaltung der Credit Suisse, Iqbal Khan, tritt per sofort ab.
Starbanker Iqbal Khan wird von Detektiven überwacht.

Dauerhaft unter 10 Franken, Frühling 2021: «In die Offensive gehen»

Erst Euphorie, dann Tristesse – das ist auch knapp zwei Jahre später wieder zu bestaunen, in schon fast grotesker Weise. Thomas Gottstein will als neuer CEO eine Aufbruchstimmung verbreiten. 2021 solle eine neue Ära für seine Bank bringen, in der sie in die Offensive gehen und wachsen wolle, erzählt er der «Financial Times» im Dezember 2020. Tatsächlich startet Gottstein glänzend in diese neue Ära, im Januar und Februar mit den besten Geschäftszahlen seit zehn Jahren.

Es folgt Skandal auf Skandal. Greensill, ein Lieferketten-Finanzierungsvehikel, geht pleite, wie auch Archegos, ein amerikanischer Hedgefonds. Horta-Osório ist kaum im Amt als Nachfolger von Urs Rohner, als er Quarantäneregeln bricht und zurücktreten muss. Und so geht es weiter. Der Aktienkurs fällt im April 2021 wieder unter die Marke von 10 Franken, dieses Mal bleibt er dort.

FILE -- In this Feb. 23, 2017 file photo Thomas Gottstein, CEO of Swiss bank Credit Suisse (Schweiz) AG, poses in a meeting room at the headquarters of Credit Suisse at Paradeplatz Square in Zurich, S ...
Thomas Gottstein will als neuer CEO eine Aufbruchstimmung verbreiten.Bild: AP

Knapp über 5 Franken, Sommer 2022: «fundamentale Transformation»

Der Aktienkurs der Credit Suisse ist bei 5 Franken angelangt – und die Bank macht bisher im Jahr 2022 hohe Verluste. Über eine Milliarde Franken sind es im zweiten Quartal. Also ist es Zeit für einen Neuanfang, wieder einmal. Ein neuer CEO soll es richten, Ulrich Körner. Bei der UBS reichte es nicht bis ganz nach oben für ihn, doch Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann kennt und vertraut Körner: «Er wird liefern.» Lehmann will eine «umfassende strategische Überprüfung» haben. Körner selbst spricht von einer «fundamentalen Transformation». Es gebe eine «grosse Chance, die Bank für eine erfolgreiche Zukunft zu positionieren und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.» Die Börse bleibt unbeeindruckt. Bis zum Mittag gab die Aktie nochmals etwas nach.

epa10093385 (FILE) - An undated handout photo made available by Credit Suisse shows CEO Asset Management of Credit Suisse Ulrich Koerner, in Switzerland. (Issued 27 July 2022). According to a statemen ...
Der Neue: Ulrich Körner.Bild: keystone

Alles wird besser bei der Credit Suisse – und das schon seit über 10 Jahren.

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Entwürfe für die ersten Franken-Münzen
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Für die ersten Münzen wurden diverse Entwürfe eingereicht. (bild: schweizerisches bundesarchiv)
quelle: schweizerisches bundesarchiv
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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El_Chorche
27.07.2022 13:50registriert März 2021
*duck*
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Vision2060
27.07.2022 13:42registriert April 2021
Aber Millionensäläre bezahlen und Boni ausschütten. Ich lach mich krumm. So nach dem Motto: Wir stehen hart vor dem Abgrund, aber nun machen wir einen grossen Schritt nach vorne. Freude herrscht.
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Liebu
27.07.2022 13:45registriert Oktober 2020
Bei den unzähligen fundamentalen Transformationen in den letzten Jahren ist die einzige Konstante dieser Bank die Richtung des Aktienkurses.
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