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Universität Zürich attestiert Mediziner «grosse Führungsmängel»

Universität Zürich attestiert Spitzenmedizinern «grosse Führungsmängel»

25.05.2021, 11:4125.05.2021, 13:47
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Doppelt so hoch wie vor zehn Jahren, aber immer noch zu tief: Der Frauenanteil bei den ordentlichen Professuren an Uni Zürich beträgt 21 Prozent.
Bild: KEYSTONE

Die Universität Zürich hat die Kritik an drei Spitzenmedizinern ein weiteres Stück aufgearbeitet. Ein Untersuchungsbericht über den früheren Klinikdirektor Martin Rücker zeigt, dass sich dieser nicht nur bereicherte, indem er Spitalpatienten an seine private Praxis überwies, sondern dass er auch grosse Führungsmängel hatte.

Das Führungsverhalten von Martin Rücker, dem früheren Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, habe «klare Mängel und Abweichungen» von den Führungsgrundsätzen der Universität Zürich gezeigt, teilte die Universität am Dienstag mit.

Der Untersuchungsbericht dokumentiert ein sehr autoritäres Arbeitsklima, das Mitarbeitenden wenig Spielraum liess. Konflikte wurden zudem teilweise impulsiv und unangemessen ausgetragen.

Stellung ausgenutzt

Rücker verstiess gemäss Untersuchung auch gegen die Treuepflicht gegenüber der Universität, indem er systematisch Spitalpatienten an seine Privatpraxis überwies. Er habe seine Stellung in erheblichem Umfang zu seinem persönlichen Vorteil genutzt, heisst es weiter.

Die Universitätsleitung stuft die Pflichtverletzungen als «mittel bis schwer» ein. Mit Massnahmen muss Rücker nun aber nicht rechnen. Er war für die Dauer der Untersuchung bereits beurlaubt und ist mittlerweile nicht mehr am Unispital tätig. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten sei nicht festgestellt worden, hält der Bericht weiter fest.

Nicht mehr am Unispital tätig sind auch die beiden anderen kritisierten Spitzenmediziner, der Gynäkologe Daniel Fink, und der Herzchirurg Francesco Maisano.

Mehrere Patientinnen gleichzeitig operiert

Fink führte mehrere Operationen an Patientinnen gleichzeitig aus, indem er nicht alle einzelnen Schritte selber ausführte, sondern sie delegierte. Eine unrechtmässige Bereicherung gab es gemäss einem bereits früher publizierten Untersuchungsbericht aber nicht. Auch die Krankenkasse sei nicht getäuscht worden, weil immer mindestens ein honorarberechtigter Arzt anwesend gewesen sei.

Für die meisten Schlagzeilen sorgte der Herzchirurg Francesco Maisano, der mittlerweile an einem Mailänder Spital tätig ist. Die Untersuchung gegen ihn ergab, dass er gegen die Vorschriften zu den Nebenbeschäftigungen verstiess, weil er privat an einem Unternehmen beteiligt war, das Implantate herstellt.

Maisano soll seine Arbeit in Publikationen gemäss Untersuchungsbericht zudem besser dargestellt haben, als sie offenbar war. Wesentliche Ereignisse wie die klinische Nachbehandlung oder ein Drahtbruch blieben unerwähnt. Zudem seien Komplikationen teilweise nicht korrekt begründet worden. (aeg/sda)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
25.05.2021 11:55registriert August 2015
und? Konsequenzen?
(wohl keine Konsequenzen, das wäre ja mal was ganz neues)
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Einstürzende_Altbauten *
25.05.2021 12:45registriert Dezember 2014
viele Chirurgen sind Narzisten, und Narzisten erkennen kaum eigenes Fehlverhalten. Das ist eigentlich bekannt. Diese Personen müssen besser geführt und/oder begleitet werden, damit sie einerseits ihre meist ausgezeichnenten Leistungen erbringen aber auch das Personal mit Respekt behandeln können. Ich habe einige Geschichten gehört, unglaublich. Ich finde es beschämend, dass es keine Konsequenzen haben wird, positiv wäre zu lesen, wie in Zukunft verfahren wird. Ich erhoffe mir da aber nicht viel, leider.
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Mätse
25.05.2021 13:27registriert September 2015
"Rücker verstiess gemäss Untersuchung auch gegen die TreuePFLICHT gegenüber der Universität, ..."
"Ein strafrechtlich relevantes Verhalten sei nicht festgestellt worden, ..."
Man darf also gegen eine PFLICHT bewusst verstossen, muss nichts befürchten und darf sogar das so erhaltene Geld behalten.
Das stimmt aber so einiges nicht beim USZ!
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