Das Bezirksgericht Zürich hat am Mittwoch den ehemaligen Direktor der Stadtzürcher Entsorgungsbetriebe ERZ verurteilt. Urs Pauli erhielt eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 60 Franken.
Das Gericht verurteilte den 65-Jährigen wegen ungetreuer Amtsführung, mehrfacher Urkundenfälschung im Amt und wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Der Prozess fand im abgekürzten Verfahren statt, weil Pauli geständig war.
Ab dem Jahr 2015 kamen bei ERZ zahlreiche Unregelmässigkeiten ans Licht. Eine externe Untersuchung zeigte, dass die städtische Entsorgung eine «Parallelwelt mit eigenen Regeln» war.
Pauli galt als Sanierer und holte ERZ zurück in die schwarzen Zahlen. Vom Zürcher Stadtrat wurde er damit mit vollständigem Vertrauen belohnt. Die NZZ beschrieb die Vorgänge damals als «System ERZ», «in welchem lieber gehandelt als gefragt wurde, ein System, in welchem die politischen Verantwortlichen froh waren, dass alles lief».
Ab dem Jahr 2015 kamen bei Entsorgung & Recycling Zürich (ERZ) zahlreiche Unregelmässigkeiten ans Licht. Eine Untersuchung zeigte, dass die Entsorgungsbetriebe unter Pauli eine «Parallelwelt mit eigenen Regeln» waren, mit teuren Dienstwagen, schwarzen Kassen voller Bargeld und falschen Verbuchungen, mit denen er Kostenüberschreitungen bei Projekten kaschierte.
Das Gebiet eines ehemaligen Klärbeckens wurde vom ERZ unter Paulis Anleitung umfunktioniert. Unter anderem wurde etwa ein Oldtimer-Museum für historische Kehrichtwagen gebaut. Das sah so aus:
Doch damit nicht genug: Das Klärbecken wurde saniert und eine Wohlfühloase für die ERZ-Mitarbeiter geschaffen. Liegestühle und Freiluft-Sitzungszimmer inklusive.
Doch es kommt noch mehr: Pauli liess auf dem Gelände des stillgelegten Klärwerks in Opfikon ein Gehege für Vögel bauen. Darin wurden Emus angesiedelt.
Im Jahr 2017 wurde Pauli vom Stadtrat fristlos entlassen. Eine Stelle fand er danach nicht mehr.
Möglich wurde diese «Parallelwelt mit eigenen Regeln» vor allem deshalb, weil er das volle Vertrauen des Stadtrats genoss. Über längere Zeit drückten mehrere Politikerinnen und Politiker beide Augen zu, weil Pauli die einst defizitären Abteilungen finanziell sanierte und Projekte rasch über die Bühne brachte.
Das Nachsehen hatten die Stadtzürcher Einwohnerinnen und Einwohner, die über Jahre zu hohe Wasser- und Kehrichtgebühren zahlten. Die Stadt korrigierte die Gebühren nach Paulis Abgang wieder nach unten.
Nein, juristisch ist die ERZ-Affäre auch nach der Verurteilung Paulis noch nicht zu Ende. Weiterhin pendent ist ein Verfahren gegen einen ehemaligen ERZ-Projektleiter und einen privaten Unternehmer wegen passiver beziehungsweise aktiver Bestechung.
Ein ehemaliges ERZ-Geschäftsleitungsmitglied sowie zwei weitere Kadermitarbeiter wurden bereits Mitte 2020 und im April 2023 per Strafbefehl verurteilt, wegen mehrfacher Urkundenfälschung respektive ungetreuer Geschäftsbesorgung. Mehrere weitere Verfahren wurden jedoch eingestellt, so auch jenes gegen Paulis Vorgänger.
Noch hängig ist zudem der Rechtsstreit, bei dem die Stadt Zürich das Geld für die illegalen Dienstwagen zurückfordert.
(jaw/sda)