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Schwingen ist in der Schweiz längst keine Randsportart mehr, sondern wird immer beliebter. Zu Tausenden pilgern die Fans Jahr für Jahr an die regionalen und kantonalen Schwingfeste oder auf den Brünig, die Schwägalp, den Stoos oder zum Schwarzsee an die Bergfeste.
So richtig im Rampenlicht steht der Schwingsport aber dennoch nur alle drei Jahre – wenn das Eidgenössische ansteht und der «Schwingerkönig» gekrönt wird. Längst ist das ESAF ausverkauft. Neun Stunden pro Tag überträgt das SRF am Wochenende live aus Estavayer-le-Lac und in so manchem kleineren oder grösseren Dorf werden dafür Public Viewings organisiert.
Damit auch du weisst, worum es genau geht und wie das zweitägige Volksfest abläuft, nehmen wir dich hier mit auf einen kleinen Crashkurs. Also los!
Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest findet nur alle drei Jahre statt, am Wochenende (27./28. August) in Estavayer-le-Lac FR. Organisiert wird das Eidgenössische jeweils von einem der fünf Schweizer Teilverbänden:
In diesem Jahr ist zum achten Mal der Südwestschweizer Schwingerverband an der Reihe. Auf dem Militärflugplatz in Payerne wurde ein temporäres Stadion (Broye-Arena) für 50'000 Zuschauer aus dem Boden gestampft. 250'000 Zuschauer werden erwartet, die den 275 Schwingern bei der Königsausmarchung zusehen werden.
Ein Kampf beim Schwingen wird «Gang» genannt und dauert beim Eidgenössischen normalerweise 5 Minuten. Gekämpft wird auf einer kreisförmigen, 7 bis 14 Meter durchmessenden, mit 23 Kubikmetern Sägemehl gepolsterten Fläche. Die zwei Gegner tragen über ihren Kleidern eine kurze, aus Zwilch gearbeitete Hose.
Die beiden Kontrahenten geben sich zuerst die Hand und greifen sich dann an die sogenannte Schwingerhose («Grifffassen»). und versuchen den Gegner durch das Anbringen von «Schwüngen» auf den Rücken zu zwingen. Der Sieg ist gültig, falls der überlegene Schwinger den Unterlegenen mit mindestens einer Hand an der Schwinghose festhält und der Unterlegene den Boden mit beiden Schulterblättern oder mindestens zwei Dritteln des Rückens berührt. Gibt's bis zum Ablauf der Gangdauer keinen Sieger, wird der Gang als «gestellt» und somit unentschieden bewertet.
Gewichtsklassen gibt es keine. Nicht erlaubt sind Halsgriffe, Kopfstösse oder der Druckaufbau durch Hebelwirkung gegen Gelenke. Bei Unterbrüchen wird die Zeit angehalten.
Nach der Entscheidung wischt der Sieger dem Verlierer als Ausdruck der Fairness das Sägemehl vom Rücken. Das Duell wird mit einem abschliessenden Händedruck abgeschlossen.
Der Sieger wird von einem Platzkampfrichter im Sägemehl und zwei Kampfrichtern am Tisch geleitet und anschliessend bewertet. Pro Gang werden dem Sieger und dem Verlierer Noten verteilt. Dabei wird die Notenskala 8,25 bis 10,00 verwendet. Der Schwinger mit der höchsten Gesamtpunktzahl nach acht Gängen wird am Ende Schwingerkönig (siehe Wettkampfverlauf).
Für diverse Vergehen wie Passivität, absichtliche Verzögerungen oder gefährliche Griffe kann der Kampfrichter dem Schwinger eine Viertelnote abziehen. Erst wird allerdings eine Ermahnung ausgesprochen, dann eine Verwarnung, erst danach kommt es zum Notenabzug.
Vor einem Schwingfest ist kein Spielplan erhältlich, wie dies beispielsweise bei einem Tennisturnier der Fall ist. Es gibt also keine Auslosung, stattdessen bestimmt das Kampfgericht die Einteilung der insgesamt acht Gänge.
Vor dem Wettkampf wird allerdings nur der erste Gang eingeteilt. Die Einteilung erfolgt nach der Qualifikation der Athleten, oft lässt man dabei die aktuell stärksten Schwinger gegeneinander antreten. Danach erfolgt die Einteilung der Gänge anhand der bereits erhaltenen Punktzahl.
Schwinger aus den gleichen Teilverbänden sowie Schwinger aus den gleichen Klubs werden zunächst nicht gegeneinander eingeteilt. Gegen Ende des Schwingfests kann es dann aber durchaus dazu kommen.
Nach dem ersten Tag und den ersten vier Gängen scheiden die schlechtesten 10 bis 15 Prozent der Schwinger aus, nach sechs Gängen weitere 15 Prozent. In den Gängen 7 und 8 geht es um den Kranzausstich. Die besten 15 bis 16 Prozent aller Schwinger erhalten als Preis einen Eidgenössichen Kranz. Fortan dürfen sie sich «Eidgenossen» nennen.
Um den Königstitel kämpfen im Schlussgang die beiden Schwinger mit der höchsten Punktzahl nach sieben Gängen. Da aber auch die restlichen Schwinger den achten Gang absolvieren, kann es vorkommen, dass am Schluss keiner der beiden Schlussgang-Schwinger, sondern ein dritter Schwinger König wird.
Samstag, 27. August:
Sonntag, 28. August:
Am Eidgenössischen messen sich nicht nur die Schwinger, sondern auch die Hornusser und Steinstösser küren ihre Sieger.
Um den Gegner zu bezwingen, gibt es über 300 Variationen von Griffen und Schwüngen. Hier die gebräuchlichsten.
Der Kurzzug ist der am meisten angewandte Schwung. Man macht Körperfinte nach links, um anschliessend mit dem linken Bein zwischen die Beine des Gegners zu gelangen. Mit festem Griff folgt eine Drehung nach rechts. Spezialist: Matthias Glarner.
Das eigene Bein geht sprungartig hinter das diagonal liegende Bein des Gegners. Danach wird der Oberarm fixiert und mit wuchtigem Druck nach vorne vervollständigt. Bei korrekter Ausführung ist dieser Schwung ein Garant für Maximalnoten. Spezialisten: Matthias Sempach, Matthias Siegenthaler.
Der Brienzer ist eine der effektivsten Waffen für Schwinger mit körperlichem Nachteil. Der Angreifer fasst Griff über die Schulter am Gurt des Gegners. Er hängt mit dem Bein beim Gegner ein, packt mit der anderen Hand dessen Oberarm. Er hebt das Bein an und leert nach vorne rund ab.
Mit einer ruckartigen Bewegung des eigenen Gesässes nach links wird der Gegner über das eigene Hinterteil auf den Rücken gedreht. Wichtig zur Fixierung bei diesem Schwung ist der Griff mit der linken Hand an den rechten Oberarm des Gegners. Spezialist: Kilian Wenger.
Der Bur ist der am häufigsten angewandte Schwung im Bodenkampf. Mit dem linken Bein wird das Knie des Gegners fixiert. Anschliessend wird mit der rechten Hand im Spalt bis zum Gurt an der Schwingerhose gegriffen, wodurch die Bewegungsfähigkeit des Gegner eingeschränkt wird. Danach wird der Gegner mit Hilfe der rechten Hand, verbunden mit einer Drehbewegung, am Boden überdrückt.
Der Angreifer hakt entweder mit seinem linken Bein am rechten des Gegners oder umgekehrt ein. Mit gleichzeitigem Vorwärtsdruck aus dem Oberkörper wird der Gegner rücklings aus dem Gleichgewicht gebracht und auf den Boden gedrückt. Spezialisten: Arnold Forrer, Christian Stucki.
Der Angreifer attackiert den Gegner mit einem Gammen, klemmt dann das gegnerische Bein mit den eigenen Beinen ein und hakt nachher übers Kreuz mit dem anderen Bein ein. Dadurch ist der Gegner in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und kann sich kaum mehr ausdrehen. Spezialist: Martin Grab.
Schwinger erhalten keine Preisgelder, sondern können sich am Gabentisch bedienen. Traditionellerweise gibt’s dort Treicheln oder Bauernmöbel. Mittlerweile gehören aber auch Laptops oder iPhones zur Auswahl.
» Hier geht's zum Gabentisch 2016
Auf den Sieger wartet traditionsgemäss ein prächtiger Stier als Lebendpreis. Diesmal «Mazot de Cremo». Meist behält der König ihn allerdings nicht, sondern verkauft ihn weiter. Fast wichtiger als der «Siegermuni» ist in den letzten Jahren ohnehin eine andere Belohnung geworden: Die lukrativen Werbeverträge, die auf den Schwingerkönig warten.